Klima

Kirchen gehen mit der Sonne in die Offensive

Die Bewahrung der Schöpfung im Herzen, die Sonne auf dem Dach: In Schnürpflingen haben KSE-Projektmanager Dr. Klaus Bing (von rechts), Diözesanbaumeister Dr. Thomas Schwieren und Karl Völk, gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats, eine der ersten Anlagen der Photovoltaik- (PV-) Offensive in der Diözese Rottenburg-Stuttgart inspiziert. Foto: drs/Jerabek

Über 1700 neue Photovoltaik-Anlagen sollen in zehn Jahren auf Kirchen und Kindergärten arbeiten. Ein Pilotprojekt der PV-Offensive ist Schnürpflingen.

Es ist (nur) ein Steinchen in dem bunten Maßnahmen-Mosaik zum Klimaschutz, und doch ist es „der Beginn von etwas ganz Großem“, wie Diözesanbaumeister Dr. Thomas Schwieren mit Blick auf die angestrebte Netto-Treibhausgasneutralität der Diözese Rottenburg-Stuttgart 2040 sagt: Die erste Photovoltaik-Anlage aus der groß angelegten „PV-Offensive“ ist montiert und wartet auf die Endabnahme, damit sie Anfang kommenden Jahres in Betrieb gehen kann. Bei einem Ortstermin haben Vertreter des Bischöflichen Bauamts, des kircheneigenen Energiedienstleisters KSE sowie der Kirchengemeinde Mariä Unbefleckte Empfängnis in Schnürpflingen die Anlage auf dem Dach des stattlichen Gotteshauses in der Seelsorgeeinheit Iller-Weihung vor den Toren Ulms inspiziert und letzte technische Details besprochen.

Die Nennleistung der Anlage beläuft sich auf 33,6 kWp (kiloWatt peak), der jährliche Solarertrag soll 37.000 kWh betragen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Jahresstromverbrauch von vier Personen im Einfamilienhaus liegt laut Stromspiegel-Statistik bei 4000 kWh. Der gewonnene Strom wird voll in das Netz eingespeist, denn bei Kirchen lohnt sich das Eigenverbrauchsmodell aufgrund der geringen Eigenverbrauchsquote nicht, so Schwieren.

Wichtige Kooperation für die Energiewende

Schnürpflingen ist eines der Pilot-Projekte in der PV-Offensive, die die Diözese zusammen mit der Erzdiözese Freiburg und den beiden Evangelischen Landeskirchen in Baden und in Württemberg mithilfe der KSE Energie gestartet hat. Das von den vier großen christlichen Kirchen Baden-Württembergs gegründete Energieversorgungsunternehmen unterstützt Gemeinden und kirchliche Einrichtungen bei den Herausforderungen der Energiewende. Strategie und Umsetzung unterscheiden sich in den beteiligten Kirchen, das übergeordnete Ziel der Bewahrung der Schöpfung Gottes verbindet sie.

Der Diözesanrat hat Ende November das Klimaschutzkonzept 2040 beschlossen. Demnach soll die Diözese Rottenburg-Stuttgart bis dahin treibhausgas-neutral sein. „Wir wissen, das schaffen wir nur mit einer Wärmewende und strombasierten Heizungsanlagen“, erklärt der Diözesanbaumeister. „Dafür brauchen wir viel mehr Strom und der muss aus ökologischen Ressourcen geschaffen werden – deswegen die PV-Offensive.“ Den Beitrag dieser Offensive zur Klimaneutralität beziffert Schwieren auf 12 bis 15 Prozent. Ziel sei es, in den nächsten zehn, zwölf Jahren mehr als 1700 Anlagen mit der KSE zu bauen. „Wir sehen mit der eigenen Tochter KSE ein riesiges Potenzial, das zu machen.“

Unterstützung für die Kirchengemeinden

Weil Kirchengemeinden mit Steuerrecht und Anlagentechnik oft überfordert wären, bietet die KSE bei der Umsetzung der PV-Offensive ein „Rundum-Sorglos-Paket“: Die KSE plant, installiert und betreibt die Anlage, die Kirchengemeinde erhält einen kleinen Pachtobolus pro kW peak, der freilich eher symbolischer Natur ist. „Es geht um das Prinzip, dass wir als Kirche dazu beitragen, dass wir so schnell wie möglich von der Kohle wegkommen und Ökostrom produzieren und guten Gewissens mit E-Autos fahren können“, sagt der Diözesanbaumeister.

Rund 200 dieser Anlagen sind für eine erste Runde schon beschlossen und in der Finanzierung gesichert. Bei den betroffenen Gebäuden handelt es sich in etwa je zur Hälfte um Kirchen und um Kindergärten. 14 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.

Anlage wird hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht

Hm, eine PV-Anlage auf dem Kirchendach…? „Es gab schon auch Bedenken, wie das dann nachher so aussieht“, räumt Karl Völk, gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats in Schnürpflingen, ein. „Aber wir sind zu einer einhelligen Entscheidung gekommen.“ Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Bei der Auswahl der Module habe man großen Wert darauf gelegt, dass die Anlage hohen ästhetischen Ansprüchen genügt, betont Dr. Klaus Bing, Projektmanager Energiedienstleistungen bei der KSE Energie. Die mattschwarzen Module harmonieren gut mit der schwarzen Haube des Kirchturms, der unter Denkmalschutz steht. Damit die PV-Anlage nicht durch Tauben beeinträchtigt wird, wurde ein ästhetischer und effektiver Taubenschutz montiert, erklärt Bing.

Denkmal- und Klimaschutz gehen Hand in Hand

In der Vergangenheit haben Auflagen des Denkmalschutzes bei vielen Kirchen verhindert, dass Photovoltaik installiert werden konnte. Dank neuer Leitlinien für die Genehmigungsbehörden können in Baden-Württemberg denkmalfachliche Belange unter bestimmten Bedingungen zurückgestellt und Verfahren beschleunigt werden. „Denkmal- und Klimaschutz gehen Hand in Hand“, freut sich Schwieren.

Speziell historische Kirchen, die in der Regel „geostet“ sind und deshalb eine Dachhälfte in Süd-Ausrichtung haben, sowie Kindergärten, die einen hohen Eigenverbrauch haben, zählt Projektmanager Bing zu den idealen Gebäuden, auf denen große Anlagen mit 30 oder mehr kW peak möglich sind.

Gutes Zusammenspiel

Bei der PV-Offensive in der Diözese sollen anstehende Dachsanierungen dazu genutzt werden, Kirchendächer mit PV-Anlagen auszustatten. In Schnürpflingen konnte man das zu diesem Zweck aufgestellte Baugerüst bei der Installierung der Solar-Module nutzen und damit Kosten sparen. Neben einer kurzen Planungs- und Bauzeit freut sich Bing auch über das gute Zusammenspiel der beteiligten Akteure – Kirchengemeinde, Bischöfliches Bauamt, Architekt, Dachdecker, Solarfirma und KSE. Schon bald soll an vielen weiteren Orten die Sonne nicht nur zur Ehre Gottes scheinen, sondern kräftig beim Klimaschutz helfen.

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