Klinikseelsorge

In stürmischen Zeiten eine Begleiterin im Lebensschiff

Hand in Hand für die beste Versorgung der Patienten und ihrer Angehörigen: Nach 18 Jahren Dienst in der Ulmer Kinderklinik wurde Klinikseelsorgerin Rachel Rau (im rot-weißen Kleid) von Kolleginnen und Kollegen, der Klinikleitung, Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften und Weggefährten in den Ruhestand verabschiedet. Foto: drs/Jerabek

Als Anker im Seelensturm und Begleiterin auf dem Lebensschiff ist Klinikseelsorgerin Rachel Rau gewürdigt worden. Jetzt geht sie in den Ruhestand.

„Du warst die Begleiterin in stürmischen Zeiten“, sage Pfarrer Andreas Meyer, Leiter der katholischen Klinikseelsorge an den Ulmer Unikliniken, mit Bezug auf die liturgischen Texte der Verabschiedungsfeier. Rachel Rau, 18 Jahre lang Klinikseelsorgerin im Bereich Kinder- und Jugendmedizin, hatte die Bibelstelle von der Sturmstillung im Markus-Evangelium ausgewählt, „weil sie für mich ein Bild umreißt von Seelsorge in schwierigen Zeiten“. Viele Weggefährtinnen und -gefährten sowie medizinisches Personal nahmen an der Feierstunde im Foyer der Kinderklinik auf dem Michelsberg teil.

Prof. Klaus-​Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder-​ und Jugendmedizin, unterstrich die Bedeutung der Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen, die da besonders groß sei, wo Freude und Leid oft so nah beieinander liegen. Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger schöpften Kraft und Energie aus ihrer Arbeit in der High-end-Medizin, die immer wieder Grenzen des Möglichen überschreite, die aber auch besondere Herausforderungen in der Kommunikation und in der Begleitung der Patienten und ihrer Bezugspersonen – Menschen in einer schwierigen Lebensphase – mit sich bringe.

Eine Kultur der Unterstützung von Familien geprägt

In einer extrem stressigen Situation, in der es auch zu Konflikten in Beziehungen und in der Ehe kommen könne, sei es essenziell wichtig, eine Begleitung zu haben. Ärzte könnten dieser Aufgabe allein nicht gerecht werden; die Seelsorge leiste hier einen wichtigen Dienst. Rachel Rau habe ihre Aufgabe mit Herzblut und einem festen Glauben erfüllt. Es gelte dafür zu sorgen, dass „das, was Sie hier gelebt haben, weitergeht“, betonte Debatin.

Nach den Worten von Prof. Harald Ehrhardt, Leiter der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, hat Rachel Rau mit dem Team seiner Sektion eine ganz wichtige Kultur der Unterstützung von Familien gestaltet und geprägt, auch beim Abschied nehmen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sei sie zur Stelle gewesen, habe „Menschen dort abgeholt, wo sie gerade waren“, ergänzte Oberärztin Dr. Ortraud Beringer. Für die Pflegefachkräfte würdigte Pflegedienstleiterin Daniela Kerner die scheidende Seelsorgerin für ihre zurückhaltende und angenehme Präsenz und als neutrale Teampartnerin für die Stationen, die sie eng begleitet habe. Auch Mitarbeitenden sei sie ein fester Anker gewesen.

Raus evangelische Kollegin Christa Leidig hob deren ruhige, besonnene Art und die Fähigkeit zu aufmerksamem Zuhören hervor und dankte für die gute ökumenische Kooperation. Für die Elterninitiativen blickte Mathilde Maier vom Förderkreis für intensivpflegebedürftige Kinder Ulm e.V. auf langjährige gute Zusammenarbeit und lobte die scheidende Seelsorgerin für ihre Beharrlichkeit.

Helfen zu sortieren und zu verstehen

„Jeder steuert sein Lebensschiff“, so griff Rachel Rau das biblische Bild nochmals auf, „jeder Mensch hat einen Lebensplan, eine Route vor Augen, aber das Meer und auch das Leben verlaufen nicht immer ruhig: Ein viel zu früh geborenes Kind, ein krank geborenes Kind, ein Unfall, die Diagnose einer chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheit ist wie eine haushohe Welle, die das Lebensschiff bedroht. Und dann haben wir Angst unterzugehen, zu verlieren, was uns lieb und kostbar ist.“

In so einer Situation könne sie als Seelsorgerin anbieten: „Ich komm rein zu dir in dein bedrohtes Lebensschiff. Ich setze mich mit dir zusammen diesem Lebenssturm aus und dann kann ich helfen zu sortieren und zu verstehen: Was bedeutet das jetzt alles? Was bleibt wichtig, wer oder was kann helfen?“ Auch habe sie immer zu vermitteln versucht, „dass die Hoffnung nicht stirbt, auch nicht zuletzt, wie man so sagt. Nein, ich sage: Die Hoffnung wandelt sich, verändert sich, aber sie bleibt Hoffnung; nämlich die Hoffnung, dass alles irgendwie und irgendwann doch gut wird“, sagte Rau.

Dank „fürs Anfordern, Einbeziehen und Wertschätzen“

Klinikseelsorge unterstütze Eltern darin, dass sie handlungsfähig bleiben, zum Beispiel der Liebe zum kranken Kind Ausdrucksformen zu geben – „durch ein gemeinsames Lied, einen gemeinsamen Segen oder eine gestaltete Kerze, eine Geschichte, eine Segensfeier oder auch durch die Feier der Taufe. Wenn wir segnen, sagen wir: Nichts ist umsonst, nichts geht verloren, die Liebe bleibt.“ Glücklich gemacht habe sie, wenn sie als Seelsorgerin „etwas beitragen konnte, dass Menschen einen guten Weg durch ihre Krise gefunden haben. Ich glaube, dass da so etwas wie eine göttliche Kraft mit im Lebensboot war“, auch wenn dieser Gott oftmals fremd, verborgen und unverständlich sei, so Rau.

In ihre Dankesworte schloss Rachel Rau die vielen Familien mit ein, die ihr als Seelsorgerin das Vertrauen geschenkt und sie „in ihr Lebensboot geholt haben“; aber auch die Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte „fürs Anfordern, Einbeziehen und Wertschätzen“, die Klinikleitung für die Möglichkeit und Freiheit, seelsorgerlich zu arbeiten, und alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinderklinik sowie die, die sich ehrenamtlich engagieren.

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