Schafe, Schäferhunde, Dudelsäcke, Esel, Rinder aber auch Hirten sind im Gazi-Stadion zu hören. Denn etwa 6.300 Menschen haben sich zum 5. Stuttgarter Weihnachtssingen versammelt und probieren verschiedenen Stimmen aus. Neben strahlenden Kindern stehen und sitzen Erwachsene jeden Alters und auch der ein oder andere tanzende Rollstuhlfahrer ist zu sehen.
Zum Warmwerden singt die noch zurückhaltende Schaar „Lasst uns froh und munter sein“ auf die Silbe „schlapp“. Doch das „schlappe“ Publikum wird schnell immer munterer. Spätestens als das ganze Stadion eine Choreographie zu „Feliz Navidad“ zum Besten gibt, sind alle aufgetaut.
Für winterliche Schnee-Stimmung sorgt dabei eine riesige Diskokugel, die mit einem Krahn ins Stadion geschwenkt wird. Aber auch der Weihnachtsbaum in der Mitte ist ein Blickfänger mit seinen immer wieder wechselnden Farben. Nur, wer nicht ganz so textsicher ist, schaut vom bunten Treiben weg und auf die Leinwand mit den Liedtexten.
Dabei ermuntert Moderator und „Stadion-Chorleiter“ Patrick Bopp auch den Schüchternsten zum Mitsingen. So tönt es beispielsweise aus den Lautsprechern: „Es ist kein Problem, wenn ihr in eine andere Stimme rutscht, die brauchen wir auch!“ Aber auch wer fürchtet, ganz falsch zu singen, braucht sich keine Sorgen zu machen: „Wenn ihr was anderes singt, das wird auch gerne genommen“, so Bopp.
Zwischendrin kommen sogar die Live-Stream-Zuschauer zu Wort. Dabei gibt es Kommentare aus aller Welt - selbst Peking und Kurdistan sind vertreten.
Am Ende des zwei Mal 45-minütigem Spektakels – ganz wie in einem Fußballstadion üblich – steht die ergriffene Menge auf und schaut gebannt auf die Anzeigentafel. Mit Kerzen in der Hand singt sie sich gegenseitig einen Segen zu.
Das Stadion wieder zu verlassen, scheint für viele Familien das schwierigste zu sein. Denn überall hört man Kinderstimmen, die mit aller Gewalt versuchen noch da zu bleiben. Ein einsichtiges Kind fragt seine Eltern im Rausgehen dennoch: „Können wir das jetzt jeden Tag machen?“