Kompetent abwägen, verbindlich entscheiden

Diözese feiert 50-jähriges Bestehen ihrer Kirchengemeindeordnung

Ein bundesweit einzigartiges Modell von Gemeindeleitung wird 50 Jahre alt: 1968 setzte Bischof Carl Joseph Leiprecht das vom Zweiten Vatikanischen Konzil inspirierte „Rottenburger Modell“ in Kraft. Die Kirchengemeindeordnung (KGO) der württembergischen Diözese zeichnet sich aus durch ein hohes Maß demokratischer Beteiligung. Den Gremien wird im Konsens mit dem Pfarrer verbindliche Beratungs- und Entscheidungskompetenz zugewiesen. Die Räte sind damit verantwortlich in Fragen von Verwaltung, Finanzen und Pastoral. Zum Jubiläum richtet die Diözese Rottenburg-Stuttgart am Donnerstag und Freitag einen Kongress aus unter dem Leitwort „Lass auch andere Verantwortung tragen“, an dem Alt-Bundespräsident Christian Wulff teilnimmt. Er spricht über „Teilhabe in Zeiten rasanter gesellschaftlicher Veränderungen“. 
Weihbischof Matthäus Karrer erinnerte am Mittwoch vor Journalisten an eine Umfrage der Diözesanleitung unter Kirchengemeinderäten (KGR), die positive Resultate erbrachte. Besonders die Verantwortung in allen Fragen der Gemeinden – Karrer sprach von einer „Allzuständigkeit“ – werde als motivierend empfunden. Der Weihbischof, der die Hauptabteilung Pastorale Konzeption im Bischöflichen Ordinariat leitet, formulierte als Herausforderung, noch stärker Fragen der Pastoral zu bearbeiten. Vielfach kämen sie zu kurz, weil Bau- oder Finanzthemen zu viel Kraft und Zeit in Anspruch nähmen. Als Erfolg des Rottenburger Modells bezeichnete Karrer, dass alle fünf Jahre rund 20.000 Frauen und Männer für das Amt des Kirchengemeinderats kandidierten. 
Der Weihbischof verwies auf ein Papier der Deutschen Bischofskonferenz „Gemeinsam Kirche sein“, das auf dem Boden des Zweiten Vatikanischen Konzils Partizipation zum Grundmodell der Kirche erkläre. Danach seien die Gläubigen „nicht mehr einfach Mitarbeiter des Klerus, sondern mitverantwortlich für Sein und Handeln der Kirche“. Die demokratische Teilhabe der Gläubigen an der Gemeindeleitung sei in der KGO der Diözese Rottenburg-Stuttgart grundsätzlich gelungen, betonte Karrer. Allerdings sei Partizipation noch weiter einzuholen. 
Als Erfolgsmodell bestätigte die Stuttgarter Kirchengemeinderätin Brigitte Graf-Isengard die KGO von Rottenburg-Stuttgart. Diese Ordnung erlaube ein kollegiales Miteinander in den Ratsgremien in Abstimmung mit dem jeweiligen Pfarrer. Graf-Isengard, die seit 1999 Kirchengemeinderätin und seit 2015 als Zweite Vorsitzende die Sitzungen des Gremiums leitet, versicherte, es habe während ihrer Amtszeit keinen Beschluss gegeben, der nicht einvernehmlich zustande gekommen wäre. 
Die KGR-Vorsitzende räumte ein, dass es in größeren Gemeinden leichter sei, ausreichend Kandidaten für das Gremium zu finden als in kleineren. Auch sei die Situation mit Blick darauf in der Regel in Städten besser zu bewältigen als in ländlichen Gebieten. Eingeschränkt werde der Handlungsrahmen der Räte weniger durch mangelnde Kompetenzen, so Graf-Isengard, sondern „beispielsweise wenn die Zahl der Gottesdienste und damit das Feiern des Glaubens begrenzt werden muss, weil Priester fehlen“.

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