Diese besondere Bewährungsaufsicht wird Klerikern auferlegt, die Grenzverletzungen und sexuelle Übergriffe sowie Missbrauch begangen haben. Sie ist eine Ordnung der Diözese und kann parallel zu möglichen strafrechtlichen Maßnahmen laufen. Domkapitular Holger Winterholer, der Leiter der Hauptabteilung Pastorales Personal in der DRS, berichtet im Interview, wie genau die Auflagen überwacht werden, wie Täter bislang kontrolliert wurden und warum die Ordnung ein wichtiger Bestandteil der Prävention sexuellen Missbrauchs ist.
Herr Domkapitular Winterholer, wen genau betrifft die neue Ordnung?
Die „Ordnung über die Begleitung und Führung von Klerikern in der DRS, welche unter besonderer Bewährungsaufsicht stehen“, um sie einmal mit dem ganzen Titel zu nennen, betrifft alle nach dem Kirchenrecht verurteilten Täter sexuellen Missbrauchs, die Kleriker sind – also Priester und Diakone. Sie ist eine kirchenrechtliche Ordnung, die für die verurteilten Kleriker gilt – wie beispielsweise auch unsere Interventionsordnung.
Wie genau werden künftig diese Täter begleitet?
Künftig erhalten alle Täter eine Bewährungsbegleitung. Mit dieser treffen sie sich mindestens viermal im Jahr. Dabei wird geprüft, ob die Täter ihre Auflagen einhalten. Diese sind im so genannten Strafdekret des Bischofs für den Täter festgelegt. Dazu zählen beispielsweise Geldbußen, Gespräche mit Psychologen, der Besuch einer Therapie oder Supervision, um das eigene Verhalten zu reflektieren, oder auch ein Wechsel in eine andere Stelle, wenn das überhaupt möglich ist. Das Konzept ist ähnlich einem Bewährungshelfer aus dem Strafrecht, mit dem sich Täter regelmäßig treffen.
Die vier Treffen im Jahr sind dabei das Mindestmaß. Natürlich geht es auch um die Lebensgestaltung des Täters, um Instrumente, wie deren Eigenverantwortung gefördert und sie ihre Kompetenzen und Ressourcen so nutzen können, dass sie ihr Leben meistern. Wichtig ist: Die Verantwortung bleibt beim Täter.
Wer übernimmt die Aufgabe der Begleitung und Führung betroffener Kleriker und wie qualifizieren sich Bewährungsbegleiter:innen?
Die Bewährungsbegleiter:innen sind nicht bei der Diözese angestellt, sondern wir haben dafür Fachkräfte außerhalb des kirchlichen Arbeitgeberbereichs. Sie sind Sozialpädagogen oder Psychologen oder im Beratungsbereich tätig. Momentan laufen dazu entsprechende Gespräche.
Natürlich bekommen die Bewährungsbegleiter:innen eine Aufwandsentschädigung von der Diözese, aber sie sind eben weder bei uns noch bei der Caritas angestellt, sondern von der Kirche unabhängig. Zudem bieten wir ihnen Supervision und begleitende Fortbildungsmodule an.
Die neue Ordnung gilt ab 1. April 2023. Wie wurden Täter in der Diözese bislang begleitet und überwacht?
Bisher wurden die Täter sehr individuell begleitet. Das heißt: Es wurde jedes Mal separat geschaut, was der Täter benötigt. Verbindlich waren Gespräche mit dem Hauptabteilungsleiter Pastorales Personal. Die bisherig verurteilten Kleriker werden auch eine Bewährungsbegleitung erhalten. Das betrifft momentan 12 Täter aus dem Kreis der Kleriker.
Ab dem 1. April haben wir einen für alle Täter verbindlichen Standard, wie sie begleitet werden und wie die Einhaltung ihrer Auflagen und die Lebensführung kontrolliert wird. Wir sind unter den ersten Diözesen in Deutschland, die eine solche Ordnung auf den Weg bringen.
Die neue Ordnung reiht sich in die Präventionsmaßnahmen der DRS ein. Wie genau kann eine gute Begleitung von Tätern künftigen Übergriffen und Missbrauchsfällen vorbeugen?
Für uns ist es wichtig, den Opfern zu zeigen: Es reicht uns nicht, die Täter zu verurteilen und damit ist das Thema durch. Vielmehr begleiten wir die Täter, kontrollieren, dass sie die Auflagen einhalten, und versuchen damit, den Opfern die Sicherheit zu vermitteln, dass wir auch über die Strafe hinaus tätig sind.
Und auch für die Täter gewährleistet die Begleitung, dass sie ihre Straftat bearbeiten. Schließlich unterstützen die Bewährungsbegleiter:innen, dass die Täter ihre Tat reflektieren, Selbsterkenntnis erlangen und damit einhergehend ein Unrechtsbewusstsein. Zudem übernehmen sie so die Verantwortung für ihre Tat.