„An keine Stelle bin ich freiwillig gekommen.“ Wenn Werner Redies lapidar anmerkt, dass er in seinem Berufsleben praktisch immer gerufen oder versetzt wurde, klingt das überraschend – und atmet zugleich eine innere Gewissheit, dass Gott einen Plan hat. Auch als Gerufener hat er – darin sind sich Weggefährten einig – seine Aufgaben stets als Berufung verstanden und ausgefüllt.
Werner Redies stammt aus Stuttgart, wo er am 10. August 1935 in einer konfessionsverbindenden Familie geboren wurde: Seine Mutter, die er als Elfjähriger verlor, war katholisch, der Vater evangelisch. „Mein Vater hatte den Spruch: ‚Das kann nur der Herr Pfarrer und ich‘“, so erinnert sich der Jubilar schmunzelnd daran, dass der Pfarrer-Beruf ein hohes Ansehen genoss. Stark geprägt hat Redies außer dem Elternhaus der Bund Neudeutschland. Dieser Verband der katholischen Jugendbewegung mit jesuitischer Prägung, der heute unter dem Namen „ND – Christsein.heute“ firmiert, entstand kurz nach dem Ersten Weltkrieg und richtete sich vor allem an katholische Schüler an Gymnasien, die an einem neuen, besseren, christlichen Deutschland mitwirken wollten.
Besonders erinnert sich Redies, der sich beruflich zunächst eher ins Kaufmännische orientierte, an Pater Georg Kastner, prägende Gestalt der Jesuiten in Ravensburg nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1950er- und 60er-Jahren. Der Orden engagierte sich vor allem in der Jugendarbeit, kümmerte sich um den Religionsunterricht nicht nur am Gymnasium, sondern auch an den höheren, beruflichen Schulen und war in verschiedenen Bereichen der Seelsorge tätig. Die Klarheit im Denken, die hohe Bildung und das Fordernde – klassische Attribute von Angehörigen der Societas Jesu – haben Werner Redies fasziniert und geformt.
Nach dem Studium der Theologie (1957–1963) in Tübingen und dem Eintritt ins Priesterseminar Rottenburg 1963 empfing er 1964 in Stuttgart-Bad Cannstatt die Priesterweihe. Die Vikarszeit absolvierte er in Warthausen und Geislingen/Steige.
Stationen mit pädagogischer Leitungsverantwortung
1967 wurde Redies zum Rektor des Studienheims Regina Pacis in Leutkirch berufen, wo er auch eine Ausbildung als Heim- und Jugenderzieher absolvierte. Von 1975 an wirkte er als Konviktsdirektor am Bischöflichen Gymnasialkonvikt Borromäum in Ellwangen, 1982 wurde er zum Direktor am Bischöflichen Gymnasialkonvikt und am Studienheim St. Josef in Ehingen (Donau) und zum Leiter der dortigen Außenstelle der Diözesanstelle „Berufe der Kirche“ bestellt. 1983 kam die Leitung des theologischen Vorseminars Ambrosianum in Ehingen dazu.
Quasi folgerichtig übernahm Redies die Zuständigkeit für die Konvikte und Studienheime sowie die kirchliche Jugendarbeit (und außerdem die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit), als Bischof Dr. Georg Moser ihn ins Domkapitel berief. Papst Johannes Paul II. verlieh Redies 1986 den Ehrentitel „Monsignore“ und 1993 „Prälat“.
Im September 1993 ernannte ihn Bischof Dr. Walter Kasper zum Generalvikar, ein Amt, in dem ihn Bischof Dr. Gebhard Fürst im Jahr 2000 bestätigte und das Prälat Redies bis Ende 2004 bekleidete. „Leitung können und Leitung delegieren“ ist ihm als Leiter der Diözesanverwaltung genauso zur Maxime geworden wie die Wertschätzung und das wache Gespür für die Menschen, mit denen er zusammenarbeitete. Sinnvolle Strukturen seien notwendig, Personen aber nach christlichem Verständnis immer wichtiger als Strukturen. Zu den großen erfolgreichen Projekten seiner Amtszeit gehört die Ertüchtigung der diözesanen Tagungshäuser und – bundesweit vorbildlich – ihre Organisation in einem wirtschaftlich erfolgreichen Eigenbetrieb.
Die Welt braucht mehr Martinus
Als Ausgleich zur starken beruflichen Beanspruchung pflegte Prälat Redies viermal pro Woche morgens um halb sechs zum Schwimmen oder zum Laufen zu gehen. Gelaufen oder vielmehr gepilgert ist er auch später, als er von 2014 an in drei Jahren, jeweils in Etappen von mehreren Wochen, insgesamt 2500 Kilometer auf dem europäischen Martinsweg zwischen dem ungarischen Geburtsort Szombathely und dem Ort der Grablege des heiligen Martin im französischen Tours zurücklegte und als „Pionier“ eine neue Mittelroute erkundete. Weil „die Welt mehr Martinus braucht“, wollte er durch das Pilgern die Botschaft des heiligen Martin sichtbar machen: „den Christusweg des Dienens zu gehen, auf die Menschen zugehend, missionarisch, ohne Angst, weder vor Kaisern noch vor Räubern, und um den Frieden besorgt“.
Von 2005 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2010 übernahm Redies den Aufbau des Fundraising und des Stiftungswesens der Diözese als Sonderauftrag und wirkte als Pfarrvikar in einer Geislinger Kirchengemeinde. Bis heute hilft er als Ruhestandsgeistlicher in Bopfingen und im Seniorenheim in Stimpfach aus und nimmt sich Zeit für Menschen.
„Kraft schöpfe ich aus der Freude am Herrn“, sagt der Jubilar. Das freudige Element im Glauben, der in einer tief empfundenen Geborgenheit in Christus ruht „als Grund unserer Hoffnung“, wie es auch in Redies‘ Primizspruch anklingt, sei im Laufe seines Lebens stärker geworden.