Der "Alfons Auer Ethik-Preis" der Universität Tübingen wurde am Dienstagabend der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Professorin Leela Gandhi verliehen. Der Preis würdigt insbesondere Gandhis innovative Arbeiten zur Postkolonialen Ethik und Politischen Theorie, heißt es in der Mitteilung der Universität Tübingen. Von den Ansätzen Mahatma Gandhis her, dessen Nachfahrin sie ist, entwickele sie eine kreative Ethik, die kritisch und konstruktiv an neuen Formen der Gewaltlosigkeit und an der Überwindung jener Schädigungen und Verletzungen arbeitet, die der Kolonialismus auch in postkolonialen Welten hinterlassen hat.
Will theologische Ethik ihrem Anspruch gerecht werden, alle Menschen zu allen Zeiten einzuschließen, dann kann sie dieser Inklusivität nur gerecht werden, wenn sie die postkoloniale Kritik an ihrem eigenen Kolonialismus hört.
Als ausgezeichnete Denkerin und offene Gesprächspartnerin sind ihre Arbeiten auch für die christlich-theologische Ethik von fundamentaler Bedeutung, so die Begründung der Katholisch-Theologischen Fakultät. Leela Gandhi erarbeite eine Postkoloniale Theorie, deren Herausforderung sich auch die Theologie zu stellen habe: "Will theologische Ethik ihrem Anspruch gerecht werden, alle Menschen zu allen Zeiten einzuschließen, dann kann sie dieser Inklusivität nur gerecht werden, wenn sie die postkoloniale Kritik an ihrem eigenen Kolonialismus hört."
Die Laudatio bei der Preisverleihung im Hörsaal des Theologicums hielt Prof.in Dr. Ulrike E. Auga vom Institut für Missions-, Ökumene- und Religionswissenschaft der Universität Hamburg: "Der Alfons Auer-Ethik-Preis wird Leela Gandhi für ihre Arbeiten zur Postkolonialen Theorie, nicht zuletzt für ihre Kritische Einführung (1998, 2. Ausgabe: 2019, 3. Ausgabe: 2020), sowie für ihre innovativen Beiträge zu einer postkolonialen Politischen Theorie und Ethik, vor allem für die beiden Studien "Affective Communities" (2006) und "The Common Cause" (2014) verliehen.“
Hohe Bedeutung für die theologische Ethik
Die Katholisch-Theologische Fakultät zeichne Leela Gandhi für ihre kritischen, dabei konstruktiven Anfragen an die ethische Theorie und ihre produktiven Beiträge aus, Ethik aus der Praxis des dissidenten, gelegentlich auch religiösen und spirituellen Engagements zu entwickeln. Gewürdigt werde, dass sie das große Versprechen ethischer Theorie, die alle Menschen umfassende Inklusivität, bestätigt und die ethische Theorie um den verstörenden, aber produktive Gedanken der "counter-askesis" und des Imperfektionismus bereichert hat, so die Laudatorin.
"Leela Gandhi erhält den Alfons Auer-Ethik-Preis als Expertin in Postkolonialer Theorie, als kreative Theoretikerin der Politischen Theorie und Ethik sowie als offene Gesprächspartnerin für die christlich-theologische Ethik", heißt es weiter. Mit der Preisverleihung bestätige die Katholisch-Theologische Fakultät die hohe Bedeutung, die die Postkoloniale Theorie auch für die Theologie und insbesondere für die theologische Ethik hat. "Mit der Würdigung einer ausgezeichneten Denkerin der Postkolonialen Theorie sucht sie die Notwendigkeit anzuzeigen, dass sich die theologische Ethik der postkolonialen Kritik zu stellen hat und sich dadurch in die Richtung bringt, ihre ehrwürdigen Ansprüche auf Inklusivität und Universalität zu verwirklichen."