Bronze und Stein waren die zentralen Materialien, mit denen Josef Henger Tabernakel, Taufbrunnen und Osterleuchter, Portale, Altäre und Heiligenfiguren schuf. Viele Kirchenneubauten vor allem der 1970-er Jahre in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und weit darüber hinaus tragen seine Handschrift. Erst jetzt wurde bekannt, dass der in Ravensburg lebende Bildhauer bereits am 2. Juni im Alter von 88 Jahren verstarb.
Typisch waren für Henger filigrane Figuren mit markanten Gesichtern, "die oft tänzerisch daherkommen und sich nicht selten in einem barocken Schau- und Bühnenraum in ekstatischer Verzückung präsentieren", wie es Siegfried Kasseckert in der Schwäbischen Zeitung beschreibt. Aus seiner tiefen Religiosität heraus interpretierte Henger aber auch klassische Darstellungen neu. Bei dem acht Meter hohen Kreuz in der Weingartener Kirche St. Maria löst sich eine Hand Jesu vom Balken. Der Gekreuzigte wendet sich ganz den Menschen zu. Auch das Blut Christi, das in Weingarten besonders verehrt wird, fließt in Bronze gegossen aus seiner Seitenwunde.
Nach einer Steinmetz-Lehre studierte Josef Henger acht Jahre lang an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Professor Josef Henselmann, wie Kasseckert berichtet. 1931 in Empfingen bei Horb geboren lebte der Bildhauer seit 1963 in Ravensburg. Seine meist religiösen Darstellungen finden sich in der näheren Umgebung genauso wie in Herrenberg, Bietigheim-Bissingen und Tübingen oder außerhalb der Diözese in Kaiserslautern, Speyer, Heidelberg und Freiburg. 1983 erhielt Henger den Kulturpreis der Städte Ravensburg und Weingarten. Dass seine Werke bei neueren Renovierungen teilweise wieder weichen mussten, schmerzte den Künstler sehr, wie Siegfried Kasseckert erzählt.