Wie transzendent ist die Kunst? Wie viel Ästhetik bedarf der Glaube? Ist „religiöse Kunst“ überhaupt noch möglich, und wenn ja, wie? Diesen Fragen nähert sich der Dokumentarfilm „Glaube + Kunst“. Bei der Filmpremiere am Freitagabend in Stuttgart stand das Zusammenspiel der beiden Begriffe im Fokus. Nach der Filmvorführung im EM2-Kino diskutierten Bischof Dr. Gebhard Fürst und Regisseur Dominik Wessely über den 45-minütigen Dokumentarfilm. Im Film werden verschiedene Kunstwerke thematisiert, aber auch Künstler:innen in ihren Ateliers besucht und zu ihren Arbeiten und ihrer Motivation, sich in der Kunst mit Fragen des Glauben zu beschäftigen, befragt.
Der Film ist einerseits ein Einzelstück und zu gleich aber auch Teil einer fünf-teiligen Reihe, erklärt Regisseur Wessely. „Die Filme richten zum einen ihren Blick auf das diözesane und kirchliche Leben und sollen zum anderen auch den Blick weiten, um Dinge wahrzunehmen und Menschen neugierig zu machen, die man auf den ersten Blick nicht mit Kirche assoziiert. Wir hoffen, dass wir mit dem Film einen Teil zur Diskussion zu religiöser Kunst beitragen.“
Verletzlichkeit als Überbegriff
Im Film werden unter anderem moderne Kunstinstallationen aus dem 21. Jahrhundert wie beispielsweise der Kunstwettbewerb „Vulnerable - Verletzlich“ und die Modenschau „Fashioning Splendour. Glauben formen“ im Diözesanmuseum gezeigt, aber auch der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald, ein Werk aus dem 15. Jahrhundert. Bischof Dr. Gebhard Fürst sieht in den Werken aus den verschiedenen Zeiten doch eine Gemeinsamkeit: „Es gibt in den unterschiedlichen Dimensionen, die dargestellt werden, in allen Werken eine Verletzlichkeit. Allerdings unterscheiden sie sich in der Art, wie diese Verletzlichkeit ausgedrückt wird.“
Das Thema Verletzlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Dokumentarfilm. Schmerz und Leid sei eine Grunderfahrung von uns allen, so Wessely. „Zu Beginn der Dreharbeiten hatte ich neben Grünewalds Werk auch Joseph Beuys ' Installation „Zeige deine Wunde“ angedacht. Dann kam der Kunstwettbewerb dazu und es fügte sich eines zum anderen.“
Kunst und Kirche sind verbunden
Bei manchen Stücken gibt es eine Kontinuität der Themen über die Jahrhunderte hinweg. „Das Altarwerk von Grünewald hatte früher eine fast therapeutische Aufgabe, denn Kranke wurden vor das Kunstwerk gebracht und sollten im Angesicht des Bildes (seelische) Heilung erfahren. Dass Kunst auch die Kraft hat, eine heilende Wirkung zu haben, hat sich auch in einigen neueren Arbeiten widergespiegelt wie beispielsweise der Mäntel-Kunstausstellung im Hospiz“, sagt Dominik Wessely. Das Symbol des Palliums (Mantel) hat dem Behandlungskonzept im Hospiz und auf der Palliativstation seinen Namen gegeben. Schützende Hüllen werden umgelegt, um Sterbende und Trauernde in ihrer Angst, Trauer oder ihrem Schmerz zu ummanteln. Im Film werden die Werke „Hülle und Fülle“ der Künstlerin Astrid J Eichin vorgestellt.
Zum Ende der Diskussion stellten sowohl Bischof Fürst als auch Dominik Wessely fest, dass Kunst und Glaube miteinander verbunden sind. „Kunst und Kirche können und wollen nicht voneinander lassen. Denn die Frage nach sich selbst, der Schöpfung und dem Leben nach dem Tod sind existenzielle Fragen, mit denen wir uns alle beschäftigen“, so der Bischof.
Der Dokumentarfilm „Glaube + Kunst“ soll in Zukunft digital verfügbar sein. Nähere Details werden noch bekannt gegeben.