Brauchtum

Lasst uns froh und munter sein

Von rechts vorne nach links hinten reihen sich über 20 Nikoläuse im Altshausener Schlosshof auf. Jeweils hinter jedem ein Ruprecht.

29 Nikoläuse und ebensoviele Ruprechte warten im Altshausener Schlosshof auf ihren Auftritt - Foto: Dominic Molet

Die Nikolausgilde Altshausen pflegt seit 75 Jahren das Brauchtum des Klosengehens und besucht Kinder, Familien und Senioren.

Was für ein Bild. Der scheidende Oberklos Josef Schelkle - Klos ist die schwäbische Kurzform für Nikolaus - fuhr am ersten Adventssonntag mit seinem Ruprecht in der Kutsche durch das Torgebäude am Altshausener Schloss. Ihm folgten 29 Nikolaus-Ruprecht-Paare zu Fuß auf den Seminarplatz. "Der Anblick war natürlich ungewohnt, aber auch sehr beeindruckend für alle Besucher", berichtet der zweite Oberklos Steffen Obert vom Nikolauseinzug nach zwei Jahren Coronapause. 2022 feiert die Nikolausgilde Altshausen, mit 70 aktiven Mitgliedern eine der größten im süddeutschen Raum, ihr 75-jähriges Jubiläum.

Heute hat der Heilige Nikolaus eher die Schwierigkeit, sich vom Weihnachtsmann-Geschenkeonkel in Kaufhäusern und kitschigen amerikanischen Filmen abzuheben. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg beschädigten umherziehende Klosenbanden seinen Ruf. Um dem wilden Treiben der schwarz angemalten Figuren, die Schrecken verbreiteten und auch Kinder in ihren Sack steckten, damals Einhalt zu gebieten und den heiligen Bischof von Myra wieder in Erinnerung zu rufen, besuchten der Junglehrer Fritz Maier und der landwirtschaftliche Mitarbeiter Andreas Stöckler 1947 erstmals Kinder in Altshausen im Bischofsornat.

Tradition mündlich weitergegeben

Die beiden erfuhren voneinander und taten sich zusammen. Fortan organisierten sie das Nikolausgehen im Ort gemeinsam. Viele junge Männer schlossen sich ihnen an. Eine Vereinsstruktur mit fester Satzung kennt die Gilde bis heute nicht. Die Grundregeln, wie dass die Mitglieder "gschtandene Mannsbilder" sein und "einen ordentlichen Lebenswandel" führen sollen, werden mündlich tradiert. Das Ziel der beiden Gründer haben die Altshausener jedenfalls erreicht. Die Legenden des Heiligen Nikolaus, der armen und hungrigen Menschen half, kennt jedes Kind. Der Begleiter Ruprecht trägt nicht nur die Rute, sondern auch den Geschenkesack. Beide Figuren haben ihren Schrecken verloren, die Zeit der Klosenbanden ist vorbei.

Am ersten Adventssonntag, als der Christkindlesmarkt viele Besucherinnen und Besucher auf den Marktplatz lockte, wartete schon eine große Kinderschar auf den Einzug der Nikoläuse. Nach der Rede des Oberklosen und dem Lied "Lasst uns froh und munter sein" verteilten die Bischöfe und die Ruprechte 440 gebackene Hefenikoläuse an die Kinder. Die eigentliche "Arbeit" steht aber noch bevor. Am 5. Dezember, dem Nikolausabend, machen sich die rot und dunkel gewandeten Paare zu knapp 120 Familien in Altshausen und Umgebung auf. In den Folgetagen dürfen sich Kindergärten, Grundschulen sowie Alters- und Pflegeheime auf einen Besuch des Heiligen freuen. Das Brauchtum hat die letzten 75 Jahre nichts von seinem Zauber verloren.

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