Ausstellung

Leben und Leiden für Wahrheit und Nächstenliebe

Kurator Martin W. Ramb, Künstler Volker Schlecht und Ingrid Wegerhoff (Leiterin der Katholischen Erwachsenenbildung Stadt- und Landkreis Heilbronn) sprechen über die Entstehung der Ausstellung.

Kurator Martin W. Ramb, Künstler Volker Schlecht und Ingrid Wegerhoff (Leiterin der Katholischen Erwachsenenbildung Stadt- und Landkreis Heilbronn) sprechen über die Entstehung der Ausstellung. Foto: DRS/Guzy

Bruno Lehan spricht in einem Theatermonolog über Pater Richard Henkes.

Bruno Lehan spricht in einem Theatermonolog über Pater Richard Henkes. Foto: DRS/Guzy

In einer Ausstellung im Heinrich-Fries-Haus erzählen Comic-Zeichnungen die bewegende Geschichte von Pater Richard Henkes.

Zum Gedenkjubiläum anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs hat die Katholische Erwachsenenbildung (keb) Stadt- und Landkreis Heilbronn die Ausstellung „Sieh den Menschen an!“ ins Heinrich-Fries-Haus geholt. Die Ausstellung erzählt vom seligen Pater Richard Henkes und seinem Wirken im KZ Dachau und nutzt dabei ein spezielles künstlerisches Medium.

Die Präsentation basiert auf einem Comic. Im Heinrich-Fries-Haus sind auf 25 Tafeln Texte und Zeichnungen daraus zu sehen – wobei in der Ausstellung nicht von Comic oder von Graphic Novel, der Bezeichnung für anspruchsvollere Genrebeispiele, gesprochen wird. Bei dem Heft „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“ handelt es sich um eine Graphic Documentary, wie Volker Schlecht bei der Ausstellungseröffnung sagte. Schlecht bildet zusammen mit Alexandra Kardinar das Künstlerduo „Drushba Pankow“, von dem die mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Graphic Documentary über Pater Richard Henkes stammt.

Kritik am NS-Regime

Der Pallottinerpater wurde im Jahr 1900 im Westerwald geboren. Er wirkte unter anderem in Katscher, Frankenstein und in Branitz im Osten des damaligen Deutschen Reiches. Pater Richard Henkes lehnte das NS-Regime ab und äußerte sich in seinen Predigten kritisch. Am 8. April 1943 wurde er wegen einer Predigt in Branitz von der Gestapo verhaftet und in das KZ Dachau gebracht. Als dort Ende 1944 eine Flecktyphus-Epidemie ausbrach, ließ er sich freiwillig in der Baracke mit den Erkrankten einschließen, um diese zu pflegen und seelsorgerlich nicht allein zu lassen. Der Pater infizierte sich trotz Impfung selbst und starb am 22. Februar 1945 nur wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers. Am 15. September 2019 wurde Pater Richard Henkes als Märtyrer der Nächstenliebe im Limburger Dom seliggesprochen.

Zu diesem Ereignis entstand die Graphic Documentary, um diese Lebensgeschichte in die heutige Zeit zu übertragen, wie Martin W. Ramb, Schulamtsdirektor im Bischöflichen Ordinariat Limburg und Kurator der Ausstellung, erklärte. Die spezielle Genre-Bezeichnung soll dabei den dokumentarischen Charakter des Comicprojekts unterstreichen, auch wenn die Schilderungen der damaligen Ereignisse in einen fiktionalen Rahmen eingebaut sind, der allerdings auf beeidigten Zeugenaussagen beruht.

„Ich hatte Ehrfurcht vor diesem Thema“, sagte Schlecht. Dem Publikum der Vernissage erläuterte der Illustrator in einer Gesprächsrunde mit Ramb und keb-Leiterin Ingrid Wegerhoff, wie er für seine Zeichnungen anhand von historischen Fotos und Erzählungen über Konzentrationslager recherchierte. „Ich habe im Atelier geweint“, gab Schlecht offen zu.

Fotografischer Stil

Die Akribie spiegelt sich in den Zeichnungen wider: Ein nüchterner, beinahe fotografischer Stil prägt die Präsentation. Dargestellt ist nur das, was sich für die Zeit belegen lässt. Die Farbgebung – für die Kolorierung war Alexandra Kardinar verantwortlich – ist zurückhaltend.

„Mich hat die Lebensgeschichte sehr berührt, als ich sie gelesen habe“, sagte Pfarrer Roland Rossnagel. An diesem Abend des 8. Mai, als die Ausstellung eröffnet wurde, kreuzten sich zwei Geschichtsstränge: Der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und die Wahl des neuen Papstes. Diese Überschneidung griff Rossnagel auf: „Wenn die ganze Welt gespannt ist, wer der neue Papst wird, sehen wir dahinter eine Sehnsucht, dass die Wahrheit ins Leben kommt. Henkes war von dieser Sehnsucht getrieben.“

Persönliches Ringen im Theaterstück

Die Wahrheit angesichts der aktuellen „Krise der Wahrheit“ stellte auch Holger Zaborowski, Professor für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, in seiner Annäherung an Pater Richard Henkes heraus. Dieser habe „der Wahrheit die Ehre gegeben“.

Im Vergleich zu Maximilian Kolbe ist Pater Richard Henkes – der für das Projekt der Diözese Rottenburg-Stuttgart „Friedensglocken für Europa“ zu den seligen beziehungsweise heiligen Fürsprechern gehört – eher weniger geläufig. Diese Unbekanntheit bildet den Ausgangspunkt für eine persönliche Auseinandersetzung im Solotheaterstück „Abgerungen“. Das Stück, gespielt von Bruno Lehan, begleitet die Ausstellung. Es stellt das Ringen mit der Lebensgeschichte und Vorbildfunktion von Pater Richard Henkes dar. So fragte Lehan in seinem Monolog: „Möchte ich mein Leben in den Dienst einer höheren Sache stellen?“

Informationen für den Ausstellungsbesuch

Die Ausstellung „Sieh den Menschen an!“ über den seligen Pater Richard Henkes ist bis zum 30. Juli im Heinrich-Fries-Haus Heilbronn, Bahnhofstraße 13, zu sehen. Sie ist zu den allgemeinen Öffnungszeiten im Foyer im Erdgeschoss zugänglich: Montag bis Donnerstag 8 Uhr bis 18 Uhr und Freitag 8 Uhr bis 16 Uhr. Am Montag, 2. Juni, bietet das Religionspädagogische Institut (RPI) Heilbronn, das sich ebenfalls im Heinrich-Fries-Haus befindet, eine spezielle Besichtigungsmöglichkeit für Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher. Dabei geht es auch um die Arbeit mit Graphic Documentaries. Beginn ist um 17 Uhr. Heilbronn ist die letzte Station der Wanderausstellung nachdem diese in mehreren deutschen und europäischen Städten wie Montabaur, Frankfurt, Rom, Fürstenwalde, Prag, Augsburg und Dachau zu sehen war.

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