Bevor der Zug der Gläubigen am Haus vorbeikommt, zündet der Eigentümer noch schnell eine Reihe von Kerzen entlang der straßenseitigen Gebäudewand an. Das sei einfach Tradition, sagt er. Auch bei einigen anderen Häusern an der Strecke der Prozession brennen Kerzen auf den Fensterbänken oder auf den Stufen der Eingangstreppe. Denn der St.-Anna-Tag ist in Mulfingen ein großer Wallfahrtstag.
Der St.-Anna-Tag am 26. Juli ist der Gedenktag der heiligen Anna, der Mutter von Maria und damit der Großmutter von Jesus. Wegen der Corona-Bedingungen waren die Feierlichkeiten in den vergangenen beiden Jahren sehr eingeschränkt gewesen, dieses Mal konnte das volle Programm stattfinden.
Segnung von Devotionalien
Ein morgendliches Hochamt vor der St.-Anna-Kapelle mit dem emeritierten Weihbischof Dr. Johannes Kreidler eröffnete den Festtag. Am Nachmittag gab es eine Andacht. Zu der brachten die Gläubigen Rosenkränze, Kerzen, Statuen oder Plaketten mit, um sie als Devotionalien segnen zu lassen.
Am Abend fanden sich erneut Gläubige an der St.-Anna-Kapelle ein. Hauptzelebrant des Abendgottesdienstes war der Stuttgarter Stadtdekan Dr. Christian Hermes. Vor 30 Jahren habe er ein Praktikum in Mulfingen gemacht, erklärte er. Hermes sprach von schönen Erinnerungen. In seiner Predigt hob er die Bedeutung der Großeltern bei der Vermittlung von Glauben hervor. Auch für ihn persönlich sei die Oma für den Glauben und das Gottvertrauen „wahnsinnig wichtig“ gewesen. So forderte er die Mitfeiernden auf: „Teilen Sie das, was der Glaube Ihnen gibt – auch über die Generationen.“
Einmal um die Ortsmitte
Während des Gottesdienstes kamen immer wieder einmal weitere Menschen zur St.-Anna-Kapelle, um bei der Lichterprozession im Anschluss mitzulaufen – für viele der Höhepunkt des Wallfahrtstages. „Ich freue mich, dass nach zwei Jahren Pause die Lichterprozession wieder möglich ist“, sagte Pfarrer Ingo Kuhbach. Dann machten sich die Gläubigen von der Kapelle zum Startpunkt auf der anderen Seite der Jagst auf den Weg.
Die Prozession zog von dort in den Ort hinein. Die Musikkapelle Laibach begleitete den Zug. Grob geschätzt waren es zwischen 300 und 400 Menschen – vor Corona waren es laut Kuhbach noch viel mehr gewesen. Die Strecke führte in einer Runde um die Ortsmitte. Die Prozession sei schön und gehöre immer dazu, sagte eine Teilnehmerin aus Krautheim.