„Wenn wir als Kirche nicht in den digitalen Plattformen präsent sind, laufen wir Gefahr, viele Menschen nicht mehr zu erreichen, weil wir in ihrem Leben schlichtweg nicht vorkommen“, sagt Bischof Dr. Gebhard Fürst. Aber wie präsent muss die katholische Kirche im Netz sein? Auf welchen Plattformen muss sie aktiv sein und vor allem mit welchen Inhalten?
Zwei Tage lang befassten sich rund 60 Teilnehmer der Tagung „Online zu Gott?!“ an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Hohenheim mit liturgischen Erfahrungen und Ausdrucksformen im Netz. Die Tagung war von der Diözese in Zusammenarbeit mit der Theologischen Fakultät Paderborn organisiert worden. Teilnehmer und Referenten waren aus ganz Deutschland angereist, um über die Abbildbarkeit von Liturgie in Rundfunk und Netz und den liturgischen Raum als Erlebnisort zu sprechen. Dabei ging es auch um die Anforderungen an mögliche Formen digitaler Feiern – und um ihre Grenzen.
Kontrovers diskutiert
Wo liegen diese Grenzen? Da waren sich die Teilnehmer des Abschlusspodiums nicht einig. Unter dem Titel „Menschenfischer im Netz?“ und moderiert von der ZDF-Redakteurin Katrin Müller-Walde diskutierten Bischof Dr. Gebhard Fürst, die Wirtschaftsjournalistin Dr. Ursula Weidenfeld, Pfarrer Christian Olding aus Geldern, die Medienberaterin Ariadne Klingbeil und BILD-Textchef Alexander von Schönburg offen und durchaus kontrovers über ein nicht immer einfaches Thema.
Pfarrer Christian Olding, als „Pop-Kaplan“ und Autor des Buches „Klartext bitte! Glauben ohne Geschwätz“ bekannt, bewegt sich seit Jahren offensiv im Netz und in den sozialen Medien. Er sagt: „Wenn es darum geht, zu transportieren, welchen Mehrwert ich als Mensch habe, wenn ich christlich lebe, sind wir noch sehr weit weg.“ Mit kirchenpolitischen Themen und als reine „Ethik-Wächter“ könne man keinen Boden gewinnen, schon gar nicht in sozialen Netzwerken. „Aber sobald wir uns an die klassischen, christlichen Marketingaspekte wie Halt, Sinn, Hoffnung herantrauen, ist uns der Erfolg sicher.“ Liturgie to go? „Können wir bieten.“
Wenn er zu ethischen Fragen twittere, hielt Bischof Dr. Gebhard Fürst dagegen, dann sei das mehr als ein „erhobener Zeigefinger“. Mit Verweis auf seine Haltung zur Diskussion um den Trisomie-21-Bluttest für Schwangere sagte er: „Da steht ein Bild von einem Menschen dahinter. Ein Bild von Gott, das ich weitergebe. Das ist mehr als nur die Frage nach der Ethik.“ Für ihn als Medienbischof sei klar: „Moderne Kirche muss dort präsent sein, wo die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit sind. Analog und digital.“ Grenzen der digitalen Welt sieht Fürst jedoch in der Seelsorge: „Wenn es um die Botschaft des Heils geht, so glaube ich, dass diese pastoral besser gelingt, wenn sie von Mensch zu Mensch weitergegeben wird, von Auge zu Auge.“
Boulevard-Journalist Alexander von Schönburg wünschte sich derweil mehr „erhobene Zeigefinger“ aus den Bistümern. Wenn er von „niederschwelligen Angeboten“ hört, sträubten sich ihm die Nackenhaare. Er wünscht sich von der Kirche im Netz eine klarere Haltung, den Mut zum Anderssein und Bischöfe, die auch mal „gegen den Mainstream gebürstet sind“.