"Man muss die Leute mögen"

Porträtfoto im Messgewand.

Seit 50 Jahren Priester: Pfarrer i.R. Günther Gerlach - Foto: Renate Moosmayer

Günther Gerlach ist seit 50 Jahren Priester der Diözese und hat ein Auge auf das das Bihlafinger "Herrgöttle".

Zeiten des Umbruchs und des Aufbruchs in der Kirche kennt Günther Gerlach. Dabei hatte er Theologie gar nicht auf dem Schirm, als er Mitte der 1960er Jahre in Tübingen Geografie und Geschichte zu studieren begann. Vor Ort lernte er dann Priesteramtskandidaten des Wilhelmsstifts kennen, die begeistert vom Zweiten Vatikanischen Konzil die Kirche mitgestalten wollten. Schließlich hörte auch er als Theologiestudent die Vorlesungen von Professoren wie Joseph Ratzinger, Hans Küng und Herbert Haag.

"Ratzinger war ein grandioser Theologe, sehr modern", erinnert sich der heute 77-Jährige und bedauert, dass dieser Teile seines Buchs "Einführung ins Christentum" später entschärfte. In den umgearbeiteten Passagen sei es um andere Zugänge zum Priestertum und um die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten gegangen. Küngs Vorlesungen seien dagegen damals noch nicht so voll gewesen. Der Schweizer Theologe habe jedoch bahnbrechende Thesen über die Kirche formuliert, die bis heute diskutiert würden.

Weihe in der Stuttgarter Heimatkirche

Am 19. März 1972 empfing Gerlach, der in Hirsau im Schwarzwald geboren und bald mit der Familie nach Stuttgart gezogen war, in seiner Heimatkirche St. Maria die Priesterweihe. Weihbischof Georg Moser vertrat damals Bischof Carl Joseph Leiprecht, der im nahegelegenen Marienhospital weilte. Mit dem Chörle des Weihekurses, das Gerlach leitete, fuhren die zwölf Neupriester dann umgehend zu ihrem Diözesanbischof und brachten ein Ständchen. "Wir waren ein musikalischer Kurs und singen heute noch, wenn wir uns treffen", verrät der Jubilar. Im Repertoire hätten sie alles von Silcher bis zu Shantys.

Nach der Vikarszeit in Eislingen an der Fils und in Mühlacker sowie 15 Jahren als Pfarrer in Igersheim im Norden der Diözese kam Gerlach 1991 nach Oberschwaben. Während der ebenfalls 15-jährigen Amtszeit in Ertingen bekam er immer mehr Pfarreien hinzu. Das ging, weil er einen zweiten Amtsbruder im Team hatte. Unüberschaubare Einheiten liegen dem großgewachsenen Priester aber nicht. Ihm sei es nämlich wichtig, mit den Gemeindemitgliedern nicht nur den Glauben, sondern auch das ganz normale Leben zu teilen. 2006 wechselte er dann nach Allmendingen, Altheim und Schwörzkirch.

Auch mal Gottesdienst im Schwimmbad

Er habe einmal einen älteren und erfahrenen Kollegen gefragt, was einen guten Pfarrer ausmacht. Die Antwort "Man muss die Leute mögen" habe er über die Jahre gerne beherzigt. "Da kommt viel wieder zurück", weiß Gerlach. "Ich lebe mehr davon als die Leute von mir", gibt er zu. Ihm lag deshalb auch viel daran, sich als Seelsorger in das Leben der Menschen aller Generationen einzudenken sowie die Liturgie ansprechend und lebendig zu gestalten. Dabei holte er auch mal Jazzmusik in die Kirche und feierte Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten wie auf einem Bauernhof, im Wald oder im Schwimmbad.

Als mit 70 Jahren der Ruhestand näher rückte, war für Gerlach klar, dass er in Oberschwaben bleiben möchte - aber nicht zu weit im Süden, da er noch Verwandte bei Stuttgart habe. Der Biberacher Dekan Sigmund F.J. Schänzle machte ihn auf das ehemalige Pfarrhaus in Bihlafingen bei Laupheim aufmerksam. Die nahe Wallfahrtskirche beherbergt das "Herrgöttle". Auch wenn Gerlach das Gotteshaus mit der Statue des gegeißelten Heilands aus dem 18. Jahrhundert in Sichtweite hat, ist für ihn klar: "Ich bin nicht der Wallfahrtsseelsorger." Wenn es seine neue Hüfte erlaubt, helfe der rüstige Ruhestandspfarrer aber gerne wieder bei den Gottesdiensten mit.

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