Geschichte

Marienweihe auch in Ravensburg

Foto der Marienstatue mit Ravensburger Bürger:innen unter ihrem Mantel und der Urkunde mit Papst- und Bischofswappen.

Die Urkunde der Ravensburger Marienweihe und die Kopie der Ravensburger Schutzmantelfrau in der Liebfrauenkirche - Foto: Ralf Reiter

Vor 80 Jahren folgte die Liebfrauengemeinde dem Vorbild des aus der Bischofsstadt vertriebenen Bischofs Joannes Baptista Sproll.

Gestern vor 80 Jahren, also genau zwei Wochen, nachdem Bischof Joannes Baptista Sproll im Exil seine ganze Diözese der Gottesmutter anvertraut hatte, tat dies auch die Liebfrauengemeinde in Ravensburg. Davon zeugt eine kalligraphisch aufwändig gestaltete Urkunde, datiert auf den 17. Oktober 1943. Die besondere Beziehung der Bewohner:innen zu Maria soll auch dafür gesorgt haben, dass die ehemals Freie Reichsstadt von Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont blieb. Ralf Reiter beschreibt die Hintergründe so:

In der Kirchengemeinde Liebfrauen hat sich eine vor genau 80 Jahren entstandene Urkunde erhalten, die einen Höhepunkt in der Marienverehrung der Pfarrei darstellt. Sie ist von Pfarrer Nieder unterschrieben. Aus Ihr spricht Verzweiflung, Hoffnung, aber auch Widerstand:

Im Jahre des Heils 1943 da man zählt den Rosenkranzmonat, im 5. Jahr eines schrecklichen Krieges, unter dem Pontifikat des Heiligen Vaters Papst Pius XII. und der treuen Hirtensorge des geliebten kranken und fernen Bischofs Dr. Johannes Baptista Sproll hat sich die ganze Gemeinde unserer Lieben Frau zu Ravensburg dem unbefleckten Herzen Mariae unserer himmlischen Mutter geweihet, in feierlicher Weihe, zu unverbrüchlicher Treue.

In dieser Zeit rückte der Krieg immer näher. Allein von Juli bis Oktober 1943 fielen 77 Soldaten aus Ravensburg. Gleichzeitig verstärkte das NS-Regime den Terror im Innern. So ist diese Marienweihe - nach dem Vorbild der Marienweihe der ganzen Diözese durch den verfolgten und im Exil befindlichen Bischof Sproll am 3. Oktober desselben Jahres - vor allem als ein Aufschrei gegen die furchtbaren Zeitumstände zu sehen und ein Zeugnis der besonderen Verehrung der Gottesmutter.

Ein Marienbild und eine Kopie der Schutzmantelfrau beflügeln die Frömmigkeit

Diese gestaltete sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders intensiv. So beschloss man 1860 mit der Anschaffung eines neuen Marienbildes einen Akzent zu setzen. Es wurde 1897 in den von Theodor Schnell dem Jüngeren gefertigten Marienaltar eingesetzt und war für Jahrzehnte eine vielverehrte Darstellung der Gottesmutter. Geschaffen wurde es von dem Schweizer Maler Paul Theodor von Deschwanden (1826-1861) und ist bis heute in der Kapelle zu sehen.

Wesentlich beflügelt wurde die Marienverehrung im 20. Jahrhundert dann durch die Aufstellung einer Kopie der im Berliner Bode-Museum befindlichen spätmittelalterlichen Figur der Ravensburger Schutzmantelfrau. Der bekannte Weingartener Bildhauer Franz Xaver Eberhard schuf die Skulptur, die am 7. Dezember 1935 feierlich in der Kirche aufgestellt wurde. Über die wachsende Verehrung dieses Bildes steht in einer Chronik: „Die Kopie der Schutzmantelfrau erlangt den Rang eines Gnadenbildes mit überörtlicher Ausstrahlung, besonders während des Krieges. Ihr zu Ehren wird 1945 der Adolf-Hitler-Platz in Marienplatz umbenannt“.

Ist Maria britischen Kampffliegern erschienen?

Peter Eitel, ehemaliger Ravensburger Stadtarchivar, bemerkte hierzu: „An Maria, die Muttergottes, wagten sich die Nationalsozialisten nicht heran, weil sie wussten, dass viele fromme Ravensburger sie verehrten.“ Ihr wird auch die Verschonung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zugeschrieben. Sie soll englischen Kampffliegern vor der Stadt erschienen sein und somit einen Angriff verhindert haben. So kam es zu einem enormen Aufschwung der Marienverehrung gerade durch Krieg und Unterdrückung des Glaubens. Diese Verehrung ist auch heute noch in der Kirchengemeinde Liebfrauen lebendig.

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