Am 1. September geht Marie-Luise Hildebrand als Pastoralreferentin der Gemeinden St. Maria und Heilig Geist in den Ruhestand. "Ich habe in meinem ganzen Berufsleben trotz mancher Diskussionen im Grunde nicht um die Akzeptanz als Frau im kirchlichen Dienst kämpfen müssen", blickt die 66-Jährige zurück. Mit den dienstvorgesetzten Pfarrern und den Kirchengemeinden hatte sie immer Glück - in Leonberg, im Stuttgarter Norden und zuletzt fast 20 Jahre in Weingarten. Sie konnte im Team mit Pfarrer Benno Ohrnberger und den Kolleginnen und Kollegen sowie in der Zusammenarbeit mit den Gremien ihre Begabungen entfalten. Trauernde lagen ihr besonders am Herzen.
Aus Gesprächen mit trauernden Angehörigen und aus persönlicher Betroffenheit kannte Marie-Luise Hildebrand die Situation derer, die Familienmitglieder oder andere enge Bezugspersonen durch Tod verloren haben. Nahe bei diesen Menschen zu sein, eine Beziehung mit ihnen aufzubauen, das war für die Theologin und Pädagogin der erste Schritt. Erst dann konnte sie aus ihrer christlichen Überzeugung heraus Mut und Zuversicht vermitteln - auch für diejenigen, die sich nicht regelmäßig mit der Bibel und dem Glauben beschäftigen.
Bei Beerdigungen wieder vieles möglich
Seit ihren ersten Berufsjahren hat sich gerade bei Beerdigungen viel verändert. Die Zahl der Urnenbeisetzungen nahm gegenüber den Erdbestattungen stark zu. Dadurch könnten die Angehörigen den Termin viel flexibler festsetzten, weiß die Seelsorgerin. Das führe nicht selten zu Konflikten in der Verwandtschaft, welcher Tag nun der passendere sei. Corona habe die Situation noch verschärft, als zudem die Anzahl der Teilnehmenden begrenzt war.
Inzwischen ist wieder vieles möglich, berichtet Hildebrand. Manchen seien die Regeln aber auch entgegengekommen. So mussten sie den Wunsch nach einer Feier im kleinen Kreis nicht rechtfertigen. Dennoch hätten die Pandemiebeschränkungen bei vielen - gerade auch aus dem weiteren sozialen Umfeld der Verstorbenen - das Gefühl hinterlassen, sich nicht richtig verabschiedet zu haben. Marie-Luise Hildebrand begrüßt es, dass nicht zuletzt durch Corona die Trauerpastoral in der Diözese Rottenburg-Stuttgart verstärkt in den Fokus rückt.
Trauernde auch nach der Beisetzung begleiten
Sie selbst hatte zusammen mit anderen in Weingarten unabhängig von den Pfarreigrenzen neben Einzelgesprächen bereits vor Jahren Trauerseminare, das Café Lichtblick für Trauernde und regelmäßige Gedenkgottesdienste ins Leben gerufen. Entsprechende Angebote macht künftig die von der Diözese neu errichtete Kontaktstelle Trauerpastoral im Dekanat Allgäu-Oberschwaben. Wenn Menschen, die sie in der Trauer begleitete, die Pastoralreferentin ansprachen und erzählten, dass sie wieder im Leben angekommen seien oder heute unerwartet woanders stünden als damals, "dann ist das wunderbar", sagt die Theologin. Und sie ergänzt, dass dies nicht machbar sei. "Da ist die Geistkraft Gottes am Werk."