Caritas

Menschen, die dem Leben Geschmack geben

„Ihr seid das Salz der Erde." (Mt 5,13) Weil die Frauen und Männer in den Besuchsdiensten dem Leben Geschmack geben, bekam jede und jeder von Carmen Diller, Freiwilligenkoordinatorin bei der Caritas in der Region Ulm-Alb-Donau, beim Dankesnachmittag einen kleinen Salzstreuer als Anerkennung. Foto: drs/Jerabek

An vielen Orten leisten Frauen und Männer in Besuchsdiensten wertvolle Arbeit. Ihnen war ein Dankesnachmittag im Kloster Brandenburg gewidmet.

Manche haben sich nach der Corona-Zeit neu für dieses wichtige Ehrenamt in die Pflicht nehmen lassen, nicht wenige sind aber schon 15, 20 oder sogar 30 Jahre dabei. Das ergab eine kurze „Umfrage" unter den Frauen und Männern, die zum Dankesnachmittag für Mitarbeitende in den Besuchsdiensten im Dekanat Ehingen-Ulm nach Dietenheim gekommen waren. Ihnen Anerkennung zu zollen und Raum zu geben für Begegnung und Austausch, war Ziel des Nachmittags, der neben guten Gesprächen bei Kaffee und Kuchen auch thematische und spirituelle Impulse bereit hielt.

„Die vergangenen drei Corona-Jahre waren für die Besuchsdienste in Gemeinden, Kliniken und Heimen durch enorme Herausforderungen geprägt", sagte Carmen Diller, Freiwilligenkoordinatorin bei der Caritas in der Region Ulm-Alb-Donau. Vieles habe sich verändert und lasse Neues entstehen. Deshalb sei es wichtig, „wieder miteinander ins Gespräch zu kommen, voneinander zu hören, was passiert ist, und sich inspirieren zu lassen, was kommen könnte". Durch die Begegnung sollten neue Kraft und neue Perspektiven gewonnen werden.

„Die 'Alten' sind auch nicht mehr die alten"

Es sind die veränderten Lebenssituationen älterer Menschen und sich wandelnde Altersbilder, die es nötig machen, näher hinzusehen. Es gebe aber auch Veränderungsprozesse in Kirchengemeinden und in der Quartiersarbeit sowie neu zu stellende Fragen nach der Spiritualität im Alter, nach Formen der Kommunikation und insgesamt nach den Bedarfen, die es immer wieder festzustellen gilt, sagte Ludger Bradenbrink, der bis vor kurzem Referent im Fachbereich Senioren und Geschäftsführer des Formus Katholische Seniorenarbeit in der Diözese Rottenburg-Stuttgart war. Unter dem kessen Titel „Die 'Alten' sind auch nicht mehr die alten" skizzierte er in einem Vortrag die Themen in der Altersforschung und gab den Ehrenamtlichen in den Besuchsdiensten Impulse für den Umgang mit diesen Veränderungen.

Der „Film" ist noch nicht „gelaufen"

„Früher war das Alter der Abspann des Lebens, nach dem Motto 'Der Film ist gelaufen'", sagte Bradenbrink. „Heute ist das anders: heute ist das Alter mindestens ein Viertel vom Film - und da passieren entscheidende Dinge." Die stetige Zunahme älterer Menschen und hier insbesondere der Hochaltrigen, von denen zwar 70 Prozent daheim leben, aber nur 20 Prozent daheim sterben, werfe Fragen nach der Begleitung auf und auch nach neuen Wohnformen - nicht zuletzt im Hinblick auf den Anteil von rund einem Drittel allein lebender älterer Menschen; etwa ein Viertel habe keine Enkel. „Eine Struktur, die trägt, ist nicht mehr selbstverständlich", sagte Bradenbrink. Umso wichtiger sei der Besuchsdienst: „Das, was Sie tun, hat Zukunft und braucht unsere starken Bemühungen, hier wirklich dafür zu sorgen, dass es weitergeht."

„Ignoranz ist die größte 'Strafe' im Alter"

Engpässe in der Pflege, ein Trend zur Zentralisierung bei Ärzten und in der Nahversorgung bei gleichzeitig kleiner werdendem Bewegungsradius älterer Menschen, Nachwirkungen der Corona-Krise, Altersdepression, das Problemfeld Suizid, immer mehr ältere Menschen mit Migrationsgeschichte, die Bedeutung der Teilhabe („Ignoranz ist die größte 'Strafe' im Alter") - all das sind Themen, mit denen sich Besuchsdienste auseinandersetzen müssen. Mitarbeitende machten die Erfahrung, dass es „oft nicht nur um Besuche geht, sondern auch um Fragen der Pflege, Unterstützung im Haushalt und dass wir eigentlich die ersten sind, die die 'Mängel' sehen", so brachte eine Ehrenamtliche die Situation beim Erstbesuch auf den Punkt. „Natürlich ist unser Dienst für uns vorrangig, aber wir sehen auch so manches andere, und dann kommt auch so manches ins Rollen."

Überrascht, „dass die Kirche kommt"

Besondere Anerkennung zollte Bradenbrink den Teilnehmenden des Begegnungsnachmittags für ihre besondere Sensibilität im Bereich Spiritualität im Alter, die sich etwa in der Bereitschaft zu gemeinsamem Beten, Nachbarschaftsgottesdiensten und der Bedeutung der Hauskommunion zeigt. Manchmal zeigten sich die besuchten Menschen davon überrascht, „dass die Kirche kommt", manchmal gelte es, zunächst Berührungsängste abzubauen, berichteten die Frauen und Männer aus den Besuchsdiensten. Eine Mitarbeiterin berichtete von einer 105-jährigen Dame, die sie seit 15 Jahren begleite und inzwischen jede Woche besuche. Andere schilderten die Herausforderung durch die Zunahme dementieller Erkrankungen.

„Es gibt keine Pflicht, digital unterwegs zu sein"

Vor diesem Hintergrund betonte Bradenbrink die Bedeutung von Kommunikationstraining sowie Supervision und Austausch der Mitarbeitenden untereinander, um Erfahrungen aus belastenden Besuchen Raum zu geben. Welche Bedarfe gibt es aus der Sicht der Besuchten und aus der Sicht der Besuchenden? Wie sind die Ehrenamtlichen miteinander vernetzt? Gibt es einen Newsletter? Es gebe aber auch „keine Pflicht, digital unterwegs zu sein", unterstrich der Referent. In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass viele Angebote des Dekanats Ehingen-Ulm, die der geistig-geistlichen Stärkung dienen, nicht nur in Präsenz und digital, sondern auch per Telefon besucht werden können.

Salz in der Suppe

Inspiration geistig-geistlicher Art hielt dann auch eine kurze Andacht in der Klosterkirche bereit. Am Bild des Salzes, mit historischen und biblischen Bezügen, zeigte Dekanatsreferent Dr. Wolfgang Steffel auf, worum es bei den Besuchsdiensten geht: Salz sei nicht das Essen, gebe ihm aber Geschmack. Durch das Engagement, durch Freundlichkeit und Zugewandtheit, „dadurch, dass wir das Gewöhnliche eines Besuches mit außergewöhnlicher Aufmerksamkeit und Hingabe machen, bekommt diese Besuchssituation das 'i-Tüpfelchen' und wird zum Salz in der Suppe".

Leben, was wir als Christen sind

Salz zu sein sei gleichsam die Identität der Christen. Als Besuchende müsse man bisweilen die Angst überwinden, ausgenutzt oder auch als verrückte Vögel angesehen zu werden. Deswegen spreche das Wort vom „Salz der Erde" nicht so sehr von einem missionarischen Aktionismus, sondern „dass wir das leben, was wir als Christen sind: Menschen der Hingabe, der Offenheit für andere Menschen, besonders für Menschen in Not", sagte Steffel. Er würzte den spirituellen Impuls mit Zitaten, Anekdoten, Liedern und mit einem „Küchengebet", in dem es um Gewürze geht, ohne die das Essen fad wäre. Die beim Dankesnachmittag erfahrene Stärkung möge fortwirken im Alltag; „die Kraft, die wir schöpfen durften, möge uns einen mutigen Schritt in den Alltag gehen lassen; der weite Raum hier drinnen möge unser Herz weit halten draußen", wünschte er abschließend in einem Segensgebet.

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