Pater Philipp Jeningen

Mit Herzensweite gegen die Kirchenkrise

Beim Abendgebet vor dem Todestag des seligen Pater Philipp Jeningen in der Martinuskirche in Schwabsberg empfahlen die Spurensucherinnen und Spurensucher Not leidende und kranke Menschen, aber auch die in der Verkündigung Engagierten dem Segen Gottes. Foto: drs/Jerabek

Reform kommt von innen her – mit dieser Einsicht und Erfahrung hat der selige Philipp Jeningen viel für die heutige Zeit zu sagen.

„Ein Seliger mit Pilgerstraßen im Herzen“ ist Pater Philipp, dessen Gedenktag (8. Februar) schon im Vorfeld für eine gut gefüllte Martinuskirche in Schwabsberg sorgte. Solche Pilgerstraßen aufzuspüren und gleichsam gemeinsam mit Pater Philipp zu beschreiten, hat sich die „action spurensuche“ zur Aufgabe gemacht. Knapp 100 alte und neue Spurensucherinnen und Spurensucher kamen zu Gebet, Begegnung und Vortrag an einem der Orte zusammen, die Philipp Jeningen einst auf seinen zahlreichen Missionsreisen besuchte – diesmal in Schwabsberg, einem Ortsteil von Rainau, zwischen Ellwangen und Aalen gelegen. Anhand von Briefen und Zitaten Jeningens ging es darum, den im Sommer 2022 seliggesprochenen Mystiker und Menschenfreund besser kennenzulernen und seine Spiritualität für heute zu erschließen.

Zwischen innerer Sammlung und selbstloser Hingabe

Von seinem mehrtägigen Aufenthalt in Dalkingen, Buch und Schwabsberg Mitte Oktober 1687 berichtet Philipp Jeningen im Brief an einen Freund. Er schreibt von der Spannung zwischen dem Wunsch, sich auszuruhen, und dem Antrieb, dann doch gleich weitermachen zu müssen. Dieses Hin- und Hergerissensein sei den Menschen heute „in gewisser Weise ebenso wenig fremd wie es dem seligen Philipp Jeningen nicht fremd war“, sagte Markus Krämer vom Leitungsteam der „action spurensuche“ beim Abendgebet. Nach den vielen Dingen, die es die Woche über zu erledigen und zu organisieren gebe und angesichts all der Dinge, die morgen anstehen und schon ins Heute drängen, sei es wichtig, „bei uns selbst einzukehren, vor Gott innezuhalten“ und dabei „Gott selbst in uns als Kraft und Ruhe, als Geist und Energie zu finden. Indem wir anhalten und innehalten, finden wir auch von innen Halt“, so Krämer.

Seelsorger – nicht „Zählsorger“

Wenn Philipp Jeningen in seinen Briefen immer wieder davon berichte, wie viele Beichten er gehört und wie viele Kommunionen er gespendet hat, so sei er doch – anders als das bisweilen heute der Fall sei – den Zahlen nicht erlegen, sagte Dr. Wolfgang Steffel in einem Impuls. „Für Philipp Jeningen zählte jede einzelne Seele, jeder einzelne Mensch“. Als Seelsorger – nicht „Zählsorger“ – habe er in jedem Menschen ein Geschenk Gottes gesehen, dem er seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Beeindruckend auch zu hören oder zu lesen, wie er „von Haus zu Haus eilte“ und alle Bewohner „mit den Worten, die mir der Heilige Geist eingab“, zu Buße, Gottesdienst und Katechese einlud.

Gute Katechese ist wichtig

Philipp Jeningen habe vom Wert einer guten Katechese zur inneren Auferbauung gewusst. Indem er das „Brot des Wortes Gottes“ den Menschen reichte, habe er selber gewonnen, zitierte Steffel aus Jeningens Brief. Es gebe nichts Besseres ins Herz eines Menschen zu geben als einen lebendigen Glauben. „Wer gibt, empfängt auch. Und wer aus sich heraus auf den anderen zugeht, bekommt etwas zurück – ein Lächeln, einen Dank oder leuchtende Augen. So wird dann Gemeinschaft auferbaut im Geist.“ In Liedern, Psalmgebet und Fürbitten, aber auch in der Stille gedachten die Pilgerinnen und Pilger des Seligen und besannen sich darauf, nach seinem Vorbild Jesus Christus zu verkünden.

Sich von Gott überraschen lassen

Vom Pilgern und den Pilgerstraßen, die immer eine äußere und eine innere Dimension haben, handelte im Anschluss an Abendgebet und -essen der Vortrag von Dr. Wolfgang Steffel. Weil Philipp Jeningen in besonderer Weise dafür stehe, was Psalm 84 sagt – „Selig die Menschen, die Kraft finden in dir, die Pilgerwege im Herzen haben“ – gelte es, die Voraussetzungen für ein weites Herz zu schaffen. Auf Gemeindeebene könne das bedeuten, mehr eine kontemplative Gemeinde zu werden, „eine Gemeinschaft von Gläubigen, die aus dem Innern lebt, die sich Zeit nimmt für Meditation und Anbetung“; eine Gemeinschaft, „die nicht ständig plant, sondern sich von Gott überraschen lässt“ – oder wie Philipp Jeningen sagt: „Gott geht vor“!

Zu viel Strategie und zu wenig Besinnung

Der Referent fragte, ob es auf Gemeinde-, Dekanats- und Diözesanebene und bis hin zur Kirche in Deutschland und dem aktuellen Synodalen Weg bisweilen nicht „zu viel Strategie und zu wenig Besinnung, zu viele Funktionäre und zu wenig Beter, zu viel Geld und zu wenig Geist, zu viel Machermentalität und zu wenig Hörbereitschaft“ gebe. Ja, auch Philipp Jeningen sei kritisch gewesen, so Steffel, wenn er den großen Gestus bei gleichzeitig innerer Leere kritisierte. Gerade in der Verkündigung gehe es heute darum, „um des Menschen willen wieder die Gottesfrage ins Zentrum zu stellen – weil der Mensch, vor allem in seinen größten Nöten, letztlich doch nur in Gott Halt und Geborgenheit findet“. Wenn der selige Philipp von der Innerlichkeit spreche, komme „automatisch der Einzelne in den Blick; die Innerlichkeit würdigt den je einzelnen Menschen“. Von Philipp Jeningen stammt der Satz: „Eine Seele in der Welt ist kostbarer als die ganze Welt.“

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