Das Konzept feiert somit sein zehntes Jubiläum. Sich um die mehr als 5.000 Arbeiterinnen und Arbeiter von Ulm bis Stuttgart zu kümmern, ist eine ganz besondere Aufgabe. Übernommen hat sie von Beginn an Betriebsseelsorger Peter Maile. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes mit Leib und Seele im Einsatz. Denn um eine Verbindung zu den meist männlichen Arbeitern herzustellen, packt der 61-Jährige selbst mit an. „Mit den Männern zu arbeiten, ist hier auf der Baustelle der Weg der Seelsorge. So bin ich echt und authentisch für die Kollegen. Ich setzte mich den gleichen Lasten aus und erlebe den schweißtreibenden Alltag der Arbeiter, mache mich dreckig und bin mir für nichts zu schade. Das schätzen die Leute“, berichtet er. Schutzhelm, orange Weste und Sicherheitsschuhe zählen zu seinem Outfit auf der Baustelle. Auf dem Rücken seiner Weste prangt in weißen Buchstaben das Wort „Betriebsseelsorger“.
Den Menschen im Blick
Peter Maile ist seit 1996 Diakon und hat seine Berufung auf dem zweiten Bildungsweg realisiert. Zunächst hat er Heizungsbauer gelernt und sein handwerklicher Hintergrund ist auf der Großbaustelle ein Plus. Denn auch dieser stellt Nähe zu den anderen Handwerkern her. Aus den politischen Diskussionen rund um Stuttgart 21 hält Peter Maile sich raus; ihn geht es einzig um die Menschen, die auf der Baustelle die unterschiedlichen Gewerke ausfüllen. Sein Büro ist zwar ganz in der Nähe der Baustelle im Stuttgarter Zentrum, aber die meiste Zeit ist Peter Maile auf der Baustelle. Wer ihn und seine Arbeit kennenlernen will, muss deshalb rund elf Meter in die Tiefe steigen. Denn der neue Stuttgarter Hauptbahnhof wird eben diese elf Meter tiefer liegen als das derzeitige Gleisniveau.
Auf der Baustelle wird geduzt: Einen Herrn Maile gibt es dort nicht, aber Peter ist allgegenwärtig. In der künftigen Bahnhofshalle angekommen, begrüßt er Bauarbeiter, die seinen Weg kreuzen, fragt, wie es geht und klärt offene Themen. Die großen Maschinen dort unten geben viel Wärme ab. Die Luft ist voller Staub. Der Lärm der Maschinen dringt durch den Untergrund, wo das Tageslicht nur rar durchscheint. Deshalb erhellen Baustellenstrahler die Tunnelröhren und die große Bahnhofshalle, durch die in einigen Jahren die Reisenden schreiten werden. Wie viel harte Arbeit hinter dem Bauprojekt Stuttgart 21 liegen wird, werden sie nur erahnen können.