Brauchtum

Mit Sorgen und Nöten zu Maria

Kroatische (r.) und polnische (l.) Gemeindemitglieder tragen die Ravensburger Schutzmantelfrau durch die Kirche - Foto: DRS/Waggershauser

Christinnen und Christen verschiedener Herkunft ehren die Ravensburger Schutzmantelmadonna erstmals gemeinsam mit einem Festgottesdienst.

Kummer ist die Ravensburger Madonna gewohnt. "Was erfährst du wohl von den vielen Gesichtern, die zu dir aufschauen?", fragte sie Pfarrer Harald Kiebler rhetorisch in seiner Predigt am Tag der Schutzmantelfrau. Das Fest, das die Liebfrauengemeinde und die mutterspachlichen Gemeinden jeweils für sich im Advent begingen, feierten sie am Sonntag nun erstmals gemeinsam im Rosenkranzmonat Oktober. Die Anregung dazu kam vom ehemaligen Rottenburger Dompfarrer, der seit März die Seelsorgeeinheit Ravensburg-Mitte leitet. Eine kleine Delegation war zu diesem Anlass sogar aus der Bischofsstadt angereist.

Dass die spätgotische Marienfigur, die Michel Erhart oder ein anderer Künstler der Ulmer Schule um 1480 schuf, bis heute eine gefragte Anlaufstelle ist, bestätigte Edeltraud Laich.

"Wenn es mir nicht gut geht, dann gehe ich zur Schutzmantelmadonna."

Das erzählte die seit Geburt in Ravensburg lebende Seniorin am Sonntag. Für Notfälle habe sie auch eine kleine Kopie der Statue bei sich zu Hause. Die Figur zeigt Maria, die mutig nach vorne blickt. Sie breitet ihren Mantel über zehn unterschiedliche Personen in Gewändern der damaligen Zeit aus, die ihr betend zu Füßen knien.

Fürbitten in vielen Sprachen

Krisen und Notlagen, in denen sich Menschen an Maria wenden, gab es in den letzten gut 500 Jahren und gibt es bis heute genug, worauf Kiebler in der Predigt hinwies. Diese Nöte brachten Vertreterinnen und Vertreter der deutschen, der polnischen, der kroatischen, der slowenischen und der portugiesischen Gemeinden in der jeweiligen Sprache als Fürbitten vor Gott. Und in Marienliedern aus der Heimat baten sie die Gottesmutter, bei ihrem Sohn Jesus für die Anliegen einzutreten.

Damit die Gottesdienstbesucher die Schutzmantelfrau immer im Blick hatten, trugen vier Männer die Statue beim Einzug nach vorne und platzierten sie neben dem Altar. Einer der Träger war Remigius Poslajko, der aus Polen stammt. "Wir haben in Tschenstochau die Schwarze Madonna und haben von Kind an eine besondere Beziehung zu Maria", erklärte er. Als Pfarrer Marcin Maslanka ihn gebeten habe mitzuwirken, habe er sich sehr gefreut.

"Maria ist für uns wie eine Mutter."

Das bekannte auch der gebürtige Kroate Josip Covic, der seit über 30 Jahren in Ravensburg lebt.

Vergessen und wiederentdeckt

Zusammen mit seinem Landsmann Ivica Lukic und den beiden polnischen Männern brachte er die Schutzmantelfrau nach dem Gottesdienst in einer feierlichen Prozession durch die Kirche an ihren Platz im rechten Seitenschiff der Kirche zurück. Dort stand sie jedoch nicht immer. Die Verehrung, die die Ravensburger Schutzmantelmadonna nach erfahrener Hilfe in Pestzeiten genoss, verlor sich im 19. Jahrhundert. Die Figur landete auf dem Dachboden und schließlich in Privatbesitz, bevor sie 1850 von den Berliner Museen erworben wurde. Das Original ist bis heute im dortigen Bode-Museum zu sehen.

1935 fertigte ein Weingartner Künstler eine originalgetreue Kopie für die Liebfrauenkirche. Hatte die Statue auch eine wechselvolle Geschichte, blieb Maria den Ravensburgern doch verbunden. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs soll sie einem britischen Militärpiloten erschienen sein, wonach dieser abdrehte und die Stadt vor einer Bombardierung verschonte. Das ist nur einer der vielen Gründe, der Schutzmantelfrau dankbar zu sein. Die Ravensburger setzten somit auch ein Zeichen für ein friedliches Europa, als Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Nationen Maria nun mit einem gemeinsamen Fest ehrten.

 

 

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