„Es geht darum, mitzuentscheiden und mitzugestalten“, verdeutlicht Weihbischof Matthäus Karrer, Leiter der für die Wahl zuständigen Hauptabteilung im Bischöflichen Ordinariat, deren Bedeutung. Um zu verhindern, dass sich der Coronavirus durch Publikumsverkehr in den Wahllokalen weiterverbreitet fordert der Weihbischof die Wahlberechtigten dazu auf, ihre Stimmen mittels Briefwahl per Post abzugeben.
Die künftigen Räte sind für alle wesentlichen Angelegenheiten der Kirchengemeinden zuständig: für deren Weiterentwicklung genauso wie für die Finanzen. Weihbischof Karrer betont:
Mitentscheiden und mitgestalten
Wenn wir in der Kirche von Demokratie reden, dann ist diese Wahl ein zentraler Punkt und ich bin davon überzeugt, dass wir die Kompetenz von vielen Frauen, Männern und Jugendlichen brauchen, um eine gute Zukunft zu gestalten.
Gewählt werden in der württembergischen Diözese knapp 10.000 Kirchengemeinde- und Pastoralräte. In den 1020 Kirchengemeinden und 100 Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache gibt es rund 1.600.000 Wahlberechtigte. Bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2015 nahm fast ein Viertel aller Wahlberechtigten seine demokratische Beteiligungsmöglichkeit wahr. Mit dieser Wahlbeteiligung war die Diözese Rottenburg-Stuttgart führend in Deutschland.
Bei der anstehenden Wahl kann in 996 Kirchengemeinden sicher gewählt werden. Sie haben genügend Kandidierende oder führen eine Wahl ohne Bindung durch. In 24 Gemeinden kann nicht gewählt werden. Zum Vergleich: Bei der Wahl im Jahr 2015 konnten 63 Kirchengemeinden nicht wählen. In den Gemeinden mit Katholiken anderer Muttersprache kann in drei Gemeinden nicht gewählt werden.
Fragen zur Wahl? Hier gibt es die Antworten!
Sind Kirchengemeinderäte mit einem Gemeinderat vergleichbar?
Das sind sie. Die Kirchengemeindeordnung (KGO), ist an die baden-württembergische Gemeindeordnung angelehnt. Entsprechend hat der Kirchengemeinderat drei Aufgaben: er ist Pastoralrat, er ist Katholikenrat und er ist Kirchensteuerrat. Als Pastoralrat prägt er das Leben der Kirchengemeinde, als Katholikenrat vertritt er alle Mitglieder und als Kirchensteuerrat entscheidet er über den Haushalt.
Wie nimmt der Kirchengemeinderat diese Aufgaben wahr?
In der neuen Kirchengemeindeordnung vom 1. März 2019 ist der Kirchengemeinderat gestärkt worden: Er ist das Leitungsgremium der Kirchengemeinde. Alle wichtigen Belange einer Gemeinde müssen dort beraten und beschlossen werden. Das hauptamtliche Personal bereitet durch Vorlagen die Entscheidungen vor und berät den Rat fachlich – so wie in den kommunalen Gemeinderäten.
Wer darf wählen gehen?
Alle Mitglieder der Kirchengemeinde ab 16 Jahren dürfen den Kirchengemeinderat wählen. Alle Mitglieder einer Gemeinde für Katholiken anderer Muttersprache ab 16 Jahren dürfen zusätzlich zum örtlichen Kirchengemeinderat den Pastoralrat ihrer Gemeinde wählen.
Wann und wo kann gewählt werden?
Gewählt werden kann am Samstag und Sonntag, 21. und 22. März. Die genauen Öffnungszeiten der Wahllokale finden sich auf den Wahlbenachrichtigungen, die vorab per Post zugestellt wurden, sowie auf den Internetseiten der betreffenden Gemeinden. Wählen können die Wahlberechtigten nur in der Kirchengemeinde, in deren Bereich sie ihren Wohnsitz haben.
Was ist die allgemeine Briefwahl?
Mehr als 80 Prozent der Kirchengemeinden und Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache machen von der besonderen Form der allgemeinen Briefwahl Gebrauch. Viele Gemeindemitglieder haben daher die Wahlunterlagen dieser Tage in ihrem Briefkasten vorgefunden. Auf diese Weise kann man bequem zu Hause wählen und den Wahlbrief mit Stimmzettel und Erklärung in jeden Postbriefkasten oder in den Briefkasten des Pfarramts einwerfen.
Ich habe keine Wahlbenachrichtigung bekommen oder finde diese nicht mehr, was kann ich tun?
Wahlberechtigt sind nur die, die mindestens drei Monate ihren Wohnsitz in einer Kirchengemeinde haben. Da alle Wahlberechtigten in den Wählerverzeichnissen gelistet sind, können sie sich auch mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass im Wahllokal ausweisen und so an der Wahl teilnehmen.
Seit wann gibt es Räte in den Gemeinden und was ist der Unterschied zwischen einem Kirchengemeinde- und einem Pastoralrat?
Die KGO, in der alle Regelungen zum Kirchengemeinderat formuliert sind, feierte 2018 ihr 50-jähriges Bestehen. Da alle fünf Jahre gewählt wird, findet 2020 die elfte Wahl der Kirchengemeinderäte statt. Anders verhält es sich bei den Pastoralräten. In ihnen organisieren sich die 100 Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache in der Diözese. Beispielsweise also Italiener, Kroaten oder Polen. Die Pastoralräte wurden erst ab 2001 gegründet und sie werden dieses Jahr daher zum vierten Mal gewählt.
Wie erfolgt die Vertretung?
Zum einen haben die gewählten Vorsitzenden repräsentative Funktionen. Sie vertreten die Gemeinde bei Veranstaltungen zum Beispiel in der Kommune. Zum anderen sind alle gewählten Rätinnen und Räte Ansprechpersonen für die Gemeindemitglieder und alle Menschen am Ort einer Gemeinde. Wer ein Anliegen hat, wer sich mit einer Idee einbringen möchte, wer etwas anregen oder sich beschweren will, kann sich an ein Mitglied des Kirchengemeinderats wenden und so sein Anliegen in den Rat einbringen oder auf andere Weise einer Bearbeitung zuführen. „Engagiert sich die Kirchengemeinde im Klimaschutz?“, fragt zum Beispiel jemand. Die Rätin oder der Rat kann daraufhin selber Auskunft geben oder an eine kundige Person vermitteln, das Thema kann in die Sitzung eingebracht oder es kann vorschlagen werden, dass im neuen Rat jemand gesucht wird, der sich dieses Themas annimmt.
Was geschieht, wenn in einer Gemeinde mangels Kandidaten kein Kirchengemeinderat gewählt werden kann?
In diesen Kirchengemeinden werden alternativ so genannte Vertretungsgremien benannt. Diese bestehen in Kirchengemeinden mit bis zu 2500 Mitgliedern aus mindestens drei Personen, mit bis zu 6000 Mitgliedern aus mindestens vier Personen und bei Gemeinden mit mehr als 6000 Katholikinnen und Katholiken aus mindestens fünf Personen.
Für welche Kirchengemeinden und Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache trifft dies zu?
In diesen 24 Kirchengemeinden kann nicht gewählt werden: St. Jodok (Ravensburg), Mariä Himmelfahrt Unterankenreute (Schlier), Erlöser Jesus Christus (Kolbingen), St. Vitus Frommenhausen (Hirrlingen), St. Wolfgang Weiler (Rottenburg), St. Briccius Wurmlingen (Rottenburg), St. Anastasia Baisingen (Rottenburg), St. Remigius Gündringen ( Nagold), St. Petrus und Paulus (Pleidelsheim), St. Remigius Dahenfeld (Neckarsulm), St. Maria, Schmerzhafte Mutter Berkheim (Esslingen), St. Michael Neuffen (Neuffen), Zum hlst. Herzen Jesu Bezgenriet (Göppingen), St. Vitus Treffelhausen (Böhmenkirch), St. Martinus Hochdorf (Ummendorf), St. Clemens Betzenweiler (Bad Buchau), St. Michael Igersheim (Igersheim), Zur Hl. Familie Marbach (Marbach am Neckar), St. Michael Feckenhausen (Wellendingen), St. Kilian Markelsheim (Bad Mergentheim), Maria, Hilfe der Christen Esslingen-Mettingen (Esslingen), St. Nikolaus Waldhausen (Aalen), Mariä Himmelfahrt Staig (Staig), Heilig Kreuz Gosheim (Gosheim). Und in folgenden muttersprachlichen Gemeinden kann ebenfalls nicht gewählt werden: Italienische Gemeinde in Vaihingen (Dekanat Ludwigsburg), kroatische Gemeinde im Strohgäu (Dekanat Ludwigsburg), vietnamesische Gemeine Reutlingen (Dekanat Reutlingen).
Wie werden die Vertretungsgremien gebildet?
Vertretungsgremien können auf zwei Wegen gebildet werden: Im ersten Fall ist das bisherige Kirchengemeinderats-Gremium oder sind Teile davon einverstanden, sich befristet weiter in einem Vertretungsgremium zu engagieren.
Im zweiten Fall möchten sich die bisherigen Kirchengemeinderatsmitglieder nicht weiter engagieren. Dann wird bis zum 31. Juli 2020 eine Gemeindeversammlung einberufen. Darin kommen alle interessierten Gemeindemitglieder zusammen und wählen aus ihrer Mitte heraus das Vertretungsgremium. Bei beiden Varianten besteht die Aufgabe des Vertretungsgremiums darin, möglichst bald Neuwahlen des Kirchengemeinderats vorzubereiten. Ist eine Neuwahl bis spätestens zum 31. Juli 2021 indes nicht möglich, so wird eine Gemeindeversammlung einberufen und ein endgültiges Vertretungsgremium gewählt. Dieses ist dann bis zur nächsten Kirchengemeinderatswahl im Jahr 2025 im Amt.