Die Mittagstische der katholischen Kirche in Ludwigsburg bringen nicht nur Menschen aus verschiedenen Generationen, Lebenslagen und Einkommensverhältnissen an einen Tisch, sie begleiten Frauen auf dem Weg in Arbeit und haben sich neuerdings auch die Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Statt in Wegwerfschalen gibt es das coronakonforme to-go-Menü jetzt in umweltfreundlichen Pfandbehältern.
Es ist Mittwoch zwölf Uhr, die Sonne scheint. Die 93-jährige Gertrud Hefner läuft zum fünf Gehminuten entfernten Mittagstisch im Bürgertreff Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim. Das Menü klingt vielversprechend: Vorspeise eine kleine Kartoffelsuppe, Hauptgang Schnitzel Mailänder Art mit Spaghetti und Salat. Im Korb ihres Rollators liegt auf dem Weg zum Mittagstisch neuerdings eine praktische Tasche mit leeren, ineinander gestapelten und transparenten Kunststoffdosen. Seit mehr als zehn Jahren kommt sie, je nachdem, was auf dem Speisplan steht, bis zu dreimal die Woche zum Mittagstisch, montags, mittwochs und freitags. Gerne sitzt sie dort am großen Tisch und unterhält sich mit den anderen Gästen. Corona erlaubt diese Gemeinschaft zurzeit jedoch nicht. Nach dem ersten Lockdown gibt der Mittagstisch sein Essen zum Mitnehmen aus. Zwischendurch konnten die Gäste im genügenden Abstand zueinander vor Ort essen. Seit November ist das Angebot wieder auf „to go“ beschränkt.
Statt Aluschalen gibt es Mehrwegdosen
Gertud Hefner bleibt vor dem eigentlichen Eingang stehen. Ein Tisch in der Tür dient als Tresen für die Essensausgabe. Eine Plexiglasscheibe und die Maskenpflicht sorgen für den Schutz vor dem Virus. Ihre leeren Dosen legt sie in den links aufgestellten Kunststoffkorb. Hinter der Plexiglasscheibe steht eine freundliche Mitarbeiterin vom Mittagstisch-Team, begrüßt die Stammkundin und reicht ihr eine große Dose mit dem Schnitzel und Sauce, eine kleine mit Spaghetti, eine kleine mit Kartoffelsuppe sowie noch eine kleine mit Salat und einem kleinen Gläschen Salatsauce. Außerdem nimmt sie die Vorbestellung für Freitag entgegen. Die vier Behälter packt Gertud Hefner in ihre Tasche und macht sich zufrieden auf den Heimweg. Zuhause wärmt sie das Essen auf dem Herd noch einmal auf, serviert es sich auf einem Porzellanteller und isst. Es schmeckt genauso, wie sie es sich gewünscht hat. Nach dem Essen spült sie, und zwar nicht nur das Geschirr und das Besteck, sondern auch die Dosen. „Bis letzte Woche“, sagt Gertud Hefner, „landeten für jede Mahlzeit vier Aluschalen samt Deckel in der runden Mülltonne. Das muss doch wirklich nicht sein. Wir müssen die Schöpfung bewahren.“
Mittagstisch als Zeichen der Solidarität
Dass der Mittagstisch auch in diesen schwierigen Pandemiezeiten weiterhin gut angenommen wird, darüber freut sich auch Pfarrer Alois Krist, Leiter der Katholischen Kirche in Ludwigsburg: "Gerade in der gegenwärtigen Not der Pandemie und inmitten von kirchlichen Negativ-Schlagzeilen ist dies ein wichtiges Zeichen gelebter und authentischer Solidarität."
Bei der ersten Umstellung auf to go im Frühjahr 2020 hat der Essenslieferant aus der Not heraus nicht mehr jeweils einen großen Thermobehälter für die Suppe, Hauptspeise und die Beillagen geliefert, sondern fertig portionierte Menüs in verschließbaren Alu-Wegwerfschalen. Dass diese Lösung langfristig nicht ökologisch und nachhaltig ist, war klar. Jedoch freuten sich die Gäste und das Mittagstischteam darüber, dass es überhaupt weiterging.
Als der zweite Lockdown kam, haben sich die Leiterinnen der Mittagstische in Grünbühl und Eglosheim, Nicole Weller und Martina Molinski, sofort für eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative eingesetzt. In Grünbühl wurden die Pfandbehälter angeschafft noch bevor die Geschäfte schließen mussten. In Eglosheim ging das nicht ganz so schnell. Da hieß es warten, bis der Händler den Abholservice eingerichtet hat. Seit dem gibt es auch in Eglosheim das Mehrwegsystem, dank der Unterstützung durch den Corona-Nothilfefond der Stadt Ludwigsburg und die Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH.
So hilft der Mittagstisch nicht nur im sozialen Miteinander, sondern ist auch noch nachhaltig.
Der Mittagstisch in Eglosheim und St. Elisabeth
Den Mittagstisch Eglosheim gibt es seit dem 15. März 2004. Er entstand aus dem Projekt „Soziale Stadt“. Man suchte einen Ort des Miteinanders von Jung und Alt. Hierbei kam schnell die Idee mit einem Mittagstisch, denn über ein leckeres Essen bringt man viele Menschen aus verschiedenen Generationen und Lebenslagen gut zusammen.
30 bis 40 Personen jeden Alters kommen in Eglosheim am Montag, Mittwoch und Freitag zum Mittagessen. Alleinstehende, Arbeiter und viele Senioren. Für viele ältere Menschen ist es einer der wenigen Sozialkontakte am Tag. Es werden Neuigkeiten des Ortes und der Menschen ausgetauscht. Es wird nachgefragt, wenn jemand nicht wie üblich zum Essen kommt. Man fühlt sich gut aufgehoben. Der Mittagstisch soll ein Ort für alle sein: Wenn ein Mensch, der gut verdient, mit einem Ärmeren an einem Tisch isst und dadurch ein Gegenüber auf Augenhöhe wird, dann entsteht ein Miteinander, das unbezahlbar ist – für beide Seiten. Seit Januar 2016 ist auch der Weg in Eglosheim zum Mittagstisch kürzer geworden, denn seit diesem Datum gibt es ihn an zwei Öffnungstagen, Dienstag und Donnerstag, auch im Stadteilzentrum.
Den Mittagstisch St. Elisabeth gibt es seit 2009 in Grünbühl. Hier steckt die gleiche Idee dahinter wie beim Mittagstisch Eglosheim.
Kern des Mittagstisches ist ein ausgewogenes Mittagessen, das einer Großküche zubereitet und geliefert wird. Menschen mit Tafelausweis zahlen bei uns einen Euro weniger, damit auch mit kleinerem Geldbeutel niemand von der Gemeinschaft ausgeschlossen sein muss. Neben der Idee der Gemeinschaft beim Essen werden bei den Mittagstischen auch arbeitslose Frauen auf dem Weg in Arbeit begleitet, so dass auch dadurch sich für diese Frauen ihre beruflichen Chancen verbessern.
Ein rundum soziales Projekt also mit zwei Standorten in Eglosheim und einem in Grünbühl.