Gedenken

Modern und konservativ zugleich

Bischof Gebhard Fürst mit dem damaligen Papst Johannes Paul II. Archivbild: DRS

Bischof Gebhard Fürst mit dem damaligen Papst Johannes Paul II. Archivbild: DRS

Wer heute in der Kirche arbeitet und über 50 Jahre alt ist, für den ist er der Papst: Johannes Paul II. Am 18. Mai wäre er 100 Jahre alt.

Johannes Paul II. war von 1978 bis 2005 Oberhaupt der Katholischen Kirche, solange wie kaum ein anderer Papst und so weltweit präsent wie keiner seiner Vorgänger.

Johannes Paul II., bürgerlich Karol Wojtyla, ist ein Papst der Superlative. Noch nie ist ein Papst so viel gereist. 104 Auslandsreisen haben ihn in 129 Länder geführt. Seit fast 500 Jahren war er der erste Nicht-Italiener auf dem Stuhl Petri. Noch nie hat ein Papst die Versöhnung mit anderen Religionen so weit vorangetrieben wie er.

Kein Papst hat so viele Heilige und Selige proklamiert, 1.800 insgesamt. Und in Rekordzeit wurde er selig- und heiliggesprochen, nach sechs beziehungsweise neun Jahren. Als eine Art Medienstar nutzte er die modernen Kommunikationskanäle wie kein anderer. Die Bilder vom Papst als Bergsteiger oder Skifahrer sind unvergessen.

Bischof Fürst traf den Papst 2005 im Vatikan

Deutschland besuchte Johannes Paul II. drei Mal, 1980, 1987 und 1996. In die Diözese Rottenburg-Stuttgart kam er nicht. Dafür war Bischof Gebhard Fürst 2005 bei ihm zu Gast, als der Papst schon von seiner schweren Krankheit gezeichnet war.

Johannes Paul II. war ein politischer Papst, nicht allein durch seine weltweite Präsenz. Mit seinem ausgeprägten Freiheitswillen unterstützte er Anfang der 1980er-Jahre den Widerstand in Polen, seinem Heimatland. Er läutete damit das Ende der Sowjetherrschaft im Osten ein.

Seine polnische Herkunft prägte auch seine tiefe Frömmigkeit. Kritiker werfen ihm vor, dass sie ihn daran gehindert hat, rechtzeitig Reformen in der Kirche zuzulassen. Schon ein Jahr nach seinem Amtsantritt entzog die Glaubenskongregation dem Tübinger Theologen Hans Küng die Lehrerlaubnis.

Weitere kritische Theologen, gerade Vertreter der Theologie der Befreiung in Lateinamerika, wie Leonardo Boff, wurden von ihm gemaßregelt. Das war auch für andere kritische Theologen in der Kirche ein Signal, mit ihren Positionen nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.

Eine Weiterentwicklung der Kirche, so die Kritiker von Johannes Paul II., sei in dieser langen Phase der Kirchengeschichte zwar notwendig, aber von Johannes Paul II. nicht vorangetrieben worden. Er verkörperte damit ein zugleich modernes wie konservatives Papsttum.

Er wurde zur Identifikationsfigur für Alte und Leidende

Trotz seiner Parkinson-Erkrankung ab dem 74. Lebensjahr, die ihn in den Rollstuhl zwang, absolvierte Johannes Paul II. ein riesiges Arbeitspensum. Das Sprechen fiel ihm zunehmend schwer. In all seiner Gebrechlichkeit zeigte sich der Papst bei zahlreichen Audienzen und vor laufender Kamera. Er wurde damit zur Identifikationsfigur für alle, die alt sind und leiden. Krankheit, so die Botschaft der letzten Bilder des kranken Papstes, gehört zum Leben.

Papst Johannes Paul II. ist und bleibt für viele das Gesicht der Katholischen Kirche und ein ganz großer Heiliger.

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