Konzert

Musikalische Gottesbegegnungen

Die Junge Philharmonie versammelt die talentiertesten Musikerinnen und Musiker im Alter von zwölf bis 24 Jahren aus der Region Ostwürttemberg. Foto: JPO

Wie Gott Menschen aus Lebenskrisen führt, erzählt Lukas Hadinger in seiner Offenbarungssinfonie. Die Junge Philharmonie Ostwürttemberg führt sie auf.

Man kennt das - aus dem Kollegen- oder Freundeskreis, der Familie, vielleicht sogar aus dem eigenen Leben: Scheitern, Rückzug, Resignation; der eine spürt eine innere Trockenheit und Wüste, andere sind auf der Flucht, in ganz unterschiedlicher Form. Doch dann ist da plötzlich ein Anstoß, ein Wink oder ein Weckruf, der Veränderung bringt. Ein Fingerzeig Gottes? - Solche menschlichen Erfahrungen hat der junge Musiker und Komponist Lukas Hadinger in der Offenbarungssinfonie vertont.

„Das Thema sind Begegnungen von Gott und den Menschen im Alten Testament, in denen sich die Protagonisten in einer tiefen Lebenskrise befinden", erzählt Lukas Hadinger. „In dieser Krise offenbart sich Gott dem Menschen - jedes Mal in einer anderen Form - und ein psychischer Reifeprozess wird initiiert." Diese Menschen - etwa Jakob, Mose oder Elija - finden neuen Lebenssinn, schöpfen neue Kraft und können wieder aufstehen aus dem seelischen Tief und weiterleben. „Das sind sehr interessante Geschichten - uralt, aber bei näherer Betrachtung immer noch aktuell", findet Hadinger. Heute würden die Protagonisten vielleicht Jan, Mia oder Emma heißen.

Wie das klingt, lässt sich beim Frühjahrsprojekt der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg (JPO) erleben. Das Projektorchester, das sich aus einer Auswahl der talentiertesten Musikerinnen und Musikern der Region Ostwürttemberg zusammensetzt, bringt Hadingers Offenbarungssinfonie zu Gehör. Viele der aktuell über 80 Mitglieder sind Schülerinnen und Schüler an einer der 14 kommunalen Musikschulen der Landkreise Ostalbkreis und Heidenheim.

Kraftspendende Gottesmelodie

„Im Herbst 2018 fragte mich mein damaliger Religionslehrer Klaus Schützinger, ob ich beim Wettbewerb 'Christentum und Kultur' mitmachen wolle", erinnert sich Lukas Hadinger. „Zusammen haben wir uns dann das Thema 'Gottesbegegnungen in alttestamentlichen Bibeltexten - theologisch reflektiert - musikalisch umgesetzt' überlegt und vier Erzählungen ausgewählt." Hadingers Komposition fand Anklang und wurde 2020 mit einem Sonderpreis prämiert. In den folgenden beiden Jahren reifte sie durch tiefgreifende Überarbeitungen zu der jetzt aufgeführten Fassung heran.

Im Mittelpunkt der Offenbarungssinfonie steht die „Gottesmelodie". Sie wird bereits im Vorspiel der Komposition, das von der Schöpfungsgeschichte handelt, entwickelt. Analog zum Sechstagewerk der Schöpfung, die in Finsternis beginnt, entwickelt Hadinger das Thema, steigert es in sechs Stufen, um dann wieder zur Ruhe zu kommen, dem siebten Tag. Die vier Sätze der Sinfonie handeln von Gottesbegegnungen: Jakob schaut die Himmelsleiter; Jakobs Kampf am Jabbok; Mose am brennenden Dornbusch; Elija am Horeb. Die Gottesmelodie ertönt immer dann, wenn es zur Begegnung von Gott und Mensch kommt.

Eine Entdeckungsreise

Seit sechs Jahren spielt Lukas Hadinger in der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg. Seine musikalische Ausbildung begann er 2010 beim Musikverein Herlikofen an der Klarinette; außerdem spielt er Klavier, Saxophon und - mit besonderer Hingabe - Fagott. Im Alter von 15 Jahren begann er Kompositionsunterricht zu nehmen. „Ich komponiere mit dem PC", erklärt der 21-Jährige. Moderne Technik macht das Werk schon im Entstehen hörbar. Aber: „Der PC spielt nur Töne; erst mit dem Orchester ist es Musik!" Hadingers Musik, sein Spiel mit der Fülle der Klangfarben der Orchesterinstrumente, erweckt die alten biblischen Erzählungen, die Gefühle der handelnden Personen, zu einem neuen Leben.

Wie ein neues Leben ist jedes der Projekte der JPO: Bedingt durch die höhere Fluktuation - wenn Musikerinnen und Musiker die Schule oder Ausbildung beenden und in eine andere Region wechseln - habe er es jedes Mal mit einem neuen Orchester zu tun, erzählt Chefdirigent Uwe Renz. „Eine Herausforderung." Und zugleich „eine Entdeckungsreise", die schön und faszinierend ist: „Wir bringen ein künstlerisches Baby auf die Welt", beschreibt Renz seine Arbeit auch mit Blick auf Hadingers Offenbarungssinfonie, die er als „großartig und gut durchdacht" würdigt. Eine Woche lang wurde auf Schloss Kapfenburg intensiv geprobt.

Trotz der coronabedingten Einschränkungen der vergangenen Jahre habe sich die Junge Philharmonie „zu einem ausgewachsenen Sinfonieorchester entwickelt, das als kulturelle Besonderheit in der Region Ostwürttemberg nicht mehr wegzudenken ist", freut sich der Landrat des Ostalbkreises, Dr. Joachim Bläse, der auch 1. Vorsitzender des JPO e.V. ist. Bei der Uraufführung der Offenbarungssinfonie gab es Standing Ovations des Publikums.

 

Info

Das Frühjahrsprojekt der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg ist noch
am Samstag, 22.04. um 20 Uhr in der Kochertalmetropole Abtsgmünd und
am Sonntag, 23.04. um 18 Uhr im Stadtgarten Congress Centrum Schwäbisch Gmünd
zu hören. Auf dem Programm stehen die Ouvertüre von „Die Geschöpfe des Prometheus", op. 43 von Ludwig van Beethoven und die Offenbarungssinfonie von Lukas Hadinger mit Werkeinführung durch den Komponisten.

Info und Tickets (19 Euro, ermäßigt 12 Euro) unter https://www.jpo-w.de/ und unter Telefon (07363) 96 18 17 und an allen CTS-Vorverkaufsstellen sowie an der Abendkasse.

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