Nach mehreren Wochen Lieferzeit ist die mit Spannung erwartete, neueste technische Errungenschaft nun einsatzbereit: Im Gemeindesaal von St. Paulus Künzelsau steht ein interaktives Whiteboard. Das hauptamtliche Team ist seit wenigen Tagen dabei, die Funktionsmöglichkeiten kennenzulernen. Der große Bildschirm, auf dem sich Anwendungen per Fingerdruck steuern lassen und auf dem sich digital schreiben lässt, soll neue Formen der Gemeindearbeit erleichtern.
Der mobile Bildschirm kann als interaktives Flipchart für den Saal und die weiteren Besprechungsräume fungieren. Das Videokonferenzsystem des Whiteboards hilft künftig bei der Ausrichtung von Online-Treffen und Online-Kursen. Verschiedene Formate sind für Pfarrer Adrian Warzecha vorstellbar. „Wir experimentieren und probieren aus, was ankommt“, sagt er.
Ein Experiment hat sich mittlerweile gut etabliert: Jeden Dienstagabend treffen sich Gemeindemitglieder per Zoom zu einer Gesprächsrunde mit Impuls und Segen. Der „Online-Kirchplatz“ startete zunächst als Reihe für den Advent, fand dann aber wegen des Zuspruchs und des anhaltenden Lockdowns eine Fortsetzung.
Experimentierfreudiges Team
Auch alle Sitzungen des Kirchengemeinderats finden seit Herbst online statt. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser“, beschreibt Warzecha die Anfänge und den Lernprozess. Mittlerweile gehören Online-Treffen in der Gemeinde zur Routine. Warzecha stellt fest: „Fast täglich sitze ich in einer Videokonferenz.“
„Das Team ist digital-affin und experimentierfreudig. Jeder bringt kreative Ideen ein“, erklärt Saskia Pihaly. Sie unterstützt die Seelsorgeeinheit seit November bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Arbeit mit neuen Medien.
Da sich zum Beispiel für die Kommunionvorbereitung die Gruppen nicht treffen können, bekamen die Kinder schriftliche Anleitungen und QR-Codes zugeschickt. Diese führen zu kurzen Clips, in denen zwei Ministranten und Geschwister den Kommunionkindern den Ablauf eines Gottesdienstes erklären – beginnend mit dem Kreuzzeichen beim Betreten der Kirche.
Technikinteressierte gesucht
Die demnächst erscheinende Osterausgabe des Kirchenmagazins der Seelsorgeeinheit wird das analoge Printformat ebenfalls mit der digitalen Welt verschränken. So wird im Editorial wiederum ein QR-Code zu einem Ostergruß-Video leiten.
Um künftig noch verstärkter mit Videos arbeiten zu können, baut die Seelsorgeeinheit ein Technikteam auf. „Jeder, der Lust darauf hat, kann mitmachen“, sagt Pihaly. Ein Pool an Leuten solle sich zusammenfinden. Derzeit bilden drei Ministranten den Kern. Außerdem unterstützt Jonathan Oberndörfer die Seelsorgeeinheit, indem er sich immer wieder in neue Technik einarbeitet. Der 20-Jährige macht seit September ein Freiwilliges Soziales Jahr.
Digitale Begegnungsmöglichkeiten bieten laut Warzecha gerade im ländlichen Raum, wo Mobilität immer ein Thema sei, Vorteile. Er wisse zudem von Familien, die in häuslicher Quarantäne steckten und dank Videokonferenz dennoch keine Sitzung verpassten. Und der eine oder andere sei einfach nur froh gewesen, dass ihm Fahrten in der Winterdunkelheit erspart geblieben seien.
Digitale Formate werden daher auch über die Corona-Zeit hinaus fortbestehen – dann als Ergänzung und Erweiterung realer Treffen. Denn persönliche Begegnung bleibt trotz allem so etwas wie der Goldstandard. Warzecha sagt: „Natürlich würden wir uns gern in Präsenz treffen. Wir können es nicht mehr erwarten, wann das wieder möglich sein wird.“
Visualisierungshilfe im Gottesdienst
Die Digitalisierung ist nicht nur Corona geschuldet. In die Richtung wäre die Seelsorgeeinheit sowieso gegangen, erklärt Diakon Wolfgang Bork. Noch aus der Zeit vor Corona stammen beispielsweise die Überlegungen, den Gemeindesaal mit neuer Präsentationstechnik aufzurüsten. Aufgrund der neuen Erfordernisse fiel die Wahl dann auf ein Whiteboard. Dieses konnte die Seelsorgeeinheit auch dank einer Förderung der Bischöflichen Medienstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart für Projekte zum Thema „Hybride Kirche“ anschaffen.
Präsentationstechnik gibt es bereits seit September in der Kirche St. Paulus. „Ich wollte zum gesprochenen Wort eine Möglichkeit der Visualisierung haben“, sagt Warzecha. Dafür wurde ein leistungsfähiger Beamer fest installiert. In der Kirche funktioniere das sehr gut, wie der Pfarrer erklärt, da der Innenraum des in den 1960er Jahren errichteten Gotteshauses sehr nüchtern und karg gehalten ist.
Macht es überhaupt Spaß, sich mit den vielfältigen, technischen Möglichkeiten zu beschäftigen, die es heute gibt? „Ja“, antwortet der Pfarrer, „wenn man auch die Zeit dafür findet.“