Die Gemeinde Roigheim zählt ca. 1400 Einwohner. Wenn man in den Ort hineinkommt lässt sich zunächst die schöne, an einer Anhöhe gelegene evangelische Kirche erblicken, deren Geschichte bis ins Mittelalter hineinreicht. An ihrem Bau lassen sich die einzelnen Geschichtsetappen der Spätgotik, des Barocks und der Neoromantik erkennen. Fasziniert von dieser malerischen Baukonzeption des Ortes sucht man indessen länger nach der versteckten, kleinen, katholischen Kirche St. Johannes. Sie wurde 1953 erbaut. Sie diente vor allem den Vertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg nach Deutschland zwangshalber umsiedeln mussten. Hier fanden sie ihre erste Heimat – die Kirche war ein Hafen der Hoffnung und des Trostes. Nicht zuletzt war es so durch das regelmäßige, vertraute Glockengeläut, das zum Gebet einlud.
Nicht bekannt war den Katholiken, dass ihre Kirchenglocke eigentlich aus einer Kirchengemeinde im heutigen Tschechien stammt, aus einer kleinen Filialkirche in Hnojnik, das zu Dolní Třanovice (Niedertrzanowitz) gehört. Mit seiner Ortsgeschichte ist Hnojnik mit Roigheim sehr gut zu vergleichen. Es zählt etwa 1500 Einwohner und wird zum ersten Mal im 15. Jahrhundert als Siedlung mit diesem Namen erwähnt. Ähnlich wie Roigheim war es längere Zeit Sitz eines Adelsgeschlechtes. Die Filialkirche in Hnojnik ist Maria Himmelfahrt geweiht.
Dank des Projekts „Friedensglocken für Europa“ wurden alle Glocken auf dem Gebiet der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die eine ähnliche Geschichte aufgrund des Ausbruchs des zweiten Weltkrieges haben (nachzulesen auf www.drs.de/friedensglocken) kenntlich gemacht. Sie werden nun durch einen Neuguß ersetzt, um später ihrer ursprünglichen Gemeinde wieder rückgeführt zu werden.
So war es ein großes Zeichen, dass dieses Anliegen nicht nur hier in Roigheim, sondern auch in der tschechischen Ursprungsgemeinde einen großen Anklang findet. Zu der Glockenweihe am 30. Juli kam eine Delegation aus Třanovice mit dazu. Sie haben den weiten Weg auf sich genommen, um teilzunehmen an dieser Weihehandlung und um mit den Mitgliedern der Gemeinde Roigheim/Möckmühl in Kontakt zu kommen.
Es waren acht Personen: Dekan Pfarrer Rudolf Sikora, Monsignore Stepan Klocek, Ministrant Stanislav Rylko, Lenka Kohutova, Ruzena Rylkova, Miroslav Lejka (stellvertretender Ortsvorsteher), Ehepaar Ovcariov.
Die Weihe der Glocke nahm Domkapitular Dr. Uwe Scharfenecker vor. Als Konzelebranten waren Pfarrer Dr. Reji John (Gemeinde Möckmühl) und beide Geistliche aus Tschechien mit dabei. Der Platz am Altar konnte gerade noch diese Anzahl von Personen fassen.
Die Glocke thronte vorne in der Mitte – schön und geschmackvoll verziert. Auf der Vorderseite ist die neue Glocke mit der Abbildung der Roigheimer Kirche verziert. Darunter schmückt sie die Inschrift: „Ich läute für den Frieden in Europa und in der Welt“.
Auf der anderen Seite ist das Motiv, das alle Friedensglocken verbindet angebracht – ein Entwurf des italienischen Künstlers Massimiliano Pironti. Es stellt zwei sich im Flug aufeinander zu bewegende Tauben, die einander den Olivenzweig als Zeichen der Versöhnung reichen. Ebenso verbindet alle Friedensglocken das Gebet im Inneren des Sternenkranzes:
„Ich erbete Versöhnung und Frieden für Europa durch Jesus Christus unseren Herrn, den Friedensfürst“ in lateinischer Sprache.
In froher Runde traf man sich nach dem Gottesdienst und alle waren interessiert daran, mehr voneinander zu erfahren, sich auszutauschen und einander besser kennenlernen. Die Bande der Freundschaft wurden auch im weiteren Programmpunkt, der Besichtigung von Möckmühl, sowie beim gemeinsamen Abendessen weiter geknüpft.
Dekan Pfarrer Rudolf Sikora war sichtlich erfreut über die Aussicht, bald in seiner Kirche eine weitere Glocke anbringen zu können. Ursprünglich hingen auf dem Turm vier Glocken, die jedoch im zweiten Weltkrieg, bis auf eine, abgenommen wurden. Es wird ein großes Fest für die ganze Gemeinde werden – freute er sich. Sein Begleiter, Monsignore Stepan Klocek, sprach ein einwandfreies Deutsch, weil er regelmäßig in Österreich Vertretungen als Priester vornimmt.
Die Teilnahme der evangelischen Geschwistergemeinde an diesem Ereignis unterstrich die Anwesenheit und Grußwort verbunden mit Überreichung eines kleines Geschenkes von Seiten der evangelischen Pastorin der evangelischen Gemeinde Roigheim. Es sei ein wichtiges Datum für den Ort, für beide christlichen Gemeinden und für alle Bewohner.
Zeichen der Versöhnung sind in der aktuellen Weltlage nötiger als je. Wie gut, dass es diese gibt – heute und jetzt – in der Gemeinde Roigheim und Hnojnik/Třanovice, dank der Initiative der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit Bischof Dr. Gebhard Fürst.