750 Jahre Ottenbach: „Eine unvorstellbare Zeit" und wechselhaft - „in der großen Weltgeschichte, aber auch im Dorf, mit all den Schwierigkeiten und Herausforderungen wie Kriege, Hungersnot und Pest, aber auch mit Zeiten der Freude und des Aufbruchs", sagte Waldemar Wrobel, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Mittleres Filstal, zu der die Kirchengemeinde St. Sebastian Ottenbach gehört. Eng verwoben und vernetzt sei die Geschichte des Dorfes in der Geschichte der Kirchengemeinde. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die älteste Urkunde, die als Quelle dieses und einiger weiterer 750-Jahr-Ortsjubiläen in der Region dient, ein Verzeichnis des Klosters Konstanz aus dem Jahr 1275 mit den Einkünften seiner Pfarreien ist. Neben den Großereignissen des Dorfes seien es „ganz persönliche Geschichten, die uns mit unserem Dorf und mit unserer Kirchengemeinde verbinden“ - die Taufe, die Trauung, der Abschied von einem verstorbenen Angehörigen. „Heute wollen wir danken, dass Gott die wechselhafte Geschichte unseres Dorfes in den 750 Jahren geprägt hat, durch die Generationen geführt und geleitet hat, in Friedens- und Kriegszeiten“, so Wrobel.
Nicht der Stärke trauen, sondern der Gemeinschaft

Die Gemeinschaft in den Vordergrund stellen
Den einleitenden Gedanken, dass „wir Menschen ein Teil der fortführenden Geschichte unserer Gemeinde sind“, mit allen Höhen und Tiefen, und dass sich Christen Sonntag für Sonntag versammeln, „um Gott in unseren Alltag einzuladen“, griff Weihbischof Karrer in seiner Predigt auf. Zu diesem Alltag und zum menschlichen Dasein überhaupt gehörten Konflikte und Auseinandersetzungen „ganz normal dazu“. Das Christliche bei diesen Auseinandersetzungen sei, dass man nicht beim Trennenden stehen bleibe, sondern immer wieder neu beginne, „aufeinander zuzugehen und Wege der Versöhnung und des Miteinanders zu gehen“. Gerade in einer Zeit wachsender Unsicherheit, „wo man schnell dabei ist, auf den eigenen Vorteil zu schauen“, sei es wichtig, den Blick zu weiten und darauf zu achten, „dass niemand ausgeschlossen wird, dass alle dazugehören“. Christen könnten Brückenbauer sein - „zwischen Kulturen und Nationen, zwischen Generationen und Überzeugungen, zwischen Konfessionen und Religionen“, sagte Karrer. „Es geht darum, den Zusammenhalt, die Gemeinschaft in den Vordergrund zu stellen; es geht darum, nach dem zu suchen, was uns verbindet und trägt, eint und hält - gerade auch dann, wenn es schwierig und herausfordernd wird.“
Persönliche Beziehungen als gesellschaftlicher Kitt
Die christliche Botschaft biete eine gute Zukunftsperspektive. Die Zusage Gottes - „Du bist meine geliebte Tochter, du bist mein geliebter Sohn“ -, die jedem Menschen in der Taufe mitgegeben sei, „einfach so, ohne Leistungsnachweis, und auf die wir als Gemeinde gegründet sind“, sei eine ganz andere Grundlage, „als wenn man darauf schauen muss, wer der Bessere, der Stärkere, der Schnellere, der Mächtigere ist“. Die Macht des Stärkeren, der primitiv um sich greift, stelle eine „ermahnende Herausforderung an uns alle“ dar, eben nicht der Stärke zu trauen, sondern der Gemeinschaft. „Gemeinschaftliches Miteinander ist die wahre Stärke in einem Dorf und in einer Kirchengemeinde“, sagte Karrer. Nicht das egoistische Schauen und eigenes Machtstreben, sondern das Hineingeben, das demütig Dienen, für alle da zu sein, bilde die Grundlage, um „als Dorf, als Kirchengemeinde, als Raumschaft gemeinsam die Zukunft zu gestalten“.
Das Engagement vieler Ehrenamtlicher in den Vereinen und Gruppen im Dorf, gerade auch „dasjenige, über das nicht geredet wird und nichts im Amtsblatt zu lesen ist“, die persönlichen Beziehungen zwischen den Menschen, die Versöhntheit bei aller Verschiedenheit und das gemeinsame Bewusstsein, dass man gemeinschaftlich mehr bewegen kann als jeder Einzelne, das mache „den wirklichen Kitt in unserer Gesellschaft, in unseren Dörfern“ aus, sagte der Weihbischof. Gottes Segen und „das Gefühl, getragen zu sein von der Zusage Gottes: Ich bin eins mit euch, ich trage euch in allen Herausforderungen des Lebens mit“, gab er der feiernden Gemeinde mit auf den Weg.