Brauchtum

Nikoläuse als Papst und Kardinäle

Nikolaus und Ruprecht im Wohnzimmer vor dem Adventskranz

In Kißlegg im Allgäu besuchen Nikolaus und Knecht Ruprecht die Familien - Foto: Nikolausvereinigung Kißlegg

In Kißlegg besuchen die irdischen Vertreter des Heiligen mit je einem Knecht Ruprecht die Kinder und organisieren sich in Konzilien.

Die Kißlegger Nikoläuse nehmen ihre bischöfliche Rolle ernst. Selbstverständlich erscheinen sie mit Mitra und Bischofstab bei den Familien, die sie über ein modernes Ticketsystem gebucht haben. Mit dem langen, weißen Bart im Gesicht erzählen sie den Kindern von dem bekannten Heiligen aus Kleinasien, der vor etwa 1.700 Jahren lebte. Manche der Geschichten im goldenen Buch übertragen die Nächstenliebe des Wohltäters auch in heutige Zeit. "Wir genießen es, dass wir wieder in die Häuser dürfen", freut sich Florian Schneider über die Nach-Corona-Zeit. Ein zunehmender Trend sei, dass mehrere Familien gemeinsam den Nikolausabend feiern.

Nicht ganz so ernst ist die Organisation und die Hierarchie innerhalb der nicht eingetragenen Kißlegger Nikolausvereinigung. Für Neueinsteiger beginnt die mindestens zweijährige Lehrzeit als Knecht Ruprecht - "um ein Gefühl dafür zu bekommen", wie Florian Schneider es sagt. Es gebe auch Amtsprüfungen im einhändigen Nüsseknacken oder im Nikolausliedersingen. "Ich bin inzwischen Kardinal", erklärt der Bischofsdarsteller. Zu einem solchen wurde er nach 25 Jahren aktiver Mitgliedschaft gekürt. Papst sei bisher nur Colle I. Wann die Vereinigung innerhalb der Kißlegger Kolpingsfamilie entstand, ist laut Florian Schneider unklar.

Geschenke gibt es für alle Kinder

Die Kolpingsfamilie stellt heute die sechs Paare aus Nikolaus und Ruprecht, die in Kißlegg selbst unterwegs sind. Die Außenorte besuchen vier Paare der Landjugend (KLJB). Wegen sehr starker Nachfrage würden sich die Nikoläuse über Zuwachs freuen. Die Vorbereitungen beginnen mit dem Vorkonzil im November und gehen mit dem Verteilkonzil am 4. Dezember in die heiße Phase. Wenn tags darauf gegen 20 Uhr alle Kinder die Geschenke der Eltern oder, wenn diese es sich nicht leisten können, auch Mandarinen und Nüsse aus dem Nikolausfundus erhalten haben, treffen sich Nikoläuse und Ruprechte zum gemeinsamen Essen in einer Wirtschaft.

Auch wenn es beim Nachkonzil bisweilen feucht-fröhlich zugehen könne, wie Florian Schneider gesteht, sollten die Darsteller spätestens am Abend des 6. Dezember wieder fit sein. Denn dann kommen die Nikoläuse, die keine kleineren Kinder (mehr) haben, zu den Familien der Kollegen. So können diese als Väter dabei sein und die Kleinen bekommen nichts von ihrer bischöflichen Rolle am Vortag mit. Neben Regenwetter seien Kinder, die gerade mit Geigenunterricht begonnen hätten, die größte Herausforderung, plaudert Florian Schneider aus dem Nähkästchen. Aber auch das meistern die ehrenamtlichen Nikoläuse mit der Güte ihres großen Vorbilds.

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