Wallfahrt

Ohne das Kreuz fehlt die Mitte des Glaubens

Das Kreuz zu verehren, das auf die Erlösung der Menschen durch Jesus Christus verweist, steht im Mittelpunkt des Heilig-Kreuz-Festes. Prälat Rudolf Hagmann (vorne links) und Dekan Ulrich Kloos spendeten mit den Kreuzreliquien aus Wiblingen und Gögglingen zahlreichen Pilgerinnen und Pilgern den Segen. Foto: drs/Jerabek

Einen Segen für Reiterinnen und Reiter und tiefgründige Impulse zum Pilgern und zum Geheimnis des Kreuzes gab es beim Heilig-Kreuz-Fest in Wiblingen.

Die offenen Arme und Hände Jesu, die am Kreuz sichtbar sind und die als liebende Umarmung Gottes das Ziel menschlichen Pilgerns sind, stellte Festgast und Zelebrant Prälat Rudolf Hagmann in den Mittelpunkt seiner Predigt. Im Zeichen des Kreuzes zeige sich die unendliche Liebe, „die offen ist für alle“. Im offenen Herzen Jesu finde alles Platz, was ein menschliches Herz bewegt und erleidet. In den Wunden Jesu werde aber auch sichtbar, zu „welch abgründiger Gewalt wir Menschen in der Lage sind“, und manchmal wolle man wegschauen „und das Böse in uns und um uns nicht sehen“, sagte der frühere Domkapitular.

Hagmann erinnerte in diesem Zusammenhang an die Novelle „Die Schächer ohne den Herrn“ von Reinhold Schneider. Die Erzählung führt in das Jahr 1566, als bei einem Aufruhr in Flandern Heiligtümer geschändet wurden; bei einer alten, lebensgroßen Kreuzigungsgruppe stießen die Bilderstürmer das mittlere Kreuz um, ließen aber die Kreuze der Schächer links und rechts stehen, hinterließen somit eine Kreuzigungsgruppe, „wo die Mitte fehlt“. „Wohin soll denn der Schächer schauen, der um Erbarmen bittet, wenn da niemand in der Mitte ist? Wohin richtet sich der Spott und Hohn des anderen, wenn da niemand in der Mitte ist“, fragte der Festprediger. „Wie wichtig ist es, dass die Mitte da ist, dass die Mitte ein Gesicht hat! Dass wir aufschauen können und hinschauen können!“

Nicht der Weg ist das Ziel...

Eine Absage erteilte Hagmann als erfahrener Pilgerseelsorger der gern bemühten Floskel, wonach der Weg das Ziel sei. „Der Weg ist nicht das Ziel – der Weg hat ein Ziel“, sagte Hagmann, der sich darin mit dem langjährigen und inzwischen emeritierten Erzbischof von Santiago, Julián Barrio Barrio, einig ist. „Als ob es ein Ziel sein könnte, immer nur zu gehen, immer nur unterwegs zu sein…“ Gewiss sei der Weg zu den vielen Pilgerorten faszinierend und wichtig, aber wer wolle nicht auch „ankommen an dem Ort, zu dem er unterwegs ist, und viel mehr noch: Wer möchte nicht angekommen sein und das Gefühl haben: Ich komme an, ich bin erwartet, ich bin gewollt, ich bin geliebt?“ Das Ankommen-wollen sei ganz tief eingraviert in jedes menschliche Herz.

Jesus Christus ist das Ziel

Und: „Wenn wir pilgern, dann pilgern wir nicht zu Knochen oder zu Holzsplittern oder zu Blutstropfen“, sondern jeder Pilgerweg sei letztlich „ein Weg hin zu IHM“. Pilgern bedeute, „immer wieder aufzubrechen und hinzugehen zu IHM, der für uns Weg ist, der für uns Wahrheit ist, der unser Ziel ist – Jesus Christus ist das Ziel“, sagte Hagmann und erinnerte an Nikodemus im Evangelium, der immer wieder das Gespräch mit Jesus suchte. Mit Jesus ins Gespräch zu kommen und alles mitzubringen, was das Herz beschwert oder auch froh macht – „das ist der tiefste Sinn des Pilgerns: dass wir bei Jesus ankommen und tatsächlich erfahren: Er erwartet uns; er begrüßt uns.“

Das Fest der Kreuzerhöhung erinnere daran, „dass wir Menschen aufschauen können zu IHM und erfahren können: Wir werden erwartet. Bei DIR kommen wir an“, sagte Prälat Hagmann. „Woher wir auch immer kommen und wie wir auch immer daherkommen: Schauen wir auf IHN und lassen uns das sagen, dass wir immer willkommen sind, und dass ER, Christus, wirklich unser Herr ist.“

Musiker inmitten der Gemeinde

Musikalisch gestaltet wurde der Festgottesdienst vom Kirchenchor Langenau und dem Basilikachor Wiblingen unter Leitung von Ulrike Blessing, der Solistin Maria Rosendorfsky sowie Instrumentalisten des Philharmonischen Orchesters Ulm unter Leitung von Marion Kaßberger. Inmitten des Kirchenschiffes als Teil der feiernden Gemeinde brachten die Musikerinnen und Musiker die „Missa Fede Raggiante“ von Timo Handschuh eindrucksvoll zu Gehör. Die „Messe des erstrahlenden Glaubens" ist das jüngste Werk des 1975 im Schwarzwald geborenen Dirigenten und Komponisten, der von 2011 bis 2021 Generalmusikdirektor am Theater Ulm war und seit 2023 die Professor für Dirigieren und musikalische Einstudierung an der Hochschule für Musik und Tanz Köln inne hat.

Vor der Festmesse brachten der Zelebrant Rudolf Hagmann und Dekan Ulrich Kloos als gastgebender Pfarrer den in der Heilig-Kreuz-Kirche in Gögglingen verwahrten Kreuzpartikel in einer festlichen Reiterprozession nach Wiblingen, wo die teilnehmenden Reiterinnen und Reiter dann mit diesem und mit dem in der Basilika aufbewahrten Partikel gesegnet wurden. Die festliche Musik, eine große Zahl an Ministranten, die Teilnahme von Mitgliedern des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und die umsichtige Organisation der Reiterprozession durch Christoph Raiber und sein Helferteam machten das Heilig-Kreuz-Fest einmal mehr zu einem Fest für alle Sinne.

Mit Gottes Segen fest im Sattel - Teilnehmerinnen von 2023 berichten

Weitere Nachrichten

Kirchenentwicklung
Am 19. Oktober treffen sich beim Gründergeist Gipfeltreffen in Hochstetten bei Karlsruhe Christen, die Kirche frisch denken wollen.
Weiterlesen
Bischof
Am 1. Dezember 2024 wird Klaus Krämer zum Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart geweiht. Feierliches Pontifikalamt im Rottenburger Dom.
Weiterlesen