Katholikentag

Ohne Engagement keine Kirche

Weihbischof Matthäus Karrer, Gabriele Denner und Malu Dreyer. Bild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Eva Wiedemann

Weihbischof Matthäus Karrer und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer diskutierten über die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements.

Mit auf dem Podium im Haus der Wirtschaft saß auch der Sozialwissenschaftler Professor Dr. Paul-Stefan Roß. Er stellte fest: "Ohne Engagement gibt es die Kirche nicht." Das Ehrenamt sei somit existentiell für die Kirche. Ein paar Zahlen zum Einstieg – gerechnet auf das gesamte ehrenamtliche Engagement in der Gesellschaft: Am meisten ehrenamtlich engagiert sind die 30- bis 49-Jährigen, gefolgt von den 14- bis 29-Jährigen; erst danach folgen die älteren Generationen. Fast 40 Prozent der Deutschen engagieren sich ehrenamtlich. Das ehrenamtliche Engagement ist somit ein hohes Gut in der gesamten Gesellschaft.

Vielfalt des Ehrenamts erkennen und kirchliche Hemmnisse abbauen

Es gelte im Hinblick auf das Ehrenamt "die Zeichen der Zeit" zu erkennen, forderte Professor Roß. Das bedeute nicht, dem Zeitgeist nachzurennen, sondern die Vielfalt des Engagements – von der Mitgliedschaft im Kirchengemeinderat bis hin zum Einsatz für "Fridays for Future"  – im Blick zu haben. Zudem gelte es, ein breites Bild von Kirche zu haben und spezifische kirchliche Hemmnisse abzubauen. "Das bedeutet konkret, Macht abzugeben. Menschen, die sich engagieren, müssen Gestaltungsspielräume haben", so der Sozialwissenschaftler. Schließlich dürfe Kirche sich auch nicht nur mit sich selbst beschäftigen. "Die Glaubwürdigkeit von Kirche zurückzugewinnen, ist kein Selbstzweck", so Roß. "Engagement zu fördern und ihm Raum zu geben, ist nichts, was Kirche auch noch macht, sondern das ist der Kern der Kirche." Eine engagementfreundliche Kirche an vielen Orten sei daher eher eine Weggenossenschaft als eine Mitgliederkirche.

 

Engagement zu fördern und ihm Raum zu geben, ist nichts, was Kirche auch noch macht, sondern das ist der Kern der Kirche.
Professor Dr. Paul-Stefan Roß

 

Ministerpräsidentin Malu Dreyer berichtete vom Ehrenamt und dessen Förderung in ihrem Bundesland. "Wir unternehmen alles, um Ehrenamt gedeihen zu lassen." Die Verwaltungen vor Ort werden entsprechend ihren Bedarfen unterstützt. "Ehrenamt braucht Raum und Unterstützung, es ersetzt nicht das Hauptamt, sondern es ist etwas Freiwilliges. Das heißt, die Menschen müssen auch Freude und Lust haben, sich zu engagieren." Aufgabe der Politik sei es daher, dieses Engagement zu unterstützen.

Dreyer: Der Synodale Weg muss konsequent zu Ende gegangen werden

Man dürfe Frauen in der katholischen Kirche nicht nur deshalb mehr Verantwortung zugestehen, um damit beispielsweise dem Priestermangel zu begegnen. Sondern es gehe um die gleiche Augenhöhe. Deshalb fordert Dreyer: "Der Synodale Weg muss konsequent zu Ende gegangen werden."

"Wo kann ich andere stark und groß machen?" Diese Frage stellt sich Weihbischof Karrer, wenn er Menschen in ihrem Ehrenamt fördert. "Wir müssen Rahmenbedingungen schaffe, damit Menschen ihr Charisma leben und ihr Engagement einbringen können." Auch er betonte, wie wichtig es dabei sei, auf gleicher Augenhöhe miteinander zu arbeiten.  

Macht abzugeben, führe häufig dazu, dass Ziele besser erreicht werden, warb die Ministerpräsidentin für diesen Wandel in Kirche und Gesellschaft. Weihbischof Karrer ergänzte, dass es dabei auch auf die Vernetzung ankomme – gerade auch im Hinblick auf die Ökumene und die Zusammenarbeit mit Kommunen. "Es geht nicht darum, alles selbst zu machen, sondern zu kooperieren und die vorhandenen Ressourcen zusammen zu legen."

Ressourcen gemeinsam mit den Kommunen vernetzen

"Die Kirche spielt in Rheinland-Pfalz noch immer eine wichtige Rolle", so Dreyer. "Wenn es um Demokratieförderung, um die Hilfe für Flüchtlinge oder um das Engagement gegen rechts oder natürlich um soziale Anliegen, so ziehen wir mit der Kirche an einem Strang. Ich wünsche mir deshalb auch, dass die Kirche hier wieder eine stärkere Stimme wird. Dafür ist es aber nötig, dass die Ehrenamtlichen in den Gemeinden wieder eine stärkere Säule werden."

Weihbischof Karrer berichtete von dem Modellprojekt der Engagementförderer in vielen Diözesen und Bistümern. "Mit diesem Projekt gewinnen wir Menschen, die mit einem anderen Zugang zur Kirche kommen und über unterschiedliche berufliche Hintergründe verfügen." Denn auch die Hauptamtlichen müssten "bunter werden". "Dann habe ich auch eine andere Haltung, was das Ehrenamt anbelangt", so Karrer. Gerade deshalb freue es ihn, wenn eine Kirchengemeinde vor Ort sich an einem kommunalen Förderprojekt beteilige und die vorhandenen Ressourcen so gemeinsam nutze.

Geschlechtergerechtigkeit und Ehrenamtsförderung hängen zusammen

"Ohne ehrenamtliches Engagement gibt es kein Hauptamt", sagte der Weihbischof. Das Verhältnis zwischen Haupt- und Ehrenamt beschrieb er als ein Geben und Nehmen. Es gehe darum, sich gegenseitig zu unterstützen, ein "Zueinander" zwischen Haupt- und Ehrenamt herzustellen. "Das hat viel mit Wertschätzung, Spiritualität und Unterstützung zu tun." Ohne die Umsetzung des Synodalen Wegs gäbe es allerdings keine Augenhöhe im Ehrenamt, so Ministerpräsidentin Dreyer. "Wer an die Zukunft der Katholischen Kirche glaubt, muss beides zusammen diskutieren: Wie stärken wir das Ehrenamt und wie stellen wir die Augenhöhe zwischen den Geschlechtern her?" Aktuell sei dies in der Katholischen Kirche nicht möglich.

Mehr als 30 Veranstaltungen zu „Engagiert“ auf Katholikentag

Zahlreiche Besucherinnen und Besucher des Katholikentags waren zur Podiumsdiskussion gekommen. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Gabriele Denner (Referentin für die Themen Ehrenamt und Engagemententwicklung bei der Hauptabteilung Pastorale Konzeption), musikalisch umrahmt vom Trio STB. Als sogenannte Anwälte des Publikums, die sich um deren Anliegen und Fragen kümmerten, waren die beiden Engagementförderer Claudia Wahl aus Leutkirch und Andy Dino Iussa aus Remscheid beim Podium vor Ort. Sie berichteten von ihrer Arbeit vor Ort.

Die Podiumsdiskussion ist Teil des Programms "Engagiert" rund um die Themen Ehrenamt und Kirchenentwicklung auf dem Katholikentag. Das Gesamtprogramm finden Sie hier: an-vielen-orten.de

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LEBEN TEILEN – das ist nicht nur das Leitwort des Katholikentags, sondern das gilt auch für die gut 1,7 Millionen Katholikinnen und Katholiken in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Schließlich ist der Heilige Martin unser Diözesanpatron. Er verkörpert mit seiner Biografie Nächstenliebe und überzeugende Glaubensverkündigung. Als "Martinsland" präsentiert sich die Diözese deshalb auch auf dem Schillerplatz. Schauen Sie vorbei und lassen Sie sich bei uns am Stand mit einem ganz neuen Blickwinkel unsere diözesanen Schwerpunkte zeigen.

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