Lkw-Fahrer gelten in der Öffentlichkeit jetzt als Helden. Doch Josef Krebs weiß nicht erst seit der Corona-Krise um ihren Einsatz. Der Betriebs- und Fernfahrerseelsorger, der selbst einen Bus- und Lkw-Führerschein hat, gibt im Interview Einblick in eine harte Branche.
Was leisten Lkw-Fahrer Tag für Tag?
Durch die Corona-Krise kommen Berufe ins Blickfeld, die sonst wenig Aufmerksamkeit erfahren. Dazu gehören auch die Lkw-Fahrer. Das Land merkt, dass es ohne sie nicht funktionieren würde. Die Lkw-Fahrer sichern täglich die Versorgung. Die Art und Weise unseres Wirtschaftens beruht auf der Flexibilität der Lkw-Fahrer. Lastwagen sind nun einmal das flexibelste und billigste Transportmittel.
Welche Belastungen bringt der Job mit sich?
Die Verkehrssituation auf den Straßen bedeutet Stress. Die Situation an den Rastplätzen ist kritisch: Nach Schätzungen fehlen 30 000 bis 40 000 Lkw-Stellplätze. Der Job bringt lange Abwesenheiten von Zuhause mit sich – gerade für die ausländischen Fahrer, die ihre Kinder oft nur zweimal im Jahr sehen. Sie arbeiten außerdem oft für einen Hungerlohn. Die Konkurrenzsituation unter den Fahrern schafft zusätzlichen Druck.
Wie verschärft die Corona-Krise die Situation für die Lkw-Fahrer?
Die Parkplatzsituation ist prekär. Toiletten sind nur noch direkt an Tankstellen zugänglich. Die Lockerungen beim Sonntagsfahrverbot und bei den Lenk- und Ruhezeiten erhöhen den Stress. Sie dürfen sich nicht dauerhaft als selbstverständlich einschleichen.
Wie steht es aktuell um die Speditionsunternehmen?
Das hängt von der Branche ab, die beliefert wird. Da die Automobilindustrie nicht produziert, fallen viele Transportleistungen weg. Dabei geht es nicht nur um den Fernverkehr, auch Transporte zwischen Werken finden nicht mehr statt. Für die Fuhrunternehmen wird das schon kritisch.
Was bietet die Fernfahrerseelsorge für die Berufsgruppe?
Wir bieten den Menschen, die die meiste Zeit allein unterwegs sind, eine Gelegenheit, einfach zu erzählen. Aus einer Begegnung mit einem litauischen Fahrer weiß ich, wie wichtig es für die Fahrer ist, dass es jemanden gibt, der an sie denkt und sich für sie einsetzt, wenn es Probleme gibt.
Wie sieht die Seelsorge für Fernfahrer aus?
Wir gehen auf die großen Truckertreffen und -festivals, zum Beispiel nach Geiselwind. Wir sprechen die Fahrer an, bieten ihnen Gelegenheit für Gespräche. Wir machen auch Aktionen auf Rasthöfen. Zu Ostern wollten wir eine mehrsprachige Grußkarte verteilen. Wegen Corona fällt das aus. Die Karte werden wir auf die Homepage stellen. Der Kollege aus Bamberg hat einen Clip ins Internet gestellt, der den Einsatz derjenigen würdigt, die hinter dem Lenkrad sitzen.
Was wünschen Sie sich für die Lkw-Fahrer für die Zeit nach Corona?
Die Lkw-Fahrer sollten auch nach Corona Wertschätzung bekommen. Die Krise sollte dazu beitragen, dass sich an ihrer Situation etwas verbessert, bei der Entlohnung und den Lebens- und Arbeitsbedingungen. Generell sollte unser Wirtschaftssystem umorganisiert werden: Machen lange Transportwege und Just-in-time-Produktion wirklich Sinn? – nicht nur wegen der Umwelt, sondern weil es immer weniger Fahrer gibt.