Corona

Ostern und Weihnachten zugleich

Von diesem Wochenende an werden auch in Stuttgart wieder Gottesdienste gefeiert, allerdings unter besonderen Bedingungen.

Je nach Größe der Kirche darf nur eine begrenzte Zahl an Gottesdienstbesuchern eingelassen werden, deshalb müssen sich die Besucher vorher für die Sonntagsgottesdienste anmelden. Um Ansteckungen zu verhindern, werden in allen Kirchen Schutzmaßnahmen getroffen: So bleibt das Weihwasserbecken leer, auf das gemeinsame Singen wird verzichtet und die Besucher sitzen in großem Abstand voneinander. „Wir freuen uns, dass wir endlich wieder zum Gottesdienst zusammenkommen können, auch wenn die Umstände schwierig bleiben. Wichtig ist, dass wir bei allen Schutzmaßnahmen und Abstandsregeln nicht vergessen, worum es eigentlich geht: um die Gemeinschaft mit Gott und die Begegnung mit unseren Mitmenschen“, sagt der Stadtdekan Christian Hermes.

In allen katholischen Kirchen in Stuttgart haben die Mesner im Moment viel zu tun: Bankreihen müssen abgesperrt, Wegweiser am Boden angebracht werden, Plätze mit Klebeband markiert und Desinfektionsmittelspender aufgestellt werden. Allesamt Maßnahmen, die die Atmosphäre in den Kirchen verändern. „Die Kirchen und die Gottesdienste müssen für die Menschen einladend bleiben. Dies mit den Infektionsschutzmaßnahmen zu vereinbaren, ist eine Gratwanderung. Um die Menschen nicht zu gefährden, müssen wir schmerzhafte Abstriche machen und zum Beispiel die Besucherzahl begrenzen“, sagt Stadtdekan Christian Hermes.

Viele hygienische und technische Fragen

Die Umsetzung ist unterschiedlich, der Schutz der Menschen aber steht überall im Vordergrund. In der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Nordwest zum Beispiel haben der leitende Pfarrer Matthias Hambücher und die Mesner alles dafür getan, Markierungen an den Plätzen und Absperrungen so anzubringen, dass sie das Bild der Kirche kaum verändern. „Wir wollten verhindern, dass der Infektionsschutz alles andere überlagert. Für mich ist es ein Gefühl wie Ostern und Weihnachten zugleich, endlich wieder Gottesdienste feiern zu können. Gleichzeitig mischen sich plötzlich viele technische und hygienische Fragen mit in die Vorbereitung“, so Hambücher. Er hofft, dass nach zwei bis drei Wochen anfänglichen Befremdens „sich wieder die vertraute Praxis unserer Gottesdienstfeiern einstellen wird.“

Anmeldungen per Mail, Telefon oder über Formulare

Ungewohnt für alle Gottesdienstbesucher ist die vorherige Anmeldung. Die einzelnen Stuttgarter Gemeinden wählen dafür unterschiedliche Wege: In der Domkirche St. Eberhard und in der Kirche St. Georg liegen Formulare aus, die die Besucher ausgefüllt zum Gottesdienst mitbringen müssen. In der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-St. Urban in den Neckarvororten läuft die Anmeldung per Mail oder per Telefon, die Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Neckar setzt auf eine Doodle-Anmeldung über die Homepage. Die Besucher bekommen dann Einlasskarten, die sie zum Gottesdienst mitbringen müssen oder sie müssen beim Eintritt in die Kirche ihren Namen nennen, der auf einer Liste erfasst ist. Für die Werktagsgottesdienste ist in vielen Gemeinden keine Anmeldung erforderlich, aber auch da gibt es Ausnahmen: St. Eberhard zum Beispiel. „Wir haben in den meisten Werktagsgottesdiensten üblicherweise mehr Teilnehmer als wir derzeit Plätze anbieten können, deshalb müssen sich die Besucher vorerst für alle Gottesdienste anmelden“, so der Dompfarrer Christian Hermes.

Um möglichst vielen Menschen eine Teilnahme am Gottesdienst zu ermöglichen, bieten viele Gemeinden an den Sonntagen zusätzliche Gottesdienste an. In der Gemeinde St. Theresia in Weilimdorf zum Beispiel wird am kommenden Sonntag, 10. Mai, um 11 Uhr ein weiterer Gottesdienst gefeiert. „Wir werden auch in den Gemeinden St. Josef in Feuerbach und Salvator in Giebel die Zahl der Sonntagsgottesdienste erhöhen, wenn wir sehen, dass der Bedarf da ist“, sagt Matthias Hambücher, der leitende Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Nordwest. In St. Monika in Feuerbach dagegen werden in der Corona-Zeit keine Gottesdienste gefeiert, da keine ausreichende Durchlüftung gegeben ist.

Kommunion wird in vielen Gottesdiensten mit der Zange gereicht

Vor dem jeweiligen Gottesdienst erwartet die Besucher dann wiederum eine ungewohnte Situation: Ehrenamtliche aus den Gemeinden und die Mesner stehen am Eingang, um den Einlass zu kontrollieren. Den Besuchern wird das Tragen von Schutzmasken empfohlen, im Eingangsbereich wird Desinfektionsmittel bereitgestellt. Die Weihwasserbecken dagegen bleiben weiterhin leer. Leer sein werden auch die Regale mit den Gesangbüchern, die Besucher sind angehalten, ihr eigenes Buch mitzubringen. Das gemeinsame Singen bleibt ebenfalls aus, stattdessen werden Kantoren oder maximal vier Chormitglieder, die wiederum in großem Abstand voneinander stehen, den Gesang übernehmen.

Auf Veränderungen müssen sich die Besucher auch beim Spenden der Kommunion einstellen. Bei der Eucharistiefeier wird die Hostie in vielen Gemeinden mit einer Zange gereicht, um direkte Berührungen zu vermeiden.Für diese Form der Darreichung hat sich auch Pfarrer Andreas Gälle in den Neckarvororten entschieden. „Ich freue ich mich, wieder mit einem Teil der Gemeinde zusammenkommen zu können. Wir alle haben in den vergangenen Wochen die Erfahrung gemacht: Streaming-Gottesdienste sind einfach nicht dasselbe wie ein Gottesdienst in Gemeinschaft." Aber auch er räumt ein: „Diese Form der Gottesdienste, die aufgrund des Infektionsschutzes im Moment erforderlich ist, wird unsere Kultur der Gottesdienste verändern", so der leitende Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-St. Urban.

station S bietet weiterhin Videoimpulse an

Im Spirituellen Zentrum station s wird sich der erste Gottesdienst nach der Corona-Zwangspause an diesem Sonntag, denn auch mit dem Thema Gemeinschaft beschäftigen. „Wir haben es erlebt und erleben es in allen gesellschaftlichen Bereichen weiterhin, wie schwierig es ist, ohne Gemeinschaft, mit stark reduzierten Kontakten zu leben“, sagt Kirstin Kruger-Weiß vom Leitungsteam station s. Das Spirituelle Zentrum bietet auch weiterhin allen, die aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der begrenzten Teilnehmerzahl nicht am Gottesdienst teilnehmen können, jeden Sonntag einen Videoimpuls auf der Homepage, der sich mit dem jeweiligen Thema des Gottesdienstes beschäftigt. „Wir möchten allen ermöglichen, an unseren Angeboten zumindest aus der Ferne teilzuhaben. Auf der anderen Seite entstehen aber gerade in dieser Zeit auch ganz neue Formen von Gemeinschaft und Solidarität über alle Distanz hinweg“, sagt Kirstin Kruger-Weiß. Auch einige Gemeinden bleiben online aktiv: Die Sonntagsgottesdienste um 10 Uhr aus St. Eberhard und St. Georg sowie der 12-Uhr-Gottesdienst aus der homebase im Ökumenischen Zentrum in Neugereut werden weiterhin im Livestream übertragen.

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