Pfarrer gehen in der Regel mit 70 Jahren in den Ruhestand. Davor sollten sie gelegentlich ihre Stelle wechseln, um sich selbst und den Seelsorgeeinheiten immer wieder einen Neuanfang zu ermöglichen. Johann Evangelist Seif blieb 40 Jahre in seiner ersten Pfarrei und setzte sich mit 81 Jahren zur Ruhe. Zwei Jahre später starb er am 3. März 1922. Ob er in dieser Hinsicht ein Vorbild für seine Nachfolger sein sollte, sei dahingestellt. Sein Wirken hat jedoch in Ochsenhausen tiefe Spuren hinterlassen - bis heute. Der Biberacher Dekan und Ochsenhausener Pfarrer Sigmund F.J. Schänzle hat sein Lebenswerk erforscht und zusammengestellt.
Seif, Jahrgang 1839, stammte aus einfachen Verhältnissen und wuchs bei Warthausen auf. Nach seiner Priesterweihe in Rottenburg blieb er als Vikar und Kaplan in der Nähe von Biberach mit Ausnahme von Magolsheim auf der Schwäbischen Alb. Mit 41 Jahren bekam er dann die erste und einzige Pfarrstelle in Ochsenhausen, wo er anfangs auch als Schulinspektor und zuletzt 24 Jahre als Dekan tätig war. Sozialstation, Kolpingfamilie und Katholischer Frauenbund gehen dort auf seine Initiative zurück. Dieses Engagement nennt Schänzle noch vor der Renovierung der ehemaligen Klosterkirche St. Georg sowie der Erneuerung oder des Neubaus von Kapellen.
1883 erwarb Seif das Wohn- und Ökonomiegebäude eines Handwerkers und richtete darin ein Schwesternhaus und eine Kleinkindschule ein. Er weihte die Töchterschule „Sankt Walburga“ ein, konnte 1899 aber auch die erste Eisenbahn von Biberach her in Ochsenhausen begrüßen. Die katholische Kirchengemeinde Ochsenhausen-Erlenmoos erinnert in Gottesdiensten am Sonntag, 6. März, um 10 und um 19 Uhr in der Basilika St. Georg an den verdienten Seelsorger, Stadtpfarrer und Dekan anlässlich seines 100. Todestages.