Pflegekräfte am Limit

Dekan Robert Kloker (Dekanat Ostalb, rechts) und die evangelische Amtskollegin Ursula Richter (links) trafen sich zu einem Gespräch mit Christopher Franken, kaufmännischer Standortleiter, und Elke Hoyer, pflegerische Standortleiterin am Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd. Foto: Schwenk

Den dringlichen Appell, sich impfen zu lassen, richten Dekan Robert Kloker und die evangelische Amtskollegin Ursula Richter an die Öffentlichkeit.

Bei einem Besuch im Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd sowie einem weiterführenden Gespräch im Kapitelshaus gegenüber des Heilig-Kreuz-Münsters, haben die beiden Geistlichen gespürt, wie dramatisch die momentane Situation für Frauen und Männer in Pflegeberufen ist. „Nur durch die Impfung und die Einhaltung von Hygienemaßnahmen können wir der vierten Welle entgegenwirken und damit eine weitere, schwere Überlastung des Pflegepersonals aufhalten“, sind sich Richter und Kloker einig.

Deutliche Worte fand der kaufmännische Standortleiter des Stauferklinikums, Christopher Franken, beim Gespräch mit Ursula Richter und Robert Kloker zur derzeitigen Situation in der Klinik. „Wir sind in diese vierte Welle hineingerauscht, die uns noch härter zu treffen scheint als die vorangegangenen. Wieder müssen wir Eingriffe verschieben und wieder ist es unser Personal, das mittlerweile seit zwei Jahren dauerhaft die Zeche zahlt.“ Dass der Gesundheitsminister die pandemische Lage kürzlich bereits für beendet erklärt habe, halte er für völlig abwegig. „Was wir brauchen, ist eine höhere Impfquote, um endlich die Belastung von den Kliniken zu nehmen."

Klare Informationsstrategie nötig

Man dürfe jedoch nicht den Fehler machen, Impfskeptiker oder –gegner bloßzustellen oder gar zu diffamieren, „stattdessen brauchen wir eine klare Informationsstrategie, die jedem klar macht, dass die Impfung der einzige Weg heraus aus der Pandemie ist“, berichtete der Klinikleiter. Bereits seit mehreren Wochen müssten Termine für andere Patienten hin- und hergeschoben werden, weil Covid-Patienten die Betten belegen. „Jeder, der sich nicht impfen lässt, nimmt in Kauf, dass ein anderer, schwer kranker Mensch nicht die ihm zustehende Behandlung bekommen kann“, so Franken.

Besonders dramatisch sei mittlerweile die Situation für die Mitarbeitenden in der Pflege: Es sind schwere Verläufe der Krankheit dabei, Menschen sterben, vor allem auch junge Menschen. „Das belastet natürlich sehr schwer“, führt Elke Hoyer, pflegerische Standortleiterin am Stauferklinikum, aus. Im Frühjahr und Sommer sei langsam ein Hoffnungsschimmer aufgekeimt, dass sich die Lage entspanne. Doch jetzt seien schon wieder die Engpässe da, mit all den seelischen und körperlichen Belastungen.

Dringend mehr Personal benötigt

„Es ist Wahnsinn, wie die Menschen in der Pflege auf den Covid-Stationen arbeiten“, sagten die beiden Dekane Richter und Kloker nach dem Besuch des Klinikums. Allein das An- und Ausziehen der Schutzanzüge sei sehr beschwerlich. „Wir haben dort oben gesehen, wie anstrengend die Arbeit ist und wie dringend man mehr Personal braucht.“

Die Mitarbeitenden in der Klinik fühlten sich von der Politik schlichtweg im Stich gelassen – und auch nicht ernstgenommen. „Wir bräuchten eine Vielzahl an Maßnahmen, von denen bisher wenige auf den Weg gebracht wurden“, erklärte Christopher Franken. „Es geht um bessere Bezahlung in den Pflegeberufen, um die Überarbeitung der Schichtmodelle und um die Abschaffung von Bürokratiemonstern‘“, so Franken weiter. Auch die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung sei ein Instrument, das in dieser Ausgestaltung nur wenig weiterhelfe. Im Gegenteil: Es binde Arbeitskraft aufgrund aufwändiger Dokumentation und Organisation.

Seelsorgerliche Betreuung immer wichtiger

„Alles was wir wollen ist, dass Pflegende dieselbe Verlässlichkeit bekommen, wie es in vielen anderen Berufen selbstverständlich ist. Gerade jetzt in der Pandemie müsste eigentlich ein Ruck durch die Politik gehen, der die Bedeutung der Pflege auf das Niveau anhebt, das ihr zusteht. Gefühlt geht das aktuell genau in die entgegengesetzte Richtung“, berichtete Elke Hoyer. Dabei sei der Pflegeberuf nicht nur sehr erfüllend, er biete zudem viele Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Mittlerweile sei es jedoch statt der Ausnahme die Regel, dass Pflegende aus dem „Frei“ geholt werden. „Wir arbeiten am Limit und nicht selten darüber hinaus. Es kann nicht sein, dass einige angesichts dieser Belastung ganz aufgeben. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen ihre Auszeiten und fordern diese auch ein“, berichtete die Pflegerische Standortleiterin.

Deshalb wird auch die seelsorgerliche Betreuung der Mitarbeitenden am Krankenhaus immer wichtiger. Davon haben auch die beiden Klinikseelsorger am Stauferklinikum, Benedikt Maier und Peter Palm, berichtet. „Wir wünschen uns eine größere Gruppe an Menschen, die unsere Mitarbeitenden betreuen und begleiten kann“, fasste Elke Hoyer zusammen. Und Christopher Franken ergänzte: „Der Bedarf an seelsorgerlicher Betreuung für unsere Mitarbeitenden ist da und sollte dringend ausgebaut werden, damit die Frauen und Männer entlastet nach Hause gehen können.“ Diesen Appell, begleitet von dem Ausdruck größter Wertschätzung für den Pflegeberuf, nahmen die beiden Dekane Richter und Kloker mit.

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