Pater Philipp Jeningen

Philipp Jeningen näherkommen

Für die Seligsprechung des Jesuitenpaters Philipp Jeningen (1642-1704), der von 1680 bis zu seinem Tod in Ellwangen wirkte, hat der Künstler Ulrich Brauchle ein Bild geschaffen. Hier ein Ausschnitt. Foto: Brauchle

Ein neues Bild des Volksmissionars wird am Sonntag, 10. Juli, sechs Tage vor der Seligsprechung Philipp Jeningens, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Ulrich Brauchle hat im Auftrag der „action spurensuche“ eine Radierung geschaffen, die das Haupt Philipp Jeningens in Lebensgröße zeigt. Brauchle rückt ihn näher an den Betrachter heran als alle anderen bekannten Bildnisse des Jesuitenpaters. Worte Jeningens in Spiegelschrift kreuzen sich mit Fußspuren. Die Weisungen des „guten Paters“ können nicht eins zu eins übernommen, sondern müssen in unsere Zeit gespiegelt werden. Am Sonntag, 10. Juli, 15 Uhr, wird im Ellwanger Jeningenheim das neue Bild vorgestellt. Nach einer Begrüßung durch Pfarrer Sven van Meegen kommt Wolfgang Steffel mit dem Künstler über den Schaffensprozess ins Gespräch, um danach das Bild theologisch und spirituell zu deuten. Lieder aus dem Repertoire der „action spurensuche“ sowie Instrumentalmusik auf Querflöte und Gitarre bilden den musikalischen Rahmen.

Ab 16.30 Uhr werden Getränke und ein kleiner Imbiss gereicht. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Um 18 Uhr besteht Möglichkeit zum Besuch des Vespergebets zu den „Exerzitien im Alltag“ in der Basilika St. Vitus. Pfr. Hermann Dörflinger hält die Predigt zum Wochenthema „Demut“.

Geistliche Bildbetrachtung

Nähe und Weite zugleich

Ulrich Brauchle rückt in seiner Radierung Pater Philipp Jeningen näher an uns heran, als alle anderen bekannten Bildnisse des Volksmissionars. In einer Betrachtung des Bildes von Karl Stirner (1882-1943) hatte Brauchle beobachtet, wie dieser das Schloss ob Ellwangen und die Schönenbergkirche kollageartig verwendet und frei zusammengefügt habe, „wie es vor Ort aber von keinem Standpunkt aus erlebbar ist.“ Und weiter: „Der Bildausschnitt wird enger und der Raum um den Portraitierten dichter gehalten. Dies hat zur Folge, dass Philipp Jeningen auf dem Stirner-Bild im eigentlichen Sinn des Wortes ‚näher kommt‘.“ Ulrich Brauchle ist es nun ganz ohne Bauwerke oder Motive aus der Natur gelungen, Philipp in eine Schriftlandschaft zu stellen, welche die Sicht auf ihn in keiner Weise versperrt, sondern Nähe und Weite zugleich generiert.

Dies wäre ganz anders, wenn wir die Schrift ungespiegelt vor uns hätten. Dann würden die Worte wie quergelegte Gitterstäbe den Zugang beeinträchtigen und den Blick auf den Pater versperren. Gespiegelt aber bleibt alles durchlässig. Jeningens bekanntestes Wort „Mit Demut und Liebe kann man alles erreichen und haben“ ist nicht ohne Grund ganz oben zu finden und bildet so die Überschrift für sein gesamtes Wortwirken und alle seine Wirkworte. Von der Nasenspitze Jeningens weg liest man „den Demütigen“. Immer der Nase Jeningens entlang, der Demut nach!
Noch zwei frei liegende Worte, diesmal an Kinn und Kragen, seien erwähnt: „Meilen“ und „breit“. Jeningen schrieb am Karsamstag 1689: „Was gibt es Herrlicheres, als dass ein Mensch in Gott seelisch weit wird“. „Glaube weiter und bereiter, glaube breiter, immer weiter“, wird in der „action spurensuche“ im Sinne Jeningens und zur Radierung passend
gesungen.

„Auch auf Erd ist Gott mein Himmel“

Die Worte Jeningens bilden einen Vorhang. Wir dürfen an einen Vorhang im Beichtstuhl denken. Und so haben wir in seinen Weisungen auch einen Gewissensspiegel vor uns: Wie steht es um Demut und Liebe in meinem Leben? Sind meine Pforten im Alltag für den anderen offen? Wieviel Herzens- und Geistesweite habe ich in einer mechanizistischen Welt voller Kausal-Ketten-Knechte? Die Bedeutung der Beichte für Jeningen und die Jesuiten überhaupt war groß. Heute ist das Sakrament der Versöhnung in einer Krise. Vergessen wird, dass gerade die Beichte die Subjektwerdung beförderte. Gewissenserforschung und Gewissensbildung förderten „die typisch europäische Tendenz zur Individualisierung“ (Peter Dinzelbacher). Dazu gehören Selbstachtsamkeit, Selbstwachsamkeit und Arbeit an sich selbst, und dies nicht nur allein, sondern in Kommunikation mit dem Beichtvater. Dies alles sind Kennmale der
ignatianischen Spiritualität.

Aber weit über einen konkreten Vorhang hinaus sind diese Worte am Ende in die Luft geschrieben, ohne sich in Luft aufzulösen. Sie bleiben markant, wie es auch die Handschrift Jeningens war und wie es die des Künstlers ist. Sie zeigen bis heute etwas an. Sie geben Zeugnis, wie wir heute Mensch sein können: Mensch im doppelten Maßstab von Himmel und Erde. „Auch auf Erd ist Gott mein Himmel“, sagt Philipp. Die Buchstaben sind wie Luftwirbel, sanfte Zeugen des Geisteswehens, und so fügt sich ein Kanon aus dem Lied-Repertoire der „action spurensuche“ ins Bild und bringt es zum Klingen: „Die Luft ist wie ein stilles Gebet. Sie schreibt den Text in den Horizont und zeigt uns den Weg in die Welt. Sie ist ohne Grenzen und bringt Dinge in unser Land, die wir nicht gewohnt sind.“

Die Weisungen des „guten Paters“ ins Leben heute spiegeln

Auf der Wange des Pilgers und Missionars Jeningen bilden die Worte Hügelzüge, Wege am Albtrauf und vielleicht die eine oder andere Burg: Weg-Worte, Wort-Wege. Wir können die Weisungen des „guten Paters“, wie die Ellwanger ihn bisher nannten und vermutlich auch über die Seligsprechung hinaus nennen werden, nicht eins zu eins übernehmen, sondern wir müssen sie ins Leben heute spiegeln. Philipp spricht uns aus seiner Zeit an. Nicht zufällig entspricht die Größe seines Kopfes im Original der Radierung einem echten menschlichen Haupt.

Über seinem linken Auge bildet ein Buchstabe einen kleinen Fisch, von alters her Symbol für Jesus. Mit Jesu Augen schaut uns der Jesuit Jeningen an: aufmerksam, wach, freundlich und zur Nachfolge Jesu einladend. Zu diesem freien Blick passen mehr als gut Gedanken von Friedrich Nietzsche aus dessen Schrift „Ecce homo“: „Hier redet kein Fanatiker, hier wird nicht ‚gepredigt‘. Hier wird nicht Glauben verlangt: aus einer unendlichen Lichtfülle und Glückstiefe fällt Tropfen für Tropfen, Wort für Wort.“

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