Personal

Pragmatische Brückenbauerin verabschiedet

Die drei Personen stehen vor dem Altar der Pertrus-Canisius-Kirche.

Die scheidende Dekanatsreferentin Christa Hecht-Fluhr (Mitte) mit ihrer Nachfolgerin Stefanie Teufel und Dekan Bernd Herbinger - Foto: DRS/Waggershauser

Christa Hecht-Fluhr geht nach 23 Jahren in den Ruhestand - Stefanie Teufel folgt ihr als Dekanatsreferentin in Friedrichshafen.

Als "Ära Hecht-Fluhr" bezeichnete der katholische Friedrichshafener Dekan Bernd Herbinger die Jahre seit 1998, in denen die bisherige Dekanatsreferentin die Geschäftsstelle des Kirchensprengels leitete. In dieser Zeit arbeitete sie ihm und seinen Vorgängern Franz Scheffold und Reinhard Hangst zu, bildete Ehrenamtliche in vielen Bereichen aus und unterstützte Gremien und Einrichtungen des Dekanats.

Bei einer Feierstunde zur Verabschiedung von Christa Hecht-Fluhr in den Ruhestand betonte Herbinger am vergangenen Sonntag in der Kirche St. Petrus Canisius ihre Fähigkeit als Brückenbauerin. Sie konnte unterschiedliche Interessen auf Dekanatsebene mit pragmatischen Lösungen unter einen Hut bringen. Und sie habe die Impulse und Vorgaben der Diözese so auf die örtliche Situation angepasst, dass sie die Basis stärkten und auf fruchtbaren Boden fielen, nannte er ein zweites Beispiel.

Brücken baute die 66-Jährige auch zwischen Glaube und Politik. Seit 2004 sitzt Hecht-Fluhr für Bündnis 90 / Die Grünen im Kreistag und leitete die vergangenen zehn Jahren die Fraktion. Lothar Wölfle, Landrat des Bodenseekreises, warb bei der Feierstunde für diese Verbindung. In seinem Impulsreferat ging er auf das "getrennte Miteinander" von Kirchen und Staat in Deutschland ein. Der Staat garantiere die freie Religionsausübung, die Gesellschaft profitiere aber auch von Religion.

Orientierung für die Gesellschaft aus dem Glauben

Wenn der Lebenssinn in einer dritten Urlaubsreise bestehe, Politiker mit Hassmails überschüttet würden und niemand angefeindete Polizisten in Schutz nehme, "haben wir in der Gesellschaft ein Stück Orientierung verloren", stellte der CDU-Politiker fest. Die Zehn Gebote brächten kurz und knapp auch das Wesentliche des Grundgesetzes auf den Punkt. Hier brauche es noch mehr Vorbilder, die sich wie Christa Hecht-Fluhr pragmatisch, zielorientiert und ausgleichend als Christinnen und Christen in Politik und Gesellschaft engagieren.

Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung - Schlagworte, die Hecht-Fluhr in den 1970-er Jahren umtrieben, hätten nichts an Aktualität verloren, bekräftigte die künftige Ruheständlerin in ihren Dankesworten. Damals studierte sie neben Germanistik und Pädagogik katholische Theologie - zunächst nur im Nebenfach. Professoren wie Hans Küng, Walter Kasper, Gerhard Lohfink und Alfons Auer sowie die damals neue Möglichkeit, dass auch Frauen einen Seelsorgeberuf ergreifen konnten, brachten sie dazu, ganz auf die Theologie zu setzen.

1979 stellte die Diözese Rottenburg-Stuttgart Hecht-Fluhr als Pastoralreferentin an. Sie gehörte damals zu den weiblichen Pionieren. "Ich wollte ganzheitlich für den Menschen da sein, wollte Geist, Seele und Leib im Blick haben", unterstrich sie ihr Berufsziel. Nach der zweijährigen Ausbildung in Schramberg-Sulgen legte die fünffache Mutter eine Familienpause ein, bevor sie 1991 in Tettnang wieder in den Gemeindedienst trat.

Predigtdienst dank mutiger Priester

Dass sich in der katholischen Kirche bei Ämtern für Frauen in den letzten 50 Jahren nichts geändert habe, frustriert die Theologin. Mutige Priester ermöglichten ihr aber als eine der ersten Frauen im Oberland in der Eucharistiefeier zu predigen. Einer dieser Priester attestierte ihr sogar, sie habe das Zeug zur Dekanin, verriet Bernhard Vesenmayer, gewählter Vorsitzender des Dekanatsrats, in seinem Dankeswort.

Aus der Dekanin wurde nichts. Aber auch als Dekanatsreferentin konnte Hecht-Fluhr in 23 Jahren einiges bewegen. Sie verglich ihre Aufgabe mit der einer Hebamme, die dann wieder loslässt, wenn das Kind auf der Welt ist. Ihr Mann Konrad Fluhr, bei ihrem Wechsel nach Friedrichshafen ebenfalls Pastoralreferent in Tettnang, reduzierte seinen Auftrag und hielt ihr den Rücken frei. Die scheidende Dekanatsreferentin bedankte sich bei ihm und allen, die mit ihr zusammenarbeiteten.

Einen ersten Anlauf etwas kürzer zu treten, unternahm Hecht-Fluhr bereits 2014. Doch dann reizte sie der diözesane Zukunftsprozess "Kirche am Ort", mit dem sie ihre Dreiviertel-Stelle wieder auf 100 Prozent erhöhte. Vor zwei Jahren entschloss sie sich nach dem plötzlichen Tod des verbliebenen Pfarrers der Seelsorgeeinheit Seegemeinden, dort für die Übergangszeit mit 25 Prozent einzusteigen. "Sie hat sogar nochmal eine Schippe draufgelegt", berichtet Dekan Herbinger.

Stefanie Teufel für neue Aufgabe gerüstet

Vor Ort arbeitete Hecht-Fluhr intensiv mit Herbinger als Administrator und Pastoralreferentin Stefanie Teufel zusammen, die Anfang Oktober ihre Nachfolge in der Dekanatsgeschäftsstelle antrat. "Eine Frau, auf die man sich verlassen kann", freut sich der Dekan. Die 55-Jährige steht seit 1992 im Dienst der der Diözese und wirkte vor den Seegemeinden in Ulm und Heidenheim. Teufel hat Respekt vor den großen Fußstapfen, die ihre Vorgängerin hinterlässt, sieht sich aber gut gerüstet für ihre neue Aufgabe.

Musikalisch umrahmten Dekanatskirchenmusiker Nikolai Geršak an der Orgel und das Frauentrio TerZett die Feierstunde mit Beiträgen aus verschiedenen Stilepochen. Gabriele Zehrer, stellvertretende Vorsitzende lud am Ende zu einem Umtrunk nach der 2-G-Regel ins Haus der Kirchlichen Dienste ein, wo sich viele Wegbegleiter von Christa Hecht-Fluhr persönlich verabschiedeten und Stefanie Teufel begrüßten.

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