„Priester in der Welt von heute“

Eine neue Stele für den Weltkulturpfad mit dem Wort Gott in unterschiedlichen Sprachen präsentiert Pfarrer Franz Pitzal. Bild: DRS

Der durch die Renninger Krippe bekannte Pfarrer Franz Pitzal feiert sein 50. Weihejubiläum.

Er ist ein echt schwäbischer und gleichwohl außergewöhnlicher Pfarrer, der sein 50. Weihejubiläum feiert: Franz Pitzal. Mit neun Jahren aus dem Sudetenland vertrieben, landete er nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen Eltern und seiner Schwester in Leinzell auf der Ostalb. Schwäbisch ist er durch und durch, international aber auch – schließlich hat er rund 150 Länder bereist. In diese führten ihn eine Vielzahl von Hilfsprojekten, die er und seine Kirchengemeinde in Renningen mit Hilfe von Spendengeldern seit Jahrzehnten initiieren und unterstützen. Eingenommen werden die Spenden durch die Renninger Krippe, die jedes Jahr rund 70.000 Besucher in die 18.000 Einwohnerstadt im Landkreis Böblingen zieht.

Schon als Junge hat er seine Liebe zu Krippen entdeckt. „Das war mein Traum – eine eigene Krippe zu haben“, sagt Pfarrer Pitzal. „Ich habe für die Nachbarn Milch aus dem Milchhäusle geholt und verteilt. Dafür gab es ein kleines Entgelt. Das habe ich gespart und damit meine ersten Krippenfiguren finanziert.“ Diese hat ein Holzschnitzer für ihn angefertigt und diese erste Krippe aus Kindertagen ist heute im Renninger Krippenmuseum ausgestellt. Im Jahr 1949 – vier Jahre nach der Vertreibung – baute Pitzal seine Krippe in der Zweizimmerwohnung seiner Familie auf. Den Stall hat er damals mit Laubsäge und Taschenmesser selbst angefertigt. „Ich bastle gerne“, sagt der heute 85-Jährige, dem man sein Alter nicht wirklich anmerkt: zugewandt und mit wachem Kopf ist er voller Energie und Tatendrang. Bis heute baut und werkelt er an den Kulissen für die Krippen, gestaltet und arrangiert. Sein Leitwort zur Primiz vor 50 Jahren – „Priester in der Welt von heute“ – erfüllt er so noch immer mit Leib und Seele. 

Vom Uhrmacher über den Jugendreferent ins Priesteramt

Dabei verlief sein Lebensweg und vor allem sein Weg zum Priesteramt keineswegs geradlinig. Nach dem Volksschulabschluss lernte er zunächst den Beruf des Uhrmachers bei der Firma Bittingmeier. Sieben Jahre war er für das Unternehmen tätig. Nebenbei engagierte er sich in der Jugendarbeit seiner Heimatgemeinde. Dann holte ihn der damalige Jugendseelsorger und spätere Weihbischof Franz Josef Kuhnle ins Bischöfliche Jugendamt nach Wernau. Dort kümmerte er sich als Referent um die Jugendarbeit der Diözese. „Ich konnte aber nicht ewig ein Jugendlicher bleiben“, sagt Pitzal. „Gleichwohl wollte ich weiterhin mit Menschen zu tun haben.“ So nahm er die Chance wahr, im Spätberufenenseminar in Stuttgart-Bad Cannstatt das Abitur nachzuholen.

„Ich bin unbegabt in Sprachen“, berichtet Pitzal. „Aber die Lehrer haben uns in Latein gedrillt.“ Auch Griechisch lernte er, aber kein Wort Englisch. Das wäre ihm bei seinen vielen Reisen sicher sehr nützlich gewesen. „Ich verständige mich mit Händen und Füßen“, erläutert er verschmitzt. Ein wirkliches Problem sind die fehlenden Englischkenntnisse nie gewesen. Davon zeugen mehrere Regalmeter voller Ordner mit Korrespondenz und Informationen zu Projekten in Afrika, Asien, Amerika und Europa. 

Mit Maultaschen und Spätzle im Gepäck zum Papst

In Tübingen und München absolvierte Pitzal sein Theologiestudium und hörte sowohl bei Joseph Ratzinger als auch Hans Küng Vorlesungen. Stolz zeigt er ein Foto, das ihn mit Papst Benedikt XVI. zeigt. „Ich war zur Audienz bei Papst Benedikt XVI. und habe ihm schwäbische Maultaschen und Spätzle mitgebracht. Da er als Theologensprecher während seines Studiums viel Kontakt zu Ratzinger hatte, wusste er, mit seinem kulinarischen Geschenk den Papst zu begeistern.

Nach dem Studium kam er als Diakon nach Kornwestheim. Bis heute pflegt er dorthin gute Kontakte. Nach der Priesterweihe am 4. Juli 1971 durch Bischof Carl Joseph Leiprecht kehrte er in die Salamanderstadt als Vikar zurück. Zwei Jahre wirkte er dort als Seelsorger. Dann – am ersten Advent 1973 – ging er zum ersten Mal als Priester nach Renningen. „Ich sollte hier für zwei bis drei Wochen bleiben“, sagt Pfarrer Pitzal. Jetzt sind es 48 Jahre, dass er Pfarrer in Renningen ist.

Die Renninger Krippe ist Pitzals Kernprojekt

Wer durch Renningen und das Umland streift, kommt ständig in Kontakt mit Projekten und Kunstwerken von Pfarrer Pitzal. Das größte ist natürlich die Renninger Krippe, die jedes Jahr neu aufgebaut wird und ein aktuelles politisches, kulturelles oder gesellschaftliches Thema aufgreift. Die Begeisterung für Krippen und fürs Basteln hat Pitzal nie losgelassen, genauso wenig sein Einsatz für sozial Schwache – vor allem für Kinder. Mit der Renninger Krippe und den durch sie finanzierten Hilfsprojekten verbindet der Pfarrer beides. Im vergangenen Jahr gab es zum 41. Mal eine Renninger Krippe – natürlich zum Thema Corona. Über die Jahre hinweg haben sich so viele Krippen angesammelt, dass diese im Renninger Krippenmuseum im Herzen der Stadt ausgestellt sind. Aber auch am Rand der Stadt trifft man auf Pitzals Projekte – seien es der Weltkulturpfad oder die Gedenksteine zu Ereignissen aus Vergangenheit und Gegenwart, um nur ein paar davon zu nennen.

Schwerpunkt liegt auf der Hilfe zur Selbsthilfe

Wie eine Bilanz dieses vielfältigen Schaffens liest sich sein jüngstes Buch: „50 Jahre Priester in der Welt von heute“. Druckfrisch ist es in der vergangenen Woche kurz vor dem Jubiläum bei ihm eingetroffen. Neben vielen Bildern zu den Stationen seines Lebens, zur Seelsorge und den Projekten, hat er zu jedem Land, das er besuchte, einen Satz verfasst – von Afghanistan über Nicaragua bis nach Zypern. „Ich will noch in den Südsudan“, sagt er. Das Land falle aus der Berichterstattung weitgehend heraus, die Not der Menschen sei jedoch groß. Wenn er Projekte unterstützt, geht es immer um Hilfe zur Selbsthilfe. „Ich achte auf klare Projektangaben und einen klaren Projektträger“, erläutert Pitzal. „Auch Eigenleistung gehört bei uns immer dazu. Wir finanzieren beispielsweise eine Küche für einen Kindergarten oder Hühnerställe mit Tieren.“ Eine reine Geldübergabe mache er nicht.

Ein Glockenspiel zum Jubiläum

Vielfach wurde Pitzal für sein Engagement geehrt: mit dem Bundesverdienstkreuz, der Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg und beispielsweise der Ehrenbürgerschaft seiner Stadt. Mit seinem bodenständigen Charme begeistert Pitzal viele Menschen – von den Mitgliedern seiner Kirchengemeinde, der Renninger Bürgerschaft, den Besucherinnen und Besuchern der Krippe und des Museums bis hin zu Politikern wie dem ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Prominenten wie Tony Marshall. Zu seinem Festgottesdienst zum Jubiläum kamen beide nach Renningen. Sie waren bei der Einweihung des Glockenspiels dabei, das sich Pitzal spendenfinanziert zu seinem Jubiläum gewünscht hat und das mittelfristig vor der Renninger Mediathek stehen soll. Rechtzeitig fertig ist das Glockenspiel jedoch nicht geworden: Der weltweite Stahlmangel verzögert die Produktion.

Und nun? Mit 85 ist Pfarrer Pitzal weiterhin sehr rührig. Er wundert sich selbst über seine gute Gesundheit und dass ihm die weiten Reisen zu den Hilfsprojekten nichts ausmachen. „Meine Gesundheit ist ein großer Glücksfall für mich“, sagt er. Möge ihm und damit auch seinen Hilfsprojekten dieses Glück noch viele Jahre erhalten bleiben.

Gottesdienst in Leinzell

Nach dem ersten Gottesdienst zum 50. Priesterjubiläum von Franz Pitzal am vergangenen Sonntag in Renningen, findet am 11. Juli um 10.30 Uhr in Leinzell, wo Pitzal seine Primiz gefeiert hat, ein weiterer Gottesdienst auf dem Sportplatz statt.

Weiterführende Links

Weitere Informationen zu Pfarrer Pitzal, zur Renninger Krippe und dem Krippenmuseum finden sich im Internet unter www.renninger-krippe.de. Zur Erhaltung der Krippe und für die Hilfsprojekte hat Pfarrer Pitzal die Franz-Pitzal-Stiftung e.V. gegründet. Auch dazu finden sich auf der Internetseite weitere Informationen.

Die Redaktion von KIP-Radio hat einen Audiobeitrag über das 50. Priesterjubiläum veröffentlicht und zwar unter https://kip-radio.de/player/KIP/Audio/13134.

Über die Krippe 2020 zum Thema Corona gibt es zudem ein Video auf den Seiten der Diözese Rottenburg-Stuttgart unter https://www.drs.de/media/Video/show/Video/im-zeichen-von-corona-die-renninger-krippe-2020-2490.html.

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