Schulen

Religionslehrkräfte als Gesicht der Hoffnung

Zu einem Tag der Begegnung und Ermutigung trafen sich rund 250 Religionslehrer/-innen und Schulseelsorger/-innen im Bildungshaus Kloster Obermarchtal. Foto: drs/Jerabek

Der Begegnung und Ermutigung, dem Austausch und Feiern war der Religionslehrer/-innen-Tag gewidmet. Zentraler Impuls: die Hoffnung.

„Gib der Hoffnung dein Gesicht“ - was wie eine Arbeitsanweisung für Religionslehrerinnen und Religionslehrer klingen könne, wie Daniel Schneider, Moderator des Tages, augenzwinkernd meinte, ist viel mehr: Geschenk und Geheimnis, Verheißung und Chance – gerade auch in Zeiten, in denen der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen gleich in mehrfacher Hinsicht herausgefordert ist: durch kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen – die Vertrauenskrise der Kirche aufgrund von Missbrauchsskandalen sowie die fortschreitende Säkularisierung – und nicht zuletzt durch die Folgen von Corona.

„Der Hoffnung ein Gesicht zu geben, das heißt nicht, sorglos und immer leichten Herzens in die Zukunft zu schauen und zu erwarten, dass sie rosig wird. Hoffnung entsteht auch eher nicht in den Zeiten des Glücks und der Unbeschwertheit“, sagte Ordinariatsrätin Ute Augustyniak-Dürr, Leiterin der Hauptabteilung Schulen, in einem Impuls. „Hoffnung scheint auf in Zeiten der Dunkelheit, der Gefährdung, der Unsicherheit. Die Ungewissheit des Ausgangs wird von der Hoffnung nicht geleugnet. Gleichwohl öffnet sie einen Raum für Sinn. Hoffnung in sich zu tragen ist ein Geschenk – man kann sie nicht einfach in sich erzeugen. Aber man kann ihr Raum geben, sie täglich gießen wie eine Pflanze, die ohne Wasser verkümmern würde.“ Gott selbst sei es, der sein Gesicht in das Gesicht einer jeden Religionslehrerin und eines jeden Religionslehrers legen wolle, „der genau in Ihnen seinen Ort findet, Hoffnung und Zuversicht in die Welt hineinzutragen“, sagte Augustyniak-Dürr.

Nach den Worten von Bischof Dr. Gebhard Fürst stehen Religionslehrkräfte und Schulseelsorgerinnen und -seelsorger „als Bürge und Bürgin dafür, dass es möglich ist, sein Leben in der Hoffnung auf einen Gott zu leben, von dem ich mich auch in schwierigen Lebenssituationen gehalten wissen darf“. Dies gelte gerade auch angesichts der Krisenerfahrungen von Corona, Krieg und Klimawandel, die vor allem die junge Generation tief verunsichert haben. Religionsunterricht und schulseelsorgerliche Angebote leisteten als „besonders bevorzugte und geeignete Orte der Krisenbewältigung“ einen wichtigen Beitrag, unterstrich der Bischof in seiner Rede vor rund 250 Lehrkräften. Sie böten „Rituale und Ankerpunkte an, die inmitten der Krisenerfahrungen und den damit verbundenen Grundverunsicherungen Verlässlichkeit geben und die Hoffnung stärken“.

Dies trage dazu bei, die Resilienz der Schülerinnen und Schüler zu stärken, um mit ihren Fragen und Ängsten umgehen zu können, und könne den jungen Menschen dabei helfen, selbst Lebens- und Alltagsstrukturen zu finden. Besonders in der Coronakrise mit den Lockdowns und Schulschließungen hätten viele Religionslehrkräfte kreative Ideen entwickelt, um den Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern aufrecht zu erhalten, „ihre Erfahrungen und Ängste aufzufangen und ihre Hoffnung und Zuversicht zu stärken“, sagte der Bischof. Schulseelsorgerliche Angebote hätten während der Krisenzeit an Bedeutung gewonnen.

Angesichts der vielfältigen Herausforderungen und Verunsicherungen, mit denen besonders junge Menschen konfrontiert sind, sei aber auch klar: „Hoffnung ist nicht nur ein Gefühl. Hoffnung ist eine starke Kraft, die zum tätigen Mitwirken motiviert, die uns geschenkte Schöpfung zu bewahren“, betonte der Bischof. Die Kirche sei hier ganz nah bei den Jugendlichen. Die Kirche wolle an der Seite der jungen Generation stehen und unterstütze die Bewegung auch um Greta Thunberg. Bischof Fürst ermutigte die Religionslehrerinnen und -lehrer, „nicht nachzulassen in Ihrer schönen Aufgabe, den Kindern und Jugendlichen ‚Frei-Räume‘ der Hoffnung zu erschließen und so der Hoffnung ein Gesicht, Ihr Gesicht, in der Schule zu geben“.

Dass Hoffnung nicht aus blindem „Trotzdem“ entstehe und deshalb von Optimismus zu unterscheiden sei, unterstrich Prof. Dr. Michael Schüßler in einem Impulsreferat. Hoffnung sei „nicht die Überzeugung, dass es gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht“, zitierte Schüßler den Publizisten, Menschenrechtler und einstigen Präsidenten der Tschechischen Republik, Václav Havel (1936-2011). Hoffnung sei „keine Kategorie der Zukunft, sondern Ereignis in gefährdeter Gegenwart“, so der in Tübingen Praktische Theologie lehrende Schüßler. Hoffnung auf Gott ereigne sich dort, „wo die Vielfalt und Verbundenheit allen Lebens und Sterbens (gegen alle Hoffnung, Röm 4,18) durchbricht“. Mit Blick auf aktuelle Diskussionen und Entwicklungen in der Kirche sieht er Vielfalt „als Begriff für eine Erfahrung, zu der es keinen Gegenbegriff gibt. Vielfalt ist der Begriff für das Leben selbst und der Gegenbegriff wäre der Tod“.

Den vielfältigen Erfahrungen von Religionslehrkräften, ihren Fragen und Nöten und Perspektiven, wie sich „ermutigt und gemeinsam Zukunft wagen“ lässt – wie es im Untertitel des Religionslehrer/-innen-Tages heißt –, diente ein Podium mit den Referenten des Tages sowie Vertreterinnen der Lehrkräfte und der jungen Generation. Über die Nöte von Schülerinnen und Schülern, mit denen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen konfrontiert sind, und über die guten Erfahrungen im konfessionell-kooperativen Religionsunterricht berichtete Religionslehrerin und Schulseelsorgerin Beate Brielmaier. Bischof Fürst und Ordinariatsrätin Augustyniak-Dürr unterstrichen den hohen Stellenwert, den der Religionsunterricht in der Diözese Rottenburg-Stuttgart habe und für den weiterhin viel Geld in die Hand genommen werde. Die Frauenfrage als Schlüsselpunkt und die Notwendigkeit, „sich schneller zu verändern“ als dies gegenwärtig der Fall sei, brachte Synodalin Svenja Stumpf als Vertreterin der jungen Generation ins Gespräch.

Als Vertreter der Politik bekannte sich Ministerialdirigent Klaus Lorenz vom Kultusministerium zu der guten Zusammenarbeit von Ministerium und den Schulen beim Religionsunterricht, der besonders auch an den beruflichen Schulen eine große Chance darstelle. Zuvor hatte bereits der Staatssekretär im baden-württembergischen Kultusministerium, Volker Schebesta, die Arbeit der Religionslehrerinnen und Religionslehrer und der Schulseelsorge in der Wertevermittlung bei jungen Menschen gewürdigt. Vor allem mit Blick auf die Erziehung zu Brüderlichkeit aller Menschen, Friedensliebe, sittlicher und politischer Verantwortlichkeit und sozialer Bewährung, wie sie in der Landesverfassung von Baden-Württemberg festgeschrieben ist, stelle eine religiös fundierte Wertevermittlung einen „ganz wichtigen Kitt in unserer Gesellschaft“ dar, sagte Schebesta. Ein Religionsunterricht, der den eigenen Glauben erschließt, aber zugleich den Austausch mit den anderen Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen fest im Blick hat, werde auch in Zukunft seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen.

Derzeit gibt es in Baden-Württemberg acht verschiedene Bekenntnisse im Religionsunterricht. Schebesta zeigte sich überzeugt, dass ein Religionsunterricht, der den eigenen Glauben erschließt, aber zugleich den Austausch mit den anderen Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen fest im Blick hat, auch in Zukunft seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen wird. Religionsunterricht sei ein Fundament dafür, „dass wir das gegenseitige Verständnis von Religionen in einer vielschichtigeren Welt besser vermitteln können".

Der Nachmittag des Religionslehrer/-innen-Tages war in besonderer Weise dem persönlichen Austausch und der Stärkung gewidmet. In 17 Workshops gab es Erbauliches wie Biblioblog und Übungen aus der ignatianischen Spiritualität und der Theaterpädagogik, Unterrichtskonzepte und Ideen zu aktuellen Themen wie Krieg und Frieden, Migration, Klimagerechtigkeit und globales Lernen bis hin zu Methoden und Materialien der außerschulischen religiösen Bildung. Ein feierlicher Gottesdienst im Münster mit Bischof Fürst und Pfarrer Gianfranco Loi, stellvertretender Dekan im Dekanat Ehingen-Ulm, rundeten den vielfältigen und inspirierenden Religionslehrer/-innen-Tag ab.

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