Tagung

Rollenarchitektur im Wandel

Rollenarchitektur im Wandel.

Die Tagung "Rollenarchitektur im Wandel" startet am kommenden Montag. Symboöbild (Pixabay)

Rollenarchitektur im Wandel

Klaus Kempter von der AGR - Aktionsgemeinschaft Rottenburg. Foto: DRS

Tagung in der Akademie der Diözese in Hohenheim zur Verantwortung der pastoralen Mitarbeiter:innen in der Transformation von Kirche.

Die Kirche steht vor einem grundlegenden Wandel.  Es stellt sich die Frage nach der Relevanz von Glaube und Kirche sowohl für die Kirche als Ganzes als auch für jeden Einzelnen. Auf der Veranstaltung, die sich an alle Berufsgruppen richtet, soll es zunächst darum gehen, die Dimension und die Dynamik der Veränderung zu verstehen, in der sich die Kirche befindet. Der zweite Tag fokussiert die Rolle der pastoralen Mitarbeiter:innen auf diesem Weg. Vor allem aber soll es um Abschied und Neuanfang gehen und um einen qualitativen Sprung in die Zukunft der Kirche.

Gedanken um die Zukunft

Die Idee zu dieser Tagung kam von den Berufsverbänden und stieß im Bischöflichen Ordinariat und in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart sofort auf offene Ohren. Ordinariatsrätin Regina Seneca, Leiterin der Hauptabteilung Pastorales Personal ist sehr erfreut über die über 160 Anmeldungen zur Tagung: „Wir begrüßen es sehr, dass wir motivierte, engagierte Mitarbeitende in allen Berufsgruppen haben, die sich Gedanken um die Zukunft machen und darüber, wie das Arbeiten aussehen kann und welche Rolle das pastorale Personal bei der Veränderung hat oder auch nicht hat.“


Julian Renner und Klaus Kempter sind seitens der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Vorbereitungskreis für die Berufsgruppentagung.

Ein Interview mit Klaus Kempter von der AGR - Aktionsgemeinschaft Rottenburg:

Berater Valentin Dessoy verantwortet und begleitet, zusammen mit seiner Partnerin Ursula Hahmann die Veranstaltung, die am 17. Und 18. März im Tagungszentrum der Akademie stattfindet. Wer sind Hahmann & Dessoy und warum arbeitet die Diözese mit externen Beratern zusammen?

Diese Thematik gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Kirchen und kirchlichen Organisationen vor besonderen Herausforderungen stehen. Der notwendige Wandel reicht tief bis zu den Wurzeln und führt zu einem veränderten Bild von Kirche, das sich in neuen Rollenbildern und Ausdrucksformen niederschlägt.
Als die Berufsgruppen die Idee hatten, sich im Rahmen einer Tagung mit diesem Thema zu beschäftigen, fiel die Wahl auf Hahmann&Dessoy. Beide begleiten Unternehmen in Veränderungsprozessen, vor denen auch unsere Diözese momentan steht. Da sie einen Schwerpunkt auf Kirche haben, waren sie unsere erste Wahl. Dem Vorbereitungsteam war es wichtig, bei dieser Frage auf Expert:innen von außen zurückzugreifen, um eine größere Offenheit und Unparteilichkeit zu garantieren. Nach einem ersten Vorgespräch mit Valentin Dessoy haben wir uns gerne zusammen auf den Weg gemacht.

In wie fern verändert sich die Rollenarchitektur der pastoralen Berufe?

Das Leben an den kirchlichen Orten im Nahraum wird von den Menschen vor Ort aufgrund ihrer Taufwürde und ihrer Begabungen getragen und verantwortet. Dadurch ändert sich die Rolle der hauptberuflichen Seelsorger:innen grundlegend. Angesichts des massiven Rückgangs des pastoralen Personals und der Priesterzahlen ist eine Aufrechterhaltung der momentanen Personalstrategie nicht mehr realistisch. Es ist anzunehmen, dass sich die Rollenarchitektur von einer Servicestruktur hin zu einer Begleitung von Ehrenamt wandelt. In Zukunft wird das Leben in den Gemeinden stärker von den Getauften gestaltet, während sie von Hauptamtlichen gefördert und begleitet werden. Diese Veränderungen erfordern eine neue Form der Zusammenarbeit und Verantwortungsübernahme in der kirchlichen Gemeinschaft.

Worum geht es bei dieser Tagung?

Die Tagung hat das Ziel, dass die Hauptamtlichen aktiver Teil der Veränderung werden und nicht immer nur auf bereits eingetroffene Veränderung im Nachgang reagieren, sich daher mit dem anstehenden Wandel auseinander setzen und hoffentlich positiv auf die kommenden Herausforderungen zugehen können. Dazu war es wichtig, best practice Beispiele aus verschiedenen Diözesen in Deutschland einzuladen, die eine Ahnung davon geben können, wie gelingende Pastoral aussehen kann in einer veränderten Kirche und Gesellschaft.

Wer ist dazu eingeladen und warum?

Alle Hauptamtlichen in der Pastoral in unserer Diözese, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Gemeinderefernt:innen, Pastoralreferent:innen, Diakone, Priester und auch Jugendreferent:innen.

Es haben sich 160 Teilnehmende aus allen vier pastoralen Berufsgruppen angemeldet. Das ist eine tolle Beteiligung! Haben Sie mit einer so hohen Resonanz gerechnet?

Wir waren selbst überrascht von der großen Nachfrage. Es zeigt, dass die anstehenden Veränderungen bereits in vielen Gemeinden ihre Schatten voraus werfen und viele spüren, dass ihr Arbeitsfeld anders sein wird, auch der Personalmangel ist schon spürbar. Vermutlich fühlen sich viele dahingehend etwas hilflos und erhoffen sich neue Impulse um mit der Situation umzugehen. So war zumindest auch die Situation derjenigen, die sich im Vorbereitungsteam zusammengefunden haben.

Welches Ziel haben Sie? Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich?

Ziel der Veranstaltung ist, die Dimension und Dynamik des Umbruchs zu verstehen, in dem sich die Kirche befindet und warum gerade auch über die Rollenfrage neu und anders nachgedacht bzw. gesprochen werden muss. Aber auch Ideen zu gewinnen, welche Rollen in einer sich verändernden Kirche denkbar und sinnvoll erscheinen, was die Verantwortung der Seelsorger:innen im Prozess der Veränderung sein kann und wie eine angemessen Rollenarchitektur hauptberufliche Tätiger und ehrenamtlich Engagierter in Zukunft aussehen kann. Und wir wollen herausfinden, wie ein Einstieg in eine veränderte Rollenpraxis gelingen kann und wie mit weichen Faktoren wie Trauer und Widerstand umzugehen ist, um möglichst viele auf dem Weg mitzunehmen und zu gewinnen.

Wie geht es nach der Veranstaltung weiter?

Es ist angedacht, der Tagung noch weitere Veranstaltungen in regelmäßigen Abständen folgen zu lassen, da uns bewusst ist, dass ein solch großes Thema nur der Auftakt zu einem großen Prozesssein kann. Auch den Bischof möchten wir in einer nächsten Tagung einbeziehen.

Drei Fragen an Valentin Dessoy von Hahmann&Dessoy

Was ist das Anliegen der Diözese und worin unterscheidet sich, wenn überhaupt, die Diözese Rottenburg-Stuttgart von anderen?

Man spürt der Änderungsdruck und verharrt in der bisherigen Seelsorgepraxis.  Bislang fehlte ein Konzept oder auch ein gemeinsamer Diskurs über die zukünftige Rolle. Wir gehen davon aus, dass die unterschiedlichen Akteur:innen zudem die Notwendigkeit einer veränderten Rollenarchitektur bzw. überhaupt eines Nachdenkens darüber sehr unterschiedlich einschätzen. Rottenburg-Stuttgart ist seit vielen Jahren reformerisch gut auf dem Weg, Veränderung gehört zur Kultur und da geht man durchaus sehr weit. Dennoch bewegen sich Veränderungen weitgehend in der Spur des Bisherigen. Systemisch gesehen, sind Reformen binnenorientiert, eher linear-stetig und letztlich auf den Erhalt des Status Quo angelegt. Der berufsgruppenübergreifende Blick und der Impuls aus den Berufsgruppen selbst sind etwas ganz Spezifisches.

Warum ist diese Transformation wichtig?

Die Kirche, wie wir sie kennen, vergeht, und die nächste Kirche wird eine andere Gestalt haben. Das parochiale Einheitsparadigma - Pfarrei als Handlungsmodell - hat keine Zukunft. Die Herausforderung besteht in der Zweigleisigkeit des Übergangs bei substanzieller Verknappung personeller und finanzieller Ressourcen. Bisherige Formen von Kirche werden noch etwa zehn Jahre gebraucht, weil Menschen da sind, die in diesen Formen sozialisiert sind. Gleichzeitig muss jetzt massiv in die Entwicklung von Formen kirchlichen Lebens investiert werden, die konsequent von den zukünftigen Adressat:innen her konzipiert sind, also jenen, die Kirche nicht oder nicht mehr erreichen kann. Diese Formen müssen ko-kreativ mit den Adressat:innen entwickelt, experimentell erprobt werden und perspektivisch darauf ausgerichtet sein, sich selbst zu finanzieren. Dafür sind bisherige Konzepte als Blaupause völlig ungeeignet.

 Was können Sie, was wir selbst nicht können?

Einen schonungsloser Blick auf die Realität und eine bedingungslose Außenperspektive. Ansonsten ein paar Ideen, wie der Weg in die nächste Kirche gehen könnte. Unser Ziel ist es, diejenigen in Verbindung zu bringen, die verstehen, was in der aktuellen Situation von Kirche erforderlich ist, Ihnen ein konzeptionelles und methodisches Rüstzeug zu geben und sie zu ermutigen, einfach zu beginnen.

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