Ende November beschloss der Diözesanrat die Klimaneutralität der Diözese Rottenburg-Stuttgart bis 2040. Damit dies gelingt, wird der Ausbau der Photovoltaik-Nutzung auf Kirchendächern künftig offensiv vorangetrieben. Dazu wurde die „DRS regenerative Energie GmbH“ gegründet, deren Geschäftsführer Stefan Edele und Wolfgang Zilk im Interview die Hintergründe erläutern.
Herr Edele, welchen Beitrag soll die DRS regenerative Energie GmbH zum Erreichen der diözesanen Klimaschutzziele genau leisten?
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat sich mit ihren Kirchengemeinden, Dekanaten und diözesanen Einrichtungen zum Ziel gesetzt, die Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Ein wichtiger Bestandteil davon ist ein flächendeckender Ausbau von erneuerbaren Energien auf kirchengemeindlichen Gebäuden und Grundstücken. Derzeit sind nach den vorliegenden Daten auf kirchlichen Dächern der Diözese Photovoltaikanlagen mit einer Kapazität von 4.451 kWp installiert. Das entspricht rund 4,2 Prozent des möglichen Photovoltaik-Potenzials auf kirchlichen Dächern. Diese liefern einen geschätzten Ertrag von 4.228 MWh pro Jahr. Eine Potenzialanalyse zum Ausbau von Photovoltaik-Anlagen auf kirchlichen Dächern ergibt, dass eine installierbare Leistung von etwa 110.000 kWp erreicht werden könnte. Bezüglich des möglichen Ertrags ergeben sich etwa 100.000 MWh im Jahr. Je nach Szenario der Gebäudereduktion und des realisierten Photovoltaik-Potenzials könnten durch die PV-Anlagen so die gesamten Heizstromverbräuche der diözesanen und kirchen-gemeindlichen Gebäude im Jahr 2040 produziert werden.
Welche Gründe sprachen dafür, die DRS regenerative Energie GmbH als 100-prozentige Gesellschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart zu gründen?
Aus steuerlichen und finanziellen Gründen wurde die Variante einer 100-prozentigen Gesellschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart gewählt.
Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit zwischen der DRS regenerative Energie GmbH und dem kirchlichen Energieerzeuger KSE mit Sitz in Freiburg?
Die KSE, deren Mitgesellschafterin die Diözese Rottenburg-Stuttgart ist, wird für die DRS regenerative Energie GmbH die Vorprüfung, Planung, Vergabe, Baubegleitung, Abnahme und Betriebsführung der Photovoltaikanlagen übernehmen. Die KSE ist somit Dienstleisterin für die DRS regenerative Energie GmbH, die Eigentümerin der Photovoltaikanlagen wird, und die Dachflächen von den Kirchengemeinden pachtet.
Herr Zilk, in der Vergangenheit war der Denkmalschutz ein Hindernis beim Photovoltaikausbau auf Kirchendächern. Gab es da Änderungen, was den denkmalpflegerischen Rahmen betrifft?
Ja, das Ministerium für Landentwicklung und Wohnen hat 2022 die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen erlassen und diese 2023 ergänzt. Demnach werden die Belange des Denkmalschutzes zugunsten des Ausbaus von Photovoltaik-Anlagen zurückgestellt. Es wird allerdings schon vorausgesetzt, dass sich die Anlage der Dachfläche unterordnet, also diese nicht ‚fremdartig überformt‘. Ist dies gewährleistet, ist eine Genehmigung in der Regel zu erteilen.
Und wie steht es um architektonische und artenschutzrechtliche Belange?
Das Bischöfliche Bauamt ist von Beginn an in die Auswahl und Vorprüfung der Standorte einbezogen. Die dortigen Kollegen bringen die architektonischen Belange auch in allen folgenden Schritten mit ein. Dies gilt auch für die Belange des Artenschutzes, für welche eine entsprechende Genehmigung bei der Naturschutzbehörde eingeholt wird.
Mit welchem Geschäftsmodell soll der Photovoltaikausbau auf den Kirchendächern in Württemberg künftig bewerkstelligt werden?
Nach dem sogenannten Betreibermodell: Eigentümerin der Anlage wird nach diesem Modell die DRS regenerative Energie GmbH. Die Kirchengemeinde erhält – unabhängig vom tatsächlichen Ertrag der Anlage – eine Dachpacht seitens der DRS regenerative Energie GmbH. Angedacht sind 5 Euro je kWp im Jahr. Bei den Kirchengemeinden verbleibt es beim verwaltungsarmen ‚Rundum-Sorglos-Paket‘, da sämtliche administrativen und operativen Aufgaben von der GmbH übernommen werden.
Warum wird diesem Betreibermodell – auch mit Blick auf die Kirchengemeinden – gegenüber anderen der Vorzug gegeben?
Die Kirchengemeinden in der Diözese sind, sowohl von der Mitgliederzahl als auch von der finanziellen Ausstattung, sehr heterogen. Das Betreibermodell erlaubt es, unabhängig von diesen Voraussetzungen und vom ehrenamtlichen Engagement in den Kirchengemeinden, PV-Anlagen in allen Kirchengemeinden zu bauen und gleichzeitig vor Ort den Aufwand zu minimieren. So kann sich jede Kirchengemeinde an der Erreichung der Klimaziele beteiligen, es wird aber niemand überfordert.
Welche administrativen Schritte sind in den Kirchengemeinden nötig, damit diese ihre Dächer an die DRS regenerative Energie GmbH verpachten können?
Die Kirchengemeinde entschließt sich im Rahmen der diözesanen Photovoltaik-Kampagne zur Zielerreichung der Klimaneutralität 2040 dazu, eine Dachfläche für eine PV-Anlage zur Verfügung zu stellen. Mit Unterstützung des zuständigen Verwaltungszentrums wird, wie für jede Baumaßnahme in den Kirchengemeinden üblich, das Bischöflichen Bauamt – hier das Klimaschutzmanagement – kontaktiert. Von hier aus werden die weiteren Schritte koordiniert.
Gibt es Ihrerseits während des Prozesses der Errichtung und des Betriebs der Photovoltaikanlagen Unterstützung für die Kirchengemeinden?
Das Bischöfliche Bauamt nimmt in Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden und Verwaltungszentren eine Vorauswahl der geeignet erscheinenden Objekte vor. Anhand dieser Vorauswahl erfolgt durch die KSE eine Vorprüfung und je nach Ergebnis die Planung, Vergabe für die erforderlichen Leistungen, die Errichtung sowie der Betrieb der PV-Anlage – im Auftrag und auf Kosten der GmbH. Wir bezeichnen dies auch als Rundum-Sorglos-Paket für die Kirchengemeinden.
Herr Edele, wie plant die neue GmbH, sicherzustellen, dass die Photovoltaikanlagen effizient betrieben werden und langfristig ihren ökologischen Nutzen entfalten?
Die KSE stellt ein dauerhaftes Internet-Monitoring-Portal für die Überwachung der Anlagen zur Verfügung; ein Fernüberwachungs-System, welches eine Darstellung der generierten Erträge und eine Analyse des technischen Zustands der Anlagen ermöglicht. Die KSE und die DRS regenerative Energie GmbH können via Internet-Zugriff auf die Daten ihrer Anlagen zugreifen. Eine Funktionskontrolle erfolgt, indem die Anlagendaten via Datenleitung an das Monitoring-Portal gesendet werden, dort aufbereitet und im geschützten Portal für berechtigte Personen zum Abruf bereitgestellt sind. Im Fall von Betriebsstörungen wird automatisch ein Alarm an die KSE übermittelt und von dieser ausgewertet. Die KSE veranlasst innerhalb von zwei Werktagen nach Eintreffen der Meldung die Instandsetzung und Behebung der Störung. Zudem erstellt die KSE für jede Anlage einen jährlich Bericht über das abgelaufene Betriebsjahr, der die durchgeführten Arbeiten, besondere Betriebsereignisse wie zum Beispiel Störungen, sowie den Stromertrag der Photovoltaik-Anlage in einer Soll – Ist-Analyse darstellt.
Gibt es bereits Kirchengemeinden, die ihr Interesse bekundet haben und was sind hierbei die nächsten Schritte?
Die Interessenten werden in sogenannte Cluster – Gruppen von Objekten, die sich in räumlicher Nähe befinden – zusammengefasst, die gemeinsam geprüft und beauftragt werden. Derzeit wurden bereits neun Cluster mit 204 Anlagen gebildet. Nach einer Vorprüfung der gemeldeten Gebäude durch die KSE und dem Abschluss des Dachpachtvertrages mit der entsprechenden Kirchengemeinde wird der Aufsichtsrat der DRS regenerative Energie GmbH die Verwirklichung jeder einzelnen Anlage beraten und beschließen.