Corona

Seelsorge in Zeiten von Corona

Klinikseelsorger Jürgen Rist

Klinikseelsorger Jürgen Rist kümmert sich um die seelischen Nöte der Patienten und Beschäftigten im Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn. Foto: Klinikseelsorge

Diakon Carsten Wriedt

Diakon Carsten Wriedt ist schwerpunktmäßig für Heimbewohner da. Foto: privat

Psychologische Psychotherapeutin Gabriele Stark

Gabriele Stark leitet die Psychologische Familien- und Lebensberatung der Caritas Heilbronn-Hohenlohe. Foto: Caritas Heilbronn-Hohenlohe

Ein Klinikseelsorger, ein Seelsorger für Senioren und die Leiterin der Psychologischen Familien- und Lebensberatung schildern ihre Erlebnisse.

Die Corona-Krise bringt außergewöhnliche und bedrückende Umstände mit sich. „Die Covid-19-Patienten spüren, dass es eine ganz andere Erkrankung ist. Alle begegnen einem mit Vorsicht und in Schutzkleidung“, sagt Jürgen Rist. Das sei für die Betroffenen belastend.

Wenn ein Patient dann jemanden für ein Gespräch oder ein gemeinsames Gebet braucht, ist Rist zur Stelle. Der Pastoralreferent ist katholischer Klinikseelsorger im Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn, wo es ein vierköpfiges, ökumenisch zusammengesetztes Seelsorge-Team gibt. Für das Personal steht er dabei ebenfalls als Ansprechpartner bereit.

Rist hat im Haus aber noch eine weitere Aufgabe: Er ist klinischer Ethikberater. „Im Ethikkomitee haben wir uns vor allem mit der Frage nach einer möglichen Priorisierung von Patienten auseinandergesetzt. Zum Glück ist es nur bei den Vorüberlegungen für den Notfall geblieben“, berichtet er. Zudem seien die Ethik-Standortgespräche von wöchentlich auf täglich intensiviert worden. Dabei gehe es zum Beispiel um die Überprüfung der Therapieziele, und ob sie im Einklang mit den Patientenwünschen auf der Intensivstation sind. Dieses Format gebe es schon länger - auch schon vor Corona.

Eine Frage der Ethik

Als intensives Ringen beschreibt Rist die Gespräche, die im Ethikkomitee zum Thema Priorisierung stattfanden. Dabei stellt er richtig, was in der medialen Diskussion manchmal etwas durcheinandergeraten sei: „Triage-Situationen hat es schon immer gegeben.“ Rist nennt einen Unfall mit vielen Verletzten als Beispiel, bei dem entschieden werden muss, wer zuerst versorgt wird; oder die Situation in der Notaufnahme, wenn leichter Erkrankte bei einem plötzlichen Notfall mit Schwerverletzten warten müssen, bis sie drankommen.  

Neu sei aber die Frage gewesen, ob bei bestimmten Patienten die Beatmung abgebrochen werden soll, wenn die Kapazitäten für andere Patienten nicht reichen, wie Rist erklärt. Aber wie gesagt: „Gott sei Dank, blieb es nur bei Vorüberlegungen.“

Da derzeit keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden dürfen, bietet die Klinikseelsorge dreimal in der Woche um 17 Uhr kurze Gedanken-Impulse, die in die Patientenzimmer übertragen werden. „Auch für die Mitarbeiter im Haus haben wir unser seelsorgerliches Angebot deutlich formuliert“, ergänzt Rist.

„Viele Angehörige wissen nicht, dass wir ihre Kranken auch auf ihren Wunsch hin besuchen – vor allem jetzt, da sie durch das Besuchsverbot ihre Partner, Eltern, Großeltern oder Freunde nicht selbst besuchen können. Man kann uns einfach per Telefon oder per E-Mail benachrichtigen“, sagt Rist. Die Besuche bei den Patienten nimmt er dann in Schutzausrüstung vor.

Kontakt per Telefon

Für Carsten Wriedt ist die seelsorgerische Arbeit dagegen eingeschränkt. „Ich komme in die Häuser derzeit gar nicht rein“, sagt er. Der Diakon von St. Peter und Paul Heilbronn ist schwerpunktmäßig für sieben Senioreneinrichtungen seelsorgerisch tätig. Das funktioniere aufgrund der Beschränkungen derzeit nur vom Schreibtisch aus, per Telefon, wie Wriedt erklärt. Auf diese Weise hält er zu den Heimbewohnern Kontakt – wenn es möglich ist.

Denn schon unter normalen Umständen hätten viele von ihnen Schwierigkeiten, sagt der Diakon: Die altersbedingten Sinnesbeeinträchtigungen schränkten die direkte Kommunikation ein. Gespräche am Telefon gestalten sich dann ebenfalls schwierig.

Nicht nur nach außen und zu Angehörigen, sondern auch untereinander haben die Bewohner jetzt weniger Kontakte, wie Wriedt berichtet. So werde das Essen aufs Zimmer gebracht und nicht im Gemeinschaftsraum eingenommen.

Auf das gemeinsame Beten und Singen – „das tut ihnen immer gut“, sagt Wriedt – müssen die Bewohner verzichten. Immerhin konnte er in einem Haus Gottesdienste per Lautsprecheranlage übertragen, weil er dafür den Wohnbereich nicht betreten musste, erklärt der Diakon.

Beratung in der Krise

Am Telefon steht auch Gabriele Stark Ratsuchenden zur Seite. Stark leitet die Psychologische Familien- und Lebensberatung der Caritas Heilbronn-Hohenlohe. Die hat nicht nur ihr bisheriges Beratungsangebot auf telefonische Hilfe umgestellt, sondern zusätzlich ein spezielles Corona-Krisentelefon eingerichtet. „Derzeit rufen überwiegend ältere Menschen an“, berichtet Stark über das Krisentelefon.

Vor allem bei Einsamkeit, Depression und Angst nutzen die Menschen laut Stark das Angebot. „Die Angst ist dabei vielfältig. Das Gefühl, die Dinge nicht mehr im Griff zu haben, beschäftigt uns alle. Der Kontrollverlust löst Angst aus, was durchaus nachvollziehbar ist“, erklärt die psychologische Psychotherapeutin.

Den Menschen, die derzeit Angst haben, gibt sie mit, dass wir irgendwann auch diese Krise überstanden haben: „Dann gibt es einen Rückblick, den jeder auch schon jetzt machen kann. Was habe ich gemacht? Wo war ich für wen da? Wer ist mir wertvoll geworden? Welche Beziehung hat an Bedeutung zugenommen? Das Sich-mitteilen, das Sprechen über die eigene Befindlichkeit, über Sorgen und Ängste kann befreien und neue Perspektiven eröffnen.“

Kontaktmöglichkeiten

Klinikseelsorger Jürgen Rist ist unter der Nummer 07131/ 49 40 71 0 oder per Mail an juergen.rist(at)slk-kliniken.de zu erreichen. Informationen zur Klinikseelsorge im Klinikum am Gesundbrunnen finden sich im Internet.

Das Krisentelefon der Psychologischen Familien- und Lebensberatung der Caritas Heilbronn-Hohenlohe ist montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr unter der Telefonnummer 07131/ 89 80 93 02 erreichbar. Informationen auch zu weiteren Angeboten der Caritas Heilbronn-Hohenlohe finden sich im Internet.

Diakon Carsten Wriedt ist unter der Telefonnummer 07131 / 74 12 01 4 zu erreichen.

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