Landvolk

Seelsorge ist Nähe zu den Leuten

Porträtfoto

Pfarrer i.R. Paul Notz im Wintergarten seines Ruhesitzes in Bonlanden - Foto: DRS/Waggershauser

Aufgewachsen auf dem Dorf fühlt sich Paul Notz als Pfarrer und bisheriger Landvolkspräses vor allem den Menschen im ländlichen Raum verbunden.

Die Situation im städtischen Umfeld kennt er schon auch. "Da kamen gerade mal zwei meiner Schüler am Sonntag in den Gottesdienst", berichtet Paul Notz von seiner Vikarszeit in Kornwestheim Anfang der 1980er Jahre. Ganz anders in Seekirch am Federsee bei Bad Buchau, seiner ersten Pfarrstelle. Da hätten sich die Leute entschuldigt, wenn sie sonntags nicht in die Messe kommen konnten. Und die Schüler:innen wollten seine Tasche tragen, als er zum Religionsunterricht den Schulhof betrat. Werten wolle er die Unterschiede nicht, betont der heute 72-Jährige. Wichtig sei es eine Stelle zu haben, die einem liege und an der man seine Fähigkeiten einbringen könne.

Für Paul Notz lagen diese Stellen ganz klar im ländlichen Raum - in der Gegend um Höchstberg bei Heilbronn wie an seinen oberschwäbischen Wirkstätten. Als Pensionär lebt er seit genau vier Jahren wieder in Bonlanden nahe der bayerischen Grenze zu Memmingen. Hier wuchs er am Fuße des Klosters der Franziskanerinnen auf, ministrierte in der dortigen Kirche, traf sich mit der Dorfjugend nach dem Gottesdienst in der Wirtschaft - und entdeckte seinen Wunsch, Priester zu werden. Auch wenn die Entwicklung sehr unterschiedlich sei, habe sich die Situation auf dem Land heute natürlich verändert. Trotzdem nähmen die Menschen genauer als in der Stadt wahr, wie der Pfarrer lebe. "Sie wollen wissen: Meinst du das ernst, was du sagst", weiß Paul Notz.

Heimat hat viele Orte

Spricht der Geistliche von Heimat, meint er aber nicht nur Bonlanden. "Das Landvolk hat mir Heimat gegeben", sagt er und erwähnt die jährliche Wallfahrt nach Flüeli. Im 15. Jahrhundert lebte dort der heilige Bruder Klaus, Patron des Verbands Katholisches Landvolk (VKL). Im Jahr 2000 begleitete Paul Notz die Pilgernden erstmals dorthin und war völlig begeistert. "2001 bin ich dann zum Landvolkspräses ernannt worden", berichtet der Priester. Auch als er 2002 vom Fränkischen mit Zwischenstationen in Ecuador und Untermarchtal in die schönste Dorfkirche der Welt nach Steinhausen wechselte, behielt er die VKL-Funktion und organisierte weitere 25 Jahre das spirituelle Event in der Schweiz mit etwa 300 Teilnehmenden.

Das ist anstrengend. "Wenn ich in den Bus eingestiegen bin, war das fast wie ein doppeltes Weihnachtsfest, das ich gestalten musste", gesteht der Geistliche und zählt Gottesdienste, Führungen, Gebete und die Lichterprozession auf. Im Ablauf kam mit der Zeit eine gewisse Routine. Und trotzdem blieb er spontan. In einem Jahr seien viele Kinder dabei gewesen. Sie durften beim Rosenkranz das "Gegrüßet seist du Maria" durchs Mikrofon vorbeten und hätten sich gefreut, ihre Stimme im ganzen Bus zu hören. In den Pausen spielte der Pfarrer mit den jungen Leuten Karten. In Flüeli angekommen entdeckte Paul Notz auf einem alten Gemälde eine Szene, die ihm noch nie aufgefallen war. Während Klaus im Hintergrund betet, spielen andere Kinder Karten.

Mit Menschen unterwegs bleiben

Um mit den Menschen unterwegs zu sein, regte Paul Notz auch innerhalb der Diözese weitere Wallfahrten an. Zusammen mit dem Vorstandsteam des VKL, dem er als Präses bis zu seiner Verabschiedung vor wenigen Wochen angehörte, war er auch für "cura familia" zuständig. Mit gut 100 Angestellten schickt der Dienst Betriebshelfer:innen auf Bauernhöfe, wenn dort wegen Krankheit oder anderer Notlagen Arbeitskräfte ausfallen. Einen der ersten Mitarbeiter, der auch aus Bonlanden stammt, besuchte Paul Notz als Abiturient in Ehingen bei seinem ersten Einsatz. "Dem habe ich jetzt die Ehrenmedaille in Gold überreicht", freut sich der Priester. "Das ist eine schöne Fügung."

"Du hast ein Leben lang Heimweh nach den Pfarreien, wenn du im Ruhestand bist", prophezeite ihm ein früherer Heimatpfarrer. Über die VKL-Veranstaltungen konnte Paul Notz mit ehemaligen Gemeindemitgliedern in Verbindung bleiben - auch mit denen seiner letzten Pfarrstelle in der Seelsorgeeinheit Bad Wurzach. Aprilscherze mit Jugendlichen, ein Erntedankgottesdienst in der Scheune mit einem Altar aus Strohballen, aus Dankbarkeit geschenkte Eier: "Das sind bleibende Erlebnisse", weiß der Geistliche, auch wenn man auf dem Land auch mal Liedblätter selber kopieren müsse. "Aber das ganze mit dem Landvolk konnte ich nur nebenher machen, weil Petra Grabherr im Pfarrhaus war", lobt er seine langjährige Begleiterin als Pfarrhausfrau.

Dankbar und mit innerer Erfüllung

Abgeben und loslassen ist notwendig, auch wenn es schwerfällt. Neue Aufgaben fand der rüstige Pfarrpensionär als Mesnerpräses im Dekanat Biberach. Im Kloster Bonlanden und in der Seelsorgeeinheit Rot-Iller feiert er regelmäßig Gottesdienste. Und wenn Leute ihn wie bisher wegen eines seelsorgerlichen Gesprächs aufsuchen, freut er sich. Während all seiner Jahre als Priester und Landvolkpräses war es ihm aber auch immer wichtig, die Menschen auf den Höfen und anderswo - wenigstens exemplarisch - aufzusuchen und sie wahrzunehmen. "Wenn ich eine Nähe zu den Leuten habe, dann macht die Seelsorge Freude", ist Paul Notz überzeugt. "Dann sind die Leute dankbar und für mich ist es eine innere Erfüllung."

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