Wer macht sich da in der Seitenkapelle der Kirche Mariä Krönung in Stuppach mit dem Pinsel an dem berühmten Bild der „Stuppacher Madonna“ zu schaffen? Er dürfe das, sagt der Mann, als er ertappt wird. Schließlich sei er der Künstler höchstpersönlich. Dabei ist dieser bereits seit rund 500 Jahren tot.
Doch ein Rollenspiel lässt ihn wieder lebendig werden. Mit dem Stück will das Team, das Besucher:innen bei Führungen zur „Stuppacher Madonna“ begleitet, dem Publikum das berühmte Gemälde in einer lockeren Form präsentieren, wie Silke Dörr erklärt.
Sie verkörpert die Schwester von Balthasar Blumhofer. Der Pfarrer kaufte das Madonnenbild im Jahr 1812 für die Kirche in Stuppach. Die für das Stück erdachte Schwester erwischt den Maler bei der Arbeit und verwickelt ihn in ein Gespräch über sein Werk.
Selbst geschriebene Dialoge
Die Dialogtexte hat sich Dr. Adalbert Ruhnke ausgedacht. Der 68-jährige Zahnarzt im Ruhestand spielt den Renaissance-Künstler Matthias Grünewald, den Schöpfer der „Stuppacher Madonna“. Er habe in die Dialoge hineingeschrieben, was in den Führungen vorkomme. Die dritte Figur in dem Stück ist eine Restauratorin beziehungsweise ein Restaurator. Leonie Hofmann und Josua Landwehr übernehmen diesen Part abwechselnd, je nach Termin. Vom Restaurator und der Restauratorin erfährt der Künstler und mit ihm die Zuschauer:innen, was mit seinem Gemälde im Laufe der Jahrhunderte passiert ist, wie es erforscht und restauriert wurde.
Alle Darsteller:innen gehören zum sechsköpfigen Team, das sich vor mehr als zwei Jahren neu formierte, um das Angebot an Führungen zur „Stuppacher Madonna“ fortzusetzen. Es sei eine andere Form des Erlebens, wenn man jedes Detail kenne, sagt Ruhnke über diesen Einsatz: „Jetzt kann ich einschätzen, was für ein genialer Maler Matthias Grünewald war.“
Anfragen von unterschiedlichen Gruppen
Bei den Führungen habe jedes Mitglied des Teams einen persönlichen Schwerpunkt. Trotz all der Erläuterungen zur christlichen Symbolik, die in der Motivik und Komposition der Malerei versteckt ist, dürften die Besucher:innen aber auch das sehen, was sie empfinden. Laut Dörr, die die Anfragen managt, werden Führungen von Reiseunternehmen, Vereinen, Schulen, Kunstinteressierten und für Familienangehörige gebucht. Die Nachfrage sei gut.
„Es ist schon etwas Besonderes für ein 600-Einwohner-Dorf“, sagt Landwehr. Der 19-jährige Student des Wirtschaftsingenieurwesens und die gleichaltrige Rollenspielkollegin Hofmann sind die beiden Jüngsten im Team. Bei den Führungen treffe sie interessante Leute, erklärt diese.
„Das Religiöse spielt eine Rolle bei den Besucher:innen“, berichtet Ruhnke aus seinen Erfahrungen. So stimmt manche Gruppe bei der Besichtigung schon einmal spontan ein Marienlied an. Die etwa 45-minütigen Darbietungen des Rollenspiels ergänzen die Führungen und bilden ein spezielles Veranstaltungsangebot zum Auftakt und Abschluss der Hauptsaison.