Die Männer bestimmen, aber die Frauen sorgen dafür, dass die Familie und das Gemeinwesen leben. Das ist einmal mehr deutlich geworden bei einem Besuch von Juliane Hernandez und Thomas Broch in Camelco in der Region Champin, hoch in der Bergen der guatemaltekischen Provinz Alta Verapaz.
Mit dabei ist auch Gertrud Frank-Wizemann, ehemalige Referentin für Mittelamerika in der Hauptabteilung Weltkirche und bestens mit den Verhältnissen in Guatemala vertraut; sie ist seit der zweiten Woche die Dritte im Bunde der kleinen Reisegruppe.
Kunstvolle Textilien
In einem Gemeinschaftshaus werden die deutschen Gäste und ihre Begleiter:innen von der Sozial-Pastoral der Diözese La Verapaz von einer Gruppe indigener Frauen der Q’ekchui‘-Maja empfangen. Diese sind Delegierte der von der Diözese geförderten Selbsthilfeorganisation von Frauen in den Dörfern der Region.
Mehr als eine Stunde Fußweg haben sie zum Teil zurückgelegt. Vor zwei Wochen hatten 34 Frauen einen Kurs in Leadership absolviert; ein großer Teil von ihnen empfängt jetzt im Wohnhaus einer der Frauen die Gäste. Auch viele Kinder sind dabei. Alle Frauen sind festlich in der Tracht ihres Volkes gekleidet. Und sie zeigen stolz die Textilien, die sie weben und besticken – wunderschöne Kunstwerke. Einen Monat lang arbeitet eine Frau an einem mittelgroßen Stück.
Klare Vorstellungen
Zunächst sind sie sehr zurückhaltend, aber dann meldet sich eine nach der anderen zu Wort – immer offener, immer selbstbewusster, mit zustimmenden Kommentaren der anderen unterstützt. Dass drei Gäste aus Deutschland zu ihnen kommen, das würdigen sie sehr; von der Regierung komme nie jemand, sagen sie. Aber die bräuchten ja auch gar nicht zu kommen. Sie versprächen viel und hielten nichts davon ein, es seien alles Lügen.
Die Frauen haben klare Vorstellungen von dem, was sie benötigen und was sie wollen: faire Preise etwa für ihre Webarbeiten, und auch für das Obst und das Gemüse, das sie auf den Markt bringen, oder auch mehr Mitbestimmung, wenn es um die Belange des Gemeinwesens geht. Auch an die anwesenden Kirchenleute stellen sie klare Forderungen: dass sie weiterhin unterstützt werden, dass ihnen Vieh zur Verfügung gestellt wird, damit sie ihre eigene Versorgung und ihren Lebensunterhalt verbessern können – und anderes mehr.
Etwas voranbringen
Es ist keine gedrückte oder angespannte Stimmung – im Gegenteil: Die Frauen sind guter Dinge, lachen viel, äußern sehr selbstbewusst und offen ihre Ansichten. Sie sind engagiert und wollen etwas voranbringen. Und sie haben politische Ziele. Es ist beeindruckend und bewegend.
Und am Ende des Treffens bewirten sie ihre Gäste großzügig – sie sind hier nicht Empfänger von Wohltaten, sondern Gastgeber. Sie mögen arm sein, aber sie sind stolz.