Katholikentag

Tabu für Frauen

Tilmann Kugler von der Diözese Rottenburg-Stuttgart erklärt den Männern auf dem Katholikentag, wie Männerarbeit geht. Foto: Diözese Rottenburg -Stuttgart / Nelly Swiebocki-Kisling

In der „Werkstatt Männergruppen“ stellt Bildungsreferent Tilman Kugler zwölf Männern auf dem Katholikentag seine Männerarbeit in der Diözese vor.

Im Haus Dacheröden am Anger in Erfurt sitzen zwölf Männer im Alter zwischen etwa 50  und 75  im Stuhlkreis. Einige bringen bereits Erfahrung in der Männerarbeit mit, sind in ihren Wohnorten bereits in Gruppen eingebunden. Andere wollen wissen: Was ist eine Männergruppe? Und letztendlich auch: Wer ist die Zielgruppe in dieser Werkstatt? Tilmann Kugler vom Fachbereich Männer der HA XI arbeitet seit 30 Jahren in diesem Bereich, seit 28 Jahren für die Diözese. In wenigen Monaten geht er in Rente. Er stellt den Teilnehmern die Männerarbeit in der Diözese Rottenburg-Stuttgart vor und macht neugierig auf mehr. Er klärt auf: „Die Männergruppen sind für alle Menschen die sich als Männer verstehen. Diese Definition ist seit der LGBTIQ-Bewegung ins Schwimmen geraten. Viele  Männer sind flexibler in ihrer Vorstellung von sich geworden. Wir bieten allen, die sich als Männer lesen den Raum, über sich und ihre Anliegen ins Gespräch zu kommen.“ Der Titel der Werkstatt bring es auf den Punkt: „Männergruppen – Orte des Lernens und der gegenseitigen Beratung.“ Männer haben Redebedarf.

Frauen müssen draußen bleiben

Schon zu Beginn ist klar: Frauen haben in dieser Gruppe nichts verloren. Wie Frauen auch, reden Männer freier und unbeschwerter über ihre Themen, wenn sie unter sich und im geschützten Raum sind. Und das ist auch gut so. Dennoch ist es wichtig, die Teilnehmenden auch zu fragen, wie sie sich selbst lesen. Ein erster Blick auf den Menschen reicht nicht.

Männer möchten Teil der Lösung sein

Einer der Männer, die heute ins Haus Dacheröden gekommen ist, ist Klaus. Seinen Nachnamen möchte er nicht verraten. „Weil manche Männer sich schwer tun zuzugeben, dass es etwas zu lernen gibt“, erklärt Tilman Kugler von der Diözese. „Ich weiß, ich habe Lernbedarf!“ gibt Klaus, der Teilnehmer, zu und erklärt, warum Männergruppen wichtig sind: „Die Emanzipation hat bei den Frauen stattgefunden. Sie haben Aufgaben übernommen, die ursprünglich bei den Männern lagen. Dadurch ist die Männerrolle angegriffen worden und braucht eine Neubestimmung.“ Dass viele Männer in ihrem Männerbild verunsichert sind, leuchtet ein. Tilman Kugler erklärt das so: „Männer leben oft in Konfrontation mit der Frauenbewegung. Sie möchten aber nicht das Problem der Frauen sein, sondern Teil der Lösung.“

Am Lagerfeuer habe ich gemerkt: Es ist anders!

Ein anderer Teilnehmer ist Werner Fenrich. Er ist Mitte 70 und kam erst mit Mitte 60 in die Männerarbeit. Auslöser war sein engagierter Sohn. Diesen begleitete Fenrich das erste Mal an einem Christi Himmelfahrt-Tag nach Bad Kissingen zu einem überkonfessionellen Männertreffen mit über 200 Teilnehmern. „Am Lagerfeuer habe ich gemerkt: Es ist anders. Auch Themen wie die Vater-Sohn-Beziehung bespricht man am besten unter Männern, ohne die Mutter des Sohnes.“ Viele vaterlose Söhne finden männliche Bestätigung in den Männergruppen, so der dreifache Familienvater im Gespräch. Seitdem ist Werner Fenrich jedes Jahr bei den Männercamps dabei und engagiert sich in einer weiteren Gruppe. Fenrich: „Es geht auch darum, den Männern zu mehr Freiheit zu verhelfen. Weg von ihren Abhängigkeiten und Traumata, für mehr Freiheit zu Gott. Wir führen die Gefühle der Männer vom Kopf in das Herz.“

Männern tut es gut

In seinem Workshop in Erfurt geht Tilman Kugler auf wichtige Regeln innerhalb der Gruppe ein und spricht über die Methodik bei der Männerarbeit, etwa wie eine Gruppenstunde abläuft und wie lange jeder Schritt dauern sollte. Sein Fazit, warum die zwölf Männer heute in die Werkstatt gekommen sind: „Männer, die in Männergruppen gehen, tut es gut. Es ist ein wichtiger Lebensraum für sie. Es ist aber nicht einfach, eine Männergruppe zu finden. Deshalb gründen sie dann selbst eine und finden Gleichgesinnte.“

Bei Klaus hat der Workshop den Impuls ausgelöst, selbst eine Männergruppe zu gründen. Er erklärt: „Das passiert durchaus auch in dem Kontext, wie ich meine Rentenzeit gestalten möchte.“ Und er ergänzt: „Ich möchte mich immer engagieren und die Welt retten. Diese Hoffnung habe ich nicht, aber die Männergruppe wird mir und anderen guttun.“

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Katholikentag in Erfurt

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