Tickt eine Theologenfamilie anders?

Dennis und Daniela Mangold sitzen sich gegenüber. Von Dennis ist eher der Hinterkopf, von Daniela das Gesicht zu sehen.

Dennis und Daniela Mangold im Gespräch - Foto: DRS/Waggershauser

Pastoralreferentin Daniela Mangold und ihr Mann Dennis, Religionslehrer und Diakon, lassen in ihr Leben blicken.

Länger ausschlafen, sich im Bad Zeit lassen und dann gemütlich brunchen. So genießen viele Eltern mit ihren Kindern den Sonntagmorgen. "Während die anderen Familien chillen, sind wir voll in Action", sagt Dennis Mangold - auch im Blick auf die kommenden Weihnachtsfeiertage. Der 44-jährige Religionslehrer gestaltet seit seiner Weihe zum Diakon unter anderem Gottesdienste und unterstützt die Jugendarbeit in Bad Saulgau und Umgebung. Seine Frau Daniela kümmert sich als Pastoralreferentin um Familien und Erstkommunionkinder in der Seelsorgeeinheit Aulendorf.

Im Sommer 2020 verlegten die beiden ihren Arbeitsplatz und ihren Lebensmittelpunkt von Backnang nach Oberschwaben. Niklas geht am Wohnort Aulendorf in den Kindergarten und seine Schwester Avital besucht inzwischen die erste Klasse. Tickt eine Familie anders, wenn beide Eltern für die katholische Kirche arbeiten? Die Mutter erklärt:

"Wir gehen mit unseren Kindern auch ins Fußballtraining und auf den Reiterhof." (Daniela Mangold)

Ein digitaler Kalender helfe dabei die vielfältigen beruflichen und privaten Termine zu koordinieren. Aber natürlich spielten die kirchlichen Feste und die Kinderbibel zu Hause schon eine prägende Rolle.

Unterschiede fordern heraus

Das Ehepaar verbindet sowohl ein abgeschlossenes Theologiestudium als auch die aktuellen Arbeitsfelder in Kirchengemeinde und Schule. "Trotzdem sind wir sehr unterschiedlich", betonen beide. Daniela ist mit einer halben Stelle bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und unterrichtet innerhalb dieses Dienstauftrags auch Religion an einer beruflichen Schule in Ravenburg. Dennis steht auf der Gehaltsliste des Landes Baden-Württemberg. Im Gegensatz zum Beruf als Religionslehrer macht er seine seelsorgerliche Tätigkeit ehrenamtlich. Der Beamte ist seit Mai dieses Jahres geweihter Diakon und damit Kleriker - derzeit ein männliches Privileg.

Diese Rollenverteilung habe sie vor der Weihe ihres Mannes schon zum Nachdenken gebracht, verrät Daniela Mangold. Sie ist als 'Laientheologin' vom Bischof beauftragt, kennt aber auch Frauen, die zur Diakonin oder Priesterin berufen sind.

"Bei uns geht es gut, weil ich von ganzem Herzen Pastoralreferentin bin." (Daniela Mangold)

Die 40-Jährige wünscht sich dennoch Frauen in kirchlichen Ämtern. Pastoralreferent wäre für Dennis keine Option gewesen. "Ich habe die Gemeinschaft der Weltkirche auch mit ihren Ämtern schätzen gelernt und bin eher der Idealist", erläutert er. Nachdem er für sich das Verhältnis zur Institution Kirche geklärt habe, sei ihm die Verbindlichkeit eines Weiheamtes wichtig gewesen.

Heiße Eisen und doch zufrieden

Der Unterschied zwischen ihnen zeige sich auch, wie sie anders an Aufgaben herangingen, erklärt Daniela Mangold am Beispiel einer Adventsfeier. Ihr Mann würde zuerst schauen, welches Heiligenfest an diesem Tag dran ist. Wäre die Andacht abends, entschiede er sich für eine Vesper, das offizielle Abendlob der Kirche, das auch in Klöstern gebetet wird. "Ich dagegen frage mich, welches Thema für die Zielgruppe in der Luft liegt, um es aufzugreifen und etwas Eigenes für sie zu gestalten", sagt sie und fügt hinzu, dass "wir uns oft gegenseitig ergänzen und das Korrektiv durch den anderen sehr schätzen."

Wenn die beiden Theologen über Zölibat, Frauenpriestertum, die Haltung der Kirche zur Homosexualität oder andere heiße Eisen der Kirche reden, sind sie sich in der Sache meist einig und diskutieren eher über den Weg dahin. 'Draußen' würden sie darauf kaum angesprochen. Seine Auszubildenden im Gesundheitswesen interessierten sich auch nicht für die innerkirchlichen Streitthemen, weiß der Aulendorfer Religionslehrer. Kritische Gespräche gebe es höchstens vor der Kirchentür oder im Lehrerzimmer, ergänzt seine Frau.

"Die meisten Menschen sind ja mit den pastoralen Mitarbeitern vor Ort größtenteils zufrieden." (Dennis Mangold)

So vermutet Dennis Mangold. Die Kritik richte sich eher an die Bischöfe oder an Rom.

Und die Kinder?

Was die Veränderungsbereitschaft angehe, sehen die Mangolds schon Unterschiede zu ihrem vorherigen Wirkungsort. Backnang liege am Rande des Stuttgarter Ballungsraumes und die Katholiken in der dortigen Diaspora seien häufig aus anderen Gegenden zugereist. Im traditionell katholischen Oberschwaben seien die Leute etwas vorsichtiger Neues auszuprobieren. Aber auch wenn Glaube und Religion selten Thema seien, wüssten selbst Menschen ohne Kirchenbindung, dass sie Theologen seien. Auf seinen Kirchendienst angesprochen wird Dennis Mangold am ehesten in seinem anderen Ehrenamt. Seit 25 Jahren engagiert er sich bei der Feuerwehr. "Das ist cool, dass du dich da um andere kümmerst", bekomme er in Aulendorf öfter zu hören. 

Ob Avital und Niklas es gut finden, dass ihre Eltern bei der Kirche arbeiten, können sie so spontan gar nicht sagen. Ihre aktuellen Berufswünsche liegen jedenfalls mit Reitlehrerin und Polizeireiter weniger im religiösen Bereich. Obwohl sich ihre Eltern am Wochenende und abends oft die Klinke in die Hand geben, hat die Theologen-Lehrer-Familie doch auch für die Kinder einen entscheidenden Vorteil.

"Wir schaffen es unter der Woche öfter als andere zu Hause zu sein." (Daniela Mangold)

Darüber freut sich Daniela Mangold, "und wir genießen unser gemeinsames Mittagessen."

Personen und Berufe

Aufgewachsen in Obermarchtal leistete Daniela Mangold (40) nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Schule für Blinde und Sehbehinderte in Baindt. Danach studierte sie in Weingarten fürs Lehramt an Sonderschulen, bevor sie in Tübingen das Studium der Theologie und der Erziehungswissenschaften aufnahm und abschloss. In Reutlingen ließ sie sich zur Pastoralreferentin ausbilden und wirkte als solche von 2013 bis 2020 in der Seelsorgeeinheit Backnang im Dekanat Rems-Murr, bevor sie ins Dekanat Allgäu-Oberschwaben nach Aulendorf wechselte.

Weitere Informationen zum Beruf Pastoralreferent/in

Dennis Mangold (44) wurde in Tübingen geboren, verbrachte seine Kindheit in der Schweiz und seine Jugend in Reutlingen. Dort machte er Abitur, ehe er Rettungssanitäter wurde und anschließend eine Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger machte. In Tübingen und Irland studierte er Theologie. Nach verschiedenen beruflichen Stationen ist er heute Berufsschullehrer. Als solcher war er bisher in Backnang tätig und zog mit seiner Familie 2020 nach Aulendorf. Seit seiner Weihe im Mai 2021 ist er als Diakon im Zivilberuf in der Seelsorgeeinheit St. Johannes Baptist Bad Saulgau tätig.

Weitere Informationen zum Beruf Ständiger Diakon

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