Tod und Trauer

Trauerkultur in neuen Formen

Friedhof in Langenburg

Ralph Gruber zeigt den entstehenden Trauerweg. Foto: DRS/Guzy

Friedhof in Langenburg

Das Urnengrabfeld „Mein letzter Garten“ Foto: DRS/Guzy

Friedhof in Langenburg

Rasengrabfeld "Lebenskreise" Foto: DRS/Guzy

Die heutigen Friedhöfe werden vielgestaltiger. Sie wollen nicht allein dem Wunsch nach einem Bestattungsplatz nachkommen.

Die Gräser auf den abgerundeten Grünflächen verfärben sich gelb und rot, die Gehölze werden kahler. Stelen ragen in die Höhe oder bemooste Findlinge sind zu entdecken. „Wir wollten von den Reihengräbern wegkommen“, sagt Ralph Gruber. Er führt auf den geschlungenen Wegen des Urnengrabfelds „Mein letzter Garten“. Nicht nur wegen dieser Anlage gilt der Friedhof in Langenburg (Landkreis Schwäbisch Hall) als ein Vorzeigebeispiel für den Wandel der Bestattungs- und Trauerkultur.

Gruber, gelernter Schreinermeister, ist seit fast 30 Jahren Bauhofleiter und für den kommunalen Friedhof zuständig. Arbeiten an den Gräbern habe er immer gemacht. „Ich bin der Mann, der auf dem Bagger sitzt“, sagt er. Vor einigen Jahren begann er damit, sich auch konzeptionell mit dem Friedhof zu beschäftigen.

Zwei Trends beeinflussen die Entwicklung

Auslöser war ein Ausflug der Langenburger Stadtverwaltung zum Karlsruher Zentralfriedhof, wie Gruber erklärt. Mit den Anregungen von dort setzte er sich für die Neugestaltung des Langenburger Friedhofs ein, die zusammen mit Planerin Gabriele Aigner-Hornung umgesetzt wurde.

Es gebe zwei Trends bei Friedhöfen, erläutert Gruber: Der eine gehe Richtung einer parkähnlichen Gestaltung, der andere möchte dem Gefühl der Trauer in eigener Form Ausdruck verleihen. Die älteren Menschen, die zu Gruber kommen, um sich beraten zu lassen oder einen Grabplatz zu reservieren, wollen außerdem ihren Angehörigen nach dem Tod „nicht zur Last fallen“.

Erdbestattungen sind weiter möglich

Das Urnengrabfeld „Mein letzter Garten“ umfasst daher gärtnerisch ausgearbeitete Inseln mit jeweils mehreren, ein Quadratmeter großen Flächen für Urnenbeisetzungen. Die Gräber können teilweise selbst individuell gestaltet und gepflegt werden oder sind fertig angelegt und der Bauhof kümmert sich um die Grüninseln. An der Eibenhecke, die den ganzen Bereich umgibt, stehen zudem Urnengräber für die individuelle Gestaltung und Pflege komplett durch Angehörige zur Verfügung.

Die Erdbestattung ist durch die Urnengräber nicht verschwunden. Statt der klassischen Reihengräber mit Gehwegplatten dazwischen bietet der Friedhof in Langenburg aber eine eigene aufgelockerte und zugleich pflegeärmere Variante: das Rasengrabfeld „Lebenskreise“. Es besteht aus fünf Kreisflächen, die durch Heckenabschnitte abgetrennt sind. Die Heckenabschnitte sind in etwa sieben bis neun Rasengräber unterteilt, mit einem schmalen Streifen für Grabsteine und Grabschmuck.

Die Nachfrage nach den Urnen- und den Rasengräbern sei 50:50, sagt Gruber. Er kennt viele der Familienschicksale hinter den Namen und Daten, die die Grabsteine, Stelen oder Findlinge tragen. Das persönliche Gespräch mit den Menschen sei ihm wichtig. Auf dem Friedhof dürfen Hunde an der Leine mitgeführt werden. Denn Gruber weiß aus einem konkreten Fall, dass Hunde für ältere Frauen nach dem Tod des Partners eine wichtige Begleitung sein können.

Weg führt symbolisch durch die Trauer

Der 62-jährige Bauhofleiter hat sich zum Trauerbegleiter ausbilden lassen. Er möchte den Angehörigen auf dem Friedhof einen Ort bieten, „wo sie mit ihrer Trauer hinkönnen“. Der Trauerweg „vom Dunkel ins Licht“ als neuestes Gestaltungselement verwirklicht diesen Gedanken.

Der Weg entsteht gerade. Das Gelände ist bereits geformt und der Verlauf zu erkennen. Die Bepflanzung und die Ausstattung fehlen aber noch. Ein geschwungener Pfad repräsentiert den Lebensweg, denn „Lebenswege ändern sich“, beschreibt Gruber die Idee. Entlang des Wegs werden Elemente und Texte verschiedene Phasen der Trauerverarbeitung repräsentieren. Ein liegender Baum wird zum Beispiel die Entwurzelung symbolisieren. Eine in eine Platte geschnittene Silhouette wird dafür stehen, dass ein Mensch weg ist, aber der Rahmen aus früheren Gewohnheiten und Gepflogenheiten bei den Angehörigen überdauert. Am Ende des Wegs führt ein kurzer Steg die Trauernden zumindest sinnbildlich „zurück ins Leben“.

Kulturbeirat begleitet die Arbeiten

Bei der Gestaltung des Trauerwegs und der Ausarbeitung der Texte ist ein Kulturbeirat eingebunden. Laut Gruber gehören dem von ihm gegründeten Beirat elf Leute an – unter anderem aus dem Hospiz-Verein Gerabronn, dem Gruber als Trauerbegleiter angehört, und aus der evangelischen und katholischen Kirche. Mit dem Kulturbeirat will Gruber den Friedhof im Bewusstsein im Ort verankern und eine Vernetzung schaffen.

Der Bauhofleiter hofft, dass der Trauerweg im kommenden Jahr fertig wird. Dann wird dieser sicher zusätzliche Aufmerksamkeit auf den Langenburger Friedhof lenken, der jetzt schon anderen Kommunen als Anschauungsbeispiel dient. Gruber, der im Landkreis Heilbronn in der Nähe eines Friedhofs aufgewachsen ist, bietet daher mittlerweile Beratungen an.

Auf einen Aspekt legt er besonders Wert, den die Verwaltungen beim Thema Friedhof und der behördlichen Arbeit immer beachten sollten: „Sie haben mit trauernden Menschen zu tun.“

Friedhofsführung

Bei einer Führung am Freitag, 15. November, erklärt Ralph Gruber Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gestaltung des Friedhofs in Langenburg. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr am Eingang (Michelbacher Straße 55). Die Führung findet im Rahmen des Veranstaltungsprogramms der Katholischen Erwachsenenbildung Kreis Schwäbisch Hall statt. Diese nimmt bis 12. November Anmeldungen für die Friedhofsbesichtigung an.

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