Kultur

Unterbrechung mit Tiefgang

Der Betriebsseelsorger des Dekanats Ostalb, Dr. Rolf Siedler, hat im Kulturbahnhof Aalen (KuBAA) mit seiner Band und der Schauspielerin Anne Klöcker zwei großartige Konzerte gegeben. Foto: Schwenk

„Good Vibes Only“ ist die jüngste Ausgabe einer Kulturreihe, in der Betriebsseelsorger Rolf Siedler in Wort und Musik das Zeitgeschehen kommentiert.

Auszeit. Time out. Pause. Unterbrechung. Stopp! Bevor man nicht mehr aufstehen kann, bevor die Welt im Plastikmeer versinkt, bevor das Klima sich rächen und das Virus mutieren wird. Cut. Unterbrechung. Die Dinge anschauen, sich vergegenwärtigen, überlegen, was zu tun ist. Hier und jetzt. Rolf Siedler und sein „Unterbrechersyndikat“ haben es auf den Punkt und in einem neuen Projekt mit jungen Tänzerinnen in die künstlerische Umsetzung gebracht: „Wir müssen die Probleme unserer Zeit und unserer Gesellschaft gemeinsam lösen. An einem Tisch – für heute, morgen und übermorgen.“

Ironie schwingt mit, liest man den Titel der 22. „Unterbrechung“, denn sie trägt den Titel: „Good Vibes Only – Lächeln bis die Flut kommt“. Denn wer ein gemütliches Sich-Beträufeln-Lassen von plätschernder Musik oder fein gewählten Worten erwartet, liegt komplett falsch. Die Texte von Schauspielerin Anne Klöcker und Theologe Rolf Siedler kratzen so tief, bis es weh tut.

Worte - kraftvoll bis süffisant

Das macht schon der Auftakt deutlich. Klöcker rezitiert die Worte kraftvoll bis süffisant, es gibt einen politischen Unterbrecher-Rückblick mit Gedanken an die Opfer von Flut und Pandemie – und an das „Trumpelstilzchen“. Die Olympischen Spiele finden in „virensauberen“ Straßen statt, die nächsten Stadien in Katar werden von ausgemergelten Arbeitern und menschenunwürdigen Bedingungen gebaut. Es geht Schlag auf Schlag. In jedem Satz stecken tausend Gedanken. Klöcker und Siedler greifen schonungslos alles auf, wo man zwar sieht, dann aber wegschaut, wo man wahrnimmt, aber dann nichts unter-nimmt. Bei Themen wie Plastik, Einweg, Raubbau mit der Natur oder Atomkraft, nehmen die Unterbrecher kein Blatt vor den Mund, um nach dem Rundumschlag fast ratlos zu fragen: „Wann kommt endlich der Gemeinsinn vor dem Eigensinn?“.

Und wann hat eigentlich das Hamsterrad „Arbeit“ so schnell zu drehen begonnen, dass man nicht mehr herauskommt? Diese Botschaft vermitteln fünf junge Tänzerinnen der Musikschule Aalen unter der Leitung von Nina Ammon in dem Projekt „Good Vibes Only“. Trefflich tänzerisch und schauspielerisch in Szene gesetzt und von der Musik des Syndikats unterstrichen, liegt hier der Fokus auf den Zeichen der Zeit: Immer höher, immer besser, immer schneller. Immer das Gleiche tun bei der Arbeit. Immer freundlich sein und vor allem schnell. Warten kann niemand mehr. Verlorene Zeit. Es kommt wie es kommen muss. Burnout. Time out. Stopp!

Fantasievoll und versöhnlich

Zum Glück gibt es die Kunst, die sagen darf, was Sache ist. Und in der Musik Brücken baut. Da ist die soulige Stimme von Norbert Botschek in Yellow Moon, die Gitarre von Rolf Siedler in klangvollen, gebrochenen Akkorden und feinem Vibrato, der haltende Bass, das Fundament und die Stimmungsrichtung von Markus Braun sowie der präzis-kreative Rhythmus des Schlagwerks von Matthias Kehrle. Die Vier machen Musik als Unterbrechung zum Wegdriften, zum Mitdenken oder zum Mitschnipsen. Unterhaltung in der Unterbrechung. Hier schon.

„La Vie en Rose“ kommt in einer Version von ZAZ daher, und der Hit von Alice Merton „No Roots“ bekommt in Norbert Botscheks Version eine ganz andere Farbe. Versöhnlich wirken die Klänge Rolf Siedlers in „El Choclo“ – der „Maiskolben“. Und in der „Zeit für Lyriker“ wird in fantasievollen Wortkombinationen erklärt, wie die Welt zusammenhängt. „Bäume sind Sträucher auf Beinen, Igel Kakteen, die gehen. Berge sind Wellen die dauern, Weinen ist trauriges Lachen.“ Sprache kann so schön sein.

Es gibt viel Applaus für das Unterbrecher-Syndikat und die Tänzerinnen, dann Zugaben fürs Publikum. Einmal mehr. Danke.

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