Vom 8. bis 10. November findet im Rottenburger Martinshof die Jahrestagung der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive statt. Gastgeberin ist die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Im Interview spricht Angela Erbacher, Leiterin des Diözesanarchivs in Rottenburg, über aktuelle Themen und über das anstehende Tagungsprogramm.
Frau Erbacher, könnten Sie uns etwas über die Besonderheiten des anstehenden Treffens berichten und ob es inhaltliche Schwerpunkte gibt?
Ein wesentlicher Bestandteil der Jahresversammlungen der Bundeskonferenz ist der Informationsaustausch im katholischen Archivwesen. Daher nehmen Berichte über die in den Gremien und Arbeitskreisen der Bundeskonferenz erfolgte Arbeit einen breiten Raum ein. Inhaltliche Schwerpunkte sind in diesem Jahr die Novellierung der Kirchlichen Archivordnung, Archivierungspflichten im Geltungsbereich der Archivordnung und die Erarbeitung eines Dokumentationsprofils für Pfarrarchive.
Wie haben Sie sich auf die Tagung vorbereitet?
Auf ganz unterschiedliche Art und Weise: zum einen über das Lesen der Tischvorlagen zu einzelnen Tagesordnungspunkten und indem ich zu einzelnen Tagesordnungspunkten den Sachstand in Bezug auf die Diözese Rottenburg-Stuttgart beziehungsweise das Diözesanarchiv Rottenburg vorbereitet habe. Außerdem war ich als Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Bundeskonferenz an der inhaltlichen Vorbereitung beteiligt. Und in diesem Jahr kommt mir als Mitarbeiterin der gastgebenden Diözese natürlich eine zusätzliche Aufgabe bei der Organisation der Veranstaltung zu.
Welche wichtigen Entwicklungen erwarten Sie aufgrund der Themen, die auf der Tagesordnung stehen?
Einige Tagesordnungspunkte beschäftigen die Bundeskonferenz schon seit mehreren Jahren, und bei einigen zeichnen nun sich konkrete Ergebnisse ab: das betrifft zum Beispiel die Novellierung der Kirchlichen Archivordnung, die hoffentlich im nächsten Jahr abgeschlossen werden kann. Das gilt aber auch für das neue Aus- und Weiterbildungsangebot der Bundeskonferenz, das im nächsten Jahr starten soll. Und es betrifft die Präsentation der Arbeitsergebnisse des überdiözesanen Arbeitskreises zur archivfachlichen Bewertung von Schriftgut in den Pfarreien, der einen in unserer täglichen Arbeit umsetzbaren Kriterienkatalog erstellt hat.
Inwieweit sind Themen der Tagesordnung mit laufenden Projekten und Aktivitäten des Diözesanarchivs verbunden?
Mehrere Mitarbeiter:innen des Diözesanarchivs arbeiten in Arbeitskreisen der Bundeskonferenz mit. Sie bringen dabei die fachlichen Kompetenzen aus ihren jeweiligen Zuständigkeiten im Diözesanarchiv ein und profitieren ihrerseits von den Kompetenzen und Erfahrungen der Kolleg:innen aus anderen Diözesen. So hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Thomas Oschmann ein Dokumentationsprofil für Pfarrarchive entwickelt, das auf der Tagung vorgestellt und diskutiert wird. Kristin Röhrle leitet zusammen mit einem Kollegen aus dem Bistumsarchiv Passau den Arbeitskreis ‚Digitale Langzeitarchivierung‘, der ebenfalls aus seiner Arbeit berichten wird.
Gibt es hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anderen kirchlichen Archiven langfristige Ziele gibt, die Sie verfolgen?
Jedes Archiv arbeitet für sich, aber alle Archive stehen vor den gleichen Herausforderungen: Erarbeiten von Kriterien zur Bewertung archivwürdiger Unterlagen, Digitalisierung und Online-Stellung von Archivgut, Langzeitarchivierung digitaler Daten und nicht zuletzt: die Bewältigung einer Fülle von Aufgaben und Erwartungen bei knapper werdenden Ressourcen. Das macht den fachlichen Austausch und die Zusammenarbeit umso wichtiger. Daher ist mein Ziel, dass sich Mitarbeiter:innen des Diözesanarchivs mit Kolleg:innen aus kirchlichen, staatlichen und kommunalen Archiven vernetzen und in Arbeitsgruppen mitwirken, von deren Ergebnissen wir dann auch bei unserer eigenen Arbeit profitieren.
Es werden auch externe Referenten zur Jahrestagung erwartet. Können Sie hierzu etwas mehr berichten?
In diesem Jahr haben wir Dr. Martin Faßnacht, den Leiter des Fachinformationsdiensts Theologie der Universitätsbibliothek Tübingen, als externen Referenten eingeladen. Archive und Bibliotheken sind Einrichtungen der Informationsverarbeitung und -vermittlung und haben daher viele Berührungspunkte. Digitalisierung, Vernetzung, Plattformen und Datenbanken sind Themen, die sowohl die Archive als auch die Bibliotheken beschäftigen. Besonders interessiert uns, näheres über den Index Theologicus und das DFG-Projekt DigiTheo_5 zu erfahren, das 71 theologisch-wissenschaftliche Zeitschriften digitalisiert, auswertet und im Open Access zur Verfügung stellt – darunter auch das Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte, die Zeitschrift des Geschichtsvereins unserer Diözese. Es wird sicher ein interessanter Tagesordnungspunkt und ein fruchtbarer Austausch.
Wie sehen Sie die künftige Rolle der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive angesichts der Entwicklungen im Bereich Digitalisierung?
Die Bundeskonferenz bietet auf diesem Gebiet Hilfe zur Selbsthilfe. Sie hat hierzu den Arbeitskreis ‚Digitale Langzeitarchivierung‘ eingerichtet, der sich als Austauschplattform und Forum zum Informationsaustausch versteht. Er bietet vor allem kleineren kirchlichen Archiven praktische Hilfe in Form von Workshops, Informationsveranstaltungen und Handreichungen bei Fragen zu archivfähigen Speicherformaten und Systemen zur Langzeitarchivierung.
Bestehen Pläne des Diözesanarchivs in Bezug auf die digitale Langzeitarchivierung und die Aktualisierung der Kirchlichen Archivordnung, die mit auf der Tagesordnung stehen?
Das Thema ‚Digitale Langzeitarchivierung‘ ist im Diözesanarchiv Rottenburg insofern abgeschlossen, als wir bereits seit Juni 2016 über ein digitales Langzeitarchiv verfügen. Seither übernehmen wir digitale Daten, derzeit vor allem aus Fachanwendungen des Bischöflichen Ordinariats, in das digitale Archiv und erhalten sie in archivfähigen Langzeitformaten. Auch die Homepage der Diözese wurde schon digital archiviert. Das Diözesanarchiv Rottenburg nimmt auf diesem Gebiet eine gewisse Vorreiterrolle ein. Während die Bundeskonferenz bei der Digitalen Langzeitarchivierung Hilfe zur Selbsthilfe bietet, leistet sie mit der Novellierung der Kirchlichen Archivordnung eine wichtige Grundlagenarbeit für alle Diözesanarchive. Die Archivordnung gilt gleichlautend in allen Diözesen. Sie wurde in ihrer derzeit geltenden Fassung am 18. November 2013 – also vor fast genau 10 Jahren – von der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands als Rahmenordnung verabschiedet und anschließend in allen Diözesen in Kraft gesetzt. Erarbeitet wurde sie seinerzeit von einer überdiözesanen Arbeitsgruppe aus Bistumsarchivaren, und auch die derzeitige Überarbeitung erfolgt durch eine solche Arbeitsgruppe. So muss nicht jede Diözese ihr eigenes Archivgesetz erarbeiten und die Benutzer:innen arbeiten in allen Archiven der katholischen Kirche auf der gleichen rechtlichen Grundlage.
Das Thema „Aufarbeitungs- und Forschungsprojekte zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ steht ebenfalls mit im Programm. Worum wird es hierbei gehen?
Dieses Thema ist seit Jahren ein Dauerbrenner auf der Jahrestagung der Bundeskonferenz. Während anfangs Fragen im Vordergrund standen, wie die Diözesanarchive und Schriftgutverwaltungen die diözesanen Aufarbeitungsprojekte unterstützen und Zugang zu relevanten Aktenbeständen ermöglichen können, geht es nun um Sachstandsberichte und Erfahrungsaustausch.
Kommt dem Diözesanarchiv in dem Zusammenhang eine Aufgabe zu?
Wie allen Archiven und Schriftgutverwaltungen kommt auch dem Diözesanarchiv Rottenburg im Zusammenhang mit den Aufarbeitungsprojekten eine zentrale Aufgabe zu: wir verwahren für die Aufarbeitung erforderliche Unterlagen. Insofern ist Aufarbeitung ohne Archive und laufende Registraturen kaum leistbar.