Bauprojekt

Viele Vorteile vereint

v.l.: Manfred Michel (Architekt), Generalvikar Dr. Clemens Stroppel, Reinhard Hergeth (Grund- und Bauverwaltung), Gerald Jantschick (Leiter Zentrale Verwaltung Stuttgart). Foto: Constanze Stark

v.l.: Generalvikar Dr. Clemens Stroppel, Gerald Jantschick (Leiter Zentrale Verwaltung Stuttgart), Reinhard Hergeth (Grund- und Bauverwaltung), Manfred Michel (Architekt). Foto: Constanze Stark

Das neue Bischof-Leiprecht-Zentrum fördert Kommunikation und Umweltschutz. Der Künstler Alf Setzer hat eine besondere Kapelle kreiert.

Nach einer Bauzeit von etwas mehr als zwei Jahren feierte das Bischof-Leiprecht-Zentrum zu Beginn des Monats seine Einweihung. Dr. Clemens Stroppel, Generalvikar der Diözese Rottenburg-Stuttgart, erläutert den Anlass der Maßnahme wie folgt: „Das Gebäude Jahnstraße 30 zeigte besonders im älteren Ostflügel immer deutlichere Mängel hinsichtlich der Sanitär-, Elektro- und IT-Installationen sowie der Infrastruktur und der Energieeffizienz. Aber auch die Verhältnisse im jüngeren Westflügel zwangen zum Handeln.“

Kleinere Nutzfläche, mehr Arbeitsplätze in höherer Qualität

Im Zuge der Planung habe sich herausgestellt, dass die Anforderungen, die sich aus der angestrebten Barrierefreiheit, einem effizienten Raumkonzept und den Vorgaben des Brandschutzes ergaben, nur mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen hätten realisiert werden können. „Vor diesem Hintergrund entschieden wir uns seitens der Diözesanleitung in enger Abstimmung und mit Zustimmung des Diözesanrats und seines Bauausschusses, dass nur der Westflügel generalsaniert und der ältere Gebäudeteil, der Ostflügel, abgetragen und durch einen Neubau ersetzt werden sollte.“ Und das mit Erfolg: Auf einer kleineren Nutzfläche entstanden so mehr Arbeitsplätze in höherer Qualität. Zudem sei in der Jahnstraße 30 die Zusammenführung von Einrichtungen aus dem Dienstgebäude Stafflenbergstraße realisiert worden. So wurden das Religionspädagogische Institut Stuttgart mit Bibliothek im Erdgeschoss untergebracht sowie die Schuldekane und es wurde Platz für die „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen“ geschaffen.

Dr. Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, verweist in dem Zusammenhang ebenfalls darauf, dass das, was früher in der Stadt verteilt war, nun in Degerloch zusammengeführt wurde. Der Bischof fährt fort: „Und bereits bei der eigentlichen Inbetriebnahme des Zentrums im Mai 1982 stand der Gedanke Pate, im Bischof- Leiprecht-Zentrum verschiedene Einrichtungen, die an unterschiedlichen Orten in Stuttgart ansässig waren, unter einem Dach zu vereinen. Man wollte also ‚verdichten‘ damit man einerseits weniger Häuser unterhalten musste und um andererseits für die Menschen gewinnbringende Kooperationen zwischen den unterschiedlichen hier zusammengefassten Stellen zu befördern. Der gleiche Gedanke, der damals galt, gilt noch heute.“ Laut Generalvikar Dr. Stroppel belaufen sich die Baukosten, einschließlich der Nebenkosten, auf rund 10,3 Millionen Euro. Bei der Relation zu einer Bruttogrundfläche von 4875 Quadratmetern entspreche dies nach dem Baukostenplaner des „Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern“ einem guten Standard.

Architektur legt Wert auf Transparenz und Kommunikation

Architekt Manfred Michel vom beauftragten Architekturbüro „Michel + Wolf Architekten“ aus Stuttgart erläutert das Projekt wie folgt: „Das Ensemble des Bischof-Leiprecht-Zentrums besteht aus dem bereits vor Jahren renovierten Haus Jahnstraße 32 und den beiden Flügeln des Hauses Jahnstraße 30. Der neu errichtete Ostflügel ersetzt ein Gebäude aus den 1930er Jahren, das für die Nutzung ungeeignet und wirtschaftlich nicht zu sanieren war. Der Neubau hat eine um 125 Quadratmeter kleinere Grundfläche als der Altbau und ist dafür ein Geschoss höher, was die Entsiegelung eines Grundstücksteils ermöglichte. Auf einer insgesamt 325 Quadratmeter kleineren Bruttogrundfläche entstanden acht zusätzliche Büroräume, so dass nun insgesamt 87 Büros für rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

Beim Betreten des Gebäudes empfängt den Besucher ein über drei Geschosse offenes Foyer, dessen warmer Natursteinboden aus bruchrauhen Solnhofener Platten den ansonsten nüchtern weißen Raum freundlich färbt. Die Struktur des Gebäudes erschließt sich von hier aus übersichtlich und klar, die Orientierung im Haus ist einfach. Dass das Thema Transparenz nicht nur in der Außenwirkung, sondern auch in der Innenwirkung Bedeutung hat, zeigen die verglasten Flurtrennwände im Bürobereich. Kommunikation wird in diesem Haus großgeschrieben. Sitzgruppe, Stehtische mit Barhockern und hochlehnige Sofagruppen bieten Möglichkeiten für verschieden Formen von Meetings. Für formelle Besprechungen können Besprechungsräume für bis zu 80 Teilnehmer gebucht werden.“

30 Energiepfähle liefern Wärme und Kälte

Bei der Baumaßnahme wurde auch Wert auf eine möglichst CO2-neutrale nergieerzeugung gelegt. Laut Generalvikar Dr. Stroppel, erfolgt diese so weitestgehend CO2-neutral über die Gründungspfähle, auf denen der Neubau steht. Aus der Not einer gegenüber den ursprünglichen Planungen aufwändigeren Gründung sei so eine Tugend gemacht worden: „Die Gründungspfähle wurden als 30 Energiepfähle ausgebildet, die fast zehn Meter in die Tiefe reichen. Darin einbetoniert sind über 1000 Meter Leitungen und eine Sole-Wasser-Wärmepumpe. Sie liefern im Winter Wärme und im Sommer Kälte.“ Durch das dicht unter der Kellersohle vorhandene Grundwasser, Ursache für die aufwändigere Gründung, werde der geothermische Effekt gesteigert.

Ein Gasbrennwertkessel decke lediglich die Spitzenlasten ab. Auf dem Dach des Neubaus sei eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 44 Kilowatt peak installiert. Der so gewonnene Strom werde in einer Batterieanlage gespeichert, die den Photovoltaikstrom für den Eigenverbrauch puffert. Auf diese Weise sei die Versorgung mit ökologischem Strom sicherstellt, der auch die Wärme- und Umwälzpumpen der Geothermie betreibt. Darüber hinaus sei eine Schnellladesäule mit zwei Anschlussmöglichkeiten für Autos vorgesehen, die Ende des Jahres in Betrieb genommen werden soll. „Ein weiterer Beitrag in Sachen Klimaschutz und Luftqualitätsverbesserung“, sagt der Generalvikar. Erwähnenswert sei auch, dass durch den Wechsel von den alten Beleuchtungskörpern hin zu LED-Lampen im Westflügel 894 Tonnen CO2 eingespart werden können und damit ein weiterer Beitrag für den Klimaschutz geleistet worden ist. Das Bundesumweltministerium verlieh der Diözese Rottenburg-Stuttgart dafür ein Zertifikat der Nationalen Klimainitiative.

Kapelle rückt an zentralen Ort Gebäude

Ein Blickfang im neuen Gebäude bildet die früher unvorteilhaft im Untergeschoss untergebrachte Kapelle, die nun an einen zentralen Ort gerückt ist. Die besondere Gestaltung erfolgte durch den Stuttgarter Künstler Alf Setzer und die Besonderheit liegt darin, dass der Besucher, der im Stockwerk unter dem Kapellenraum die dortige Bibliothek betritt, die Kapelle schon erahnen kann. Denn dort sieht er einen grünen Glaspfeiler, aus demselben geschichteten Glas bestehend wie oben in der Kapelle. Der Glaspfeiler durchbricht die Decke der Bibliothek, ragt in die Kapelle hinein und gibt das Fundament für den Altar.

Insgesamt ist der Pfeiler rund viereinhalb Meter hoch und er besteht aus vielen vier Millimeter starken Glasscheiben. Unten im Pfeiler sind die Heilige Schrift und Bücher zur Bibelauslegung aufbewahrt. Bischof Dr. Fürst stellt fest: „In einem Haus der Geschäftigkeit gibt es so jetzt einen Raum, der zur Kontemplation, zum Durchatmen einlädt.“ Der Künstler habe bei der Gestaltung besonders mit dem Licht gespielt. Normalerweise blicke man so durch eine Glasscheibe hindurch. Setzer aber habe vor allem auf die Kanten der Glasscheiben geachtet und darauf, wie sich diese im Licht grün verfärben. Setzer selbst beschreibt die Gestaltung des Altars, der ganz einfach und schlicht aus vielen Scheiben Fensterglas besteht, als etwas Besonderes, das er aus banalem Fensterglas kreiert hat.

Bischof verweist auf scheinbaren Hohlraum im Altar

Bischof Dr. Gebhard Fürst verweist darauf, dass der Künstler unterschiedlich große Kreise in die Fensterglasscheiben geschnitten hat, so dass ein scheinbarer Hohlraum im Altar entstand. Setzer selbst sagt dazu: „Diese Kugel kann man nur sehen, nicht begreifen. Noch dazu wird die Illusion erweckt, dass diese Kugel einen leeren Raum umschreibt, der aber gar nicht existiert. Wir sehen, was es nicht gibt und wir glauben, was wir nicht sehen können. Der Altar zeigt uns, dass wir Gott nicht begreifen können, eben, wie wir diese Kugel nicht anfassen können. Weiter greift der Altar die beiden symbolischen Grundformen auf: den Kreis, der für die himmlische Vollkommenheit und das Quadrat, das für die irdische Wirklichkeit steht. Beides trifft sich im Altar.“  

Bischof Dr. Fürst stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage: „Zeigt uns nicht eben dieser Altar mit seinem Lichtspiel sinnbildlich die Mimik Gottes?“ Denn unser ganzes Erkennen und unser Glauben hängen doch daran, unserer Wahrnehmung zu vertrauen. Der von Alf Setzer so wunderbar in Szene gesetzte Altar verdeutlicht uns, dass allein durch das Vertrauen auf eine unsichtbare Macht aus den scheinbar unscheinbaren Einzelteilen unserer Leben ein wunderbares Ganzes entsteht. Diese Grundfähigkeit eines gläubigen Menschen wird uns durch diesen Altar exemplarisch und in ästhetisch wundervoller Art und Weise vor Augen geführt. Dafür danke ich dem Künstler sehr."

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